"Wir sind die Schweiz der Softwarebranche"

28.02.2002
Zum ersten Mal veranstaltete Borland die "Enterprise Essentials Conference": Etwa 100 Partner und Kunden trafen Ende vergangener Woche in Mannheim zusammen, um Erfahrungen auszutauschen und Neuigkeiten noch vor der Cebit zu erfahren.

Was den Verkauf von Java-Entwicklungswerkzeugen betrifft, sieht sich Borland selbst als die unangefochtene Nummer eins. In der Tat macht das Geschäft mit Produkten für die Java-Welt etwa 41 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Und Borland wurde als einzige Company von Sun zum Platinum-Sponsor der Java-One-Entwickler-Konferenz bestimmt.

Dennoch hat sich der Anbieter von Entwicklungswerkzeugen keineswegs komplett der Java-Philosophie verschrieben. Man biete selbstredend die passende Software auch für Windows und die Dotnet-Welt. Hier ist Borland nach Microsoft der zweitwichtigste Marktteilnehmer.

In seiner Eröffnungsrede betonte denn auch Borlands Europachef Nigel Braun immer wieder, wie neutral man sich im "Kampf der Systeme" sieht: "Wir sind die Schweiz der Softwarebranche." Zwar fällt durch Microsofts Vormachtstellung Borlands Engagement in Sachen Java naturgemäß stärker aus, trotzdem gibt Brown beiden Systemen gleich gute Chancen für die Zukunft. "Es gibt nun mal Kunden, die gänzlich auf die Microsoft-Plattform Windows und Dotnet setzen, andere Unternehmen wiederum bevorzugen die Corba-Architektur und Java als Entwicklungsumgebung." Borland versucht jedenfalls auf beiden Hochzeiten zu tanzen und hält sich damit alle Optionen offen, um sich möglichst keine Geschäftschancen zu verbauen.

Ebenso wenig lässt der Softwarehersteller die Open-Source-Bewegung aus den Augen. Mit der Kylix genannten Produktpalette bieten die Kalifornier die bedeutendste Entwicklungsplattform für Linux. Dies wurde auf der Linux-World Mitte Februar eindrucksvoll bestätigt: Dort erhielt die Software den ersten Preis in der Kategorie "Beste Werkzeuge für Entwickler" und wiederholte damit auch den Erfolg vom Vorjahr.

Billiger als Websphere, performanter als Weblogic

Eine immer wichtige Rolle in Borlands Produktstrategie spielt der Bereich "Deployment". Darunter verstehen die Kalifornier vornehmlich den eigenen Applikationsserver. Zwar ist der Marktanteil des "Enterprise Servers" verschwindend gering im Vergleich zu IBMs "Websphere" oder Beas "Weblogic", doch die Implementierungspartner, die auf Borlands Applikationsserver setzen, können gute Gründe für diese Entscheidung benennen.

"Als wir das erste Mal bei Bea anfragten, verstanden die gar nicht, dass wir Webogic als Embedded-Version in unserem Produkt verwenden wollten", äußert sich Udo Oelmann, CEO der Osi Informationssysteme AG, die mit Hilfe des Borland-Applikationsservers eine Störfall-Managementlösung für Kraftwerksbetreiber und andere Unternehmen mit zeitkritischen Diensten entwickelt hat. Nun erhalten die Kalifornier für jeden neuen Kunden zusätzliche Lizenzerlöse.

Auch die zurzeit unter großem Druck stehende Bundesanstalt für Arbeit (BfA) setzt auf Borland. Bereits vor drei Jahren entschied man sich dort für Corba (Common Object Request Broker Architecture) und damit gegen Microsofts COM-Standard. Da zu diesem Zeitpunkt Borland federführend in diesem Umfeld war, fiel die Entscheidung dementsprechend. Mittlerweile würde der von der BfA beauftragte Dienstleister Mathema AG eher zu J2EE-basierenden Applikationsservern tendieren. "Aber 1999 konnte man noch nicht absehen, dass sich letztendlich Produkte wie Websphere oder Weblogic durchsetzen konnten", begründet Christian Witt, Projektleiter von Mathema, seine damalige Entscheidung.

Würde man den Ausführungen von Ralf Dossmann folgen, Borlands Produktverantwortlichem für Applikationsserver, könnte aber auch in diesem Fall die Entscheidung zugunsten der Kalifornier fallen: "App-Server von IBM und Bea sind einfach zu teuer. Außerdem haben die letzten ECPerf-Tests ergeben, dass unsere Software leistungsfähiger ist als Weblogic oder Websphere."

www.borland.de

ComputerPartner-Meinung:

Borland gehört zu den wenigen erfolgreichen Playern in der IT-Branche. Vor fast 19 Jahren gegründet, zählt die Company bereits zu den etablierten unabhängigen Softwerkern. Bis auf die völlig missglückte Umbenennung in Inprise, die nach einem Jahr wieder zurückgenommen wurde, stehen Affären und Missgeschicke nicht auf dem Programm. Außerdem verfügt das Unternehmen über eine sehr treue Gemeinde. Die "Community" trifft sich alljährlich auf der Entwicklerkonferenz "Borcon" und tauscht sich auch dazwischen ständig untereinander aus. Mit ihrer Offenheit gegenüber Java, Dotnet und Linux bleibt die Company weiterhin auf einem guten Weg. (rw)

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