Manuel Ohnacker, Chief Sales Officer bei Plusserver

„Wir sind nun eine Channel-Company“

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.
Ende 2022 gab Plusserver bekannt, enger mit dem Channel zusammenzuarbeiten zu wollen. Wir sprachen mit Manuel Ohnacker, dem Chief Sales Officer bei Plusserver, über die Gründe dafür.
Manuel Ohnacker, Chief Sales Officer bei Plusserver: "Kunden bevorzugen einen lokalen und räumlich benachbarten Cloud Provider."
Manuel Ohnacker, Chief Sales Officer bei Plusserver: "Kunden bevorzugen einen lokalen und räumlich benachbarten Cloud Provider."
Foto: plusserver

2022 hat der deutschen Cloud-Provider seine Vertriebsstrategie geändert: Mit der Einstellung von Manuel Ohnacker als neuen Partner-Betreuer zum 1. April 2022 wurden die Weichen in Richtung indirekter Vertrieb gestellt. Die Überlegungen dazu waren nicht neu und mit Bechtle als erstem Pilotpartner hat der Provider bereits Ende 2021 erste Tatsachen geschaffen. Das war vor allem dem Engagement des neuen CEOs bei Plusserver, Alexander Wallner, zu verdanken, der seinen Job Mitte 2021 antrat. Kurz darauf hat der COO Holger R. Müller das Unternehmen verlassen.

Das Partnerprogramm

Manuel Ohnacker, dem neuen "Director Solutioning & Strategic Partners", oblag nun die Aufgabe, ein Channel-Ökosystem für den Cloud Provider aufzubauen. Der mittlerweile zum Chief Sales Officer (CSO) aufgestiegene Manager war für diese Aufgabe bestens geeignet, hat er doch insgesamt zwölf Jahre bei Cancom verschiedene Leitungspositionen inne und dort zum Schluss das Cloud-Geschäft verantwortet. Darüber hinaus verfügt Ohnacker über Berufserfahrung aus Tätigkeiten bei Software-Anbietern und Beratungsunternehmen.

Im Gespräch mit ChannelPartner betonte er, dass Systemhäuser zwar einen sehr guten Job machen, was das Erbringen von IT-Dienstleistungen betrifft, aber ihnen fehle nach wie vor das Know-how, eigenständig den Betrieb von IT-Infrastrukturen zu übernehmen. In der ersten Analyse der Situation bei Plusserver stellte Ohnacker aber auch fest, dass der Provider aus eigener Kraft nie so stark wachsen könnte, um am Markt für Cloud-Providing die nötige Relevanz zu erreichen

So war es schon bald sein - und seines Chefs Alexander Wallners - Wunsch, auf diesem Feld in geordneter Form mit Vertriebspartnern zusammenzuarbeiten. Das Channel-Programm war rasch zusammengezimmert und die vier möglichen Partnertypen ausgemacht. So unterscheidet Plusserver heute zwischen Resellern, Solution Providern und MSPs (Managed Service Providern), ISVs und Beratungshäusern.

"Reseller verkaufen unsere Leistungen an Kunden, die mit einem US-basierten Hyperscaler nicht zusammenarbeiten wollen - aus rechtlichen Gründen, oder weil sie einen lokalen, räumlich benachbarten Cloud Provider bevorzugen", so Ohnacker ChannelPartner gegenüber. Zu seinen bekanntesten Resellern zählen die bundesweit tätigen Systemhäuser Bechtle (siehe oben) und Cancom im Public-Umfeld sowie die Profi AG.

"Am schnellsten wachsen wir aber mit unseren Solution Providern und MSPs", so Plusservers Vertriebsleiter. "Diese Partner nutzen unsere Plattform, um darauf eigene Produkte zu entwickeln und eigene Services ihren Kunden anzubieten". Als Paradebeispiel für einen derartigen Partner führt Ohnacker das Systemhaus Dresden (SHD) an. Seit September 2022 bietet der sächsische Dienstleister seinen Kunden die sogenannte "Enterprise Cloud made in Germany" an.

In mehreren deutschen Rechenzentren können dadurch SHD-Kunden Cloud-Services von Plusserver konsumieren, SHD steuert hierzu VMware-Technologie bei: "Somit ist unsere Enterprise Cloud Lösung auch für die Speicherung von kritischen Daten geeignet", preist das Dresdener Systemhaus dieses Angebot auf der eigenen Website an. Und bis Mitte 2023 möchte SHD alle eigenbetriebenen Rechenzentren auf die Plusserver-Plattform umstellen.

Software- und Beratungshäuser

ISVs (Independent Software Vendors, unabhängige Softwarehäuser) stellen für Plusserver einen weiteren interessanten Partnertypus dar, weil diese IT-Anbieter laut Ohnacker eine souveräne europäische Cloud-Plattform auf Basis Gaia-X (SCS, Sovereign Cloud Stack) nutzen oder ihre Leistungen von einen deutschen BSI-C5-zertifizierten Rechenzentrum ihren Kunden anbieten möchten, zum Beispiel SAP-Modul-Hersteller.

Beratungshäuser, die selbst nicht als Reseller am Markt auftreten, sondern ihre Kunden "nur" zur Multi-Cloud-Themen beraten, bilden bei Plusserver die vierte Partnersäule. Zeigt dabei ein Kunde echtes Interesse an einem Produkt, dann kommt der klassische Reseller wieder zum Zug.

Partnerstufen

Bei Reseller-Partnern unterscheidet Plusserver zwischen vier Levels: Select, Authorized, Professional und Expert. Die Abstufungen betreffen die Zahl der ausgebildeten Vertriebsfachleute und Techniker und die Intensität der Betreuung. So erhalten "Authorized"-Partner Support "nur" von dem Plusserver-Distributor Tim. "Professional"-Partner und "Experts" werden Plusserver zusätzlich bei Marketing-Aktivitäten unterstützt. Zugang zum Partnerportal des Cloud-Providers erhalten alle Partner ab der Stufe "Authorized".

Marktplatz für Partner

Außerdem möchte Plusserver einen Marktplatz für die eigene Partner eröffnen - zum Vertrieb der Partner-eigenen Software und Services. "Perspektivisch wollen für unsere Solution Partner und deren eigener IP ('Intelectual Property', geistiges Eigentum) einen Marktplatz schaffen. Dadurch werden ihre Produkte auf unserer Plattfrum direkt für Kunden konsumierbar (as a Service). Wir sehen hier zum Beispiel Lösungen aus dem SAP- oder CAD-Umfeld."

Darüber hinaus will Plusserver Partner mit den Leistungen des eigenen Security Operation Centers (SOC) unterstützen: "So könnten unsere Partner ihren Kunden unsere SOC-Services anbieten", schlägt Ohnacker vor.

Meinung des Redakteurs:

Die Pläne von Plusserver, den Channel für den Vertrieb der eigenen Cloud-Services zu gewinnen, sind ehrgeizig, aber dennoch realistisch: Die Kölner betrachten ihr Angebot als Ergänzung zu den Plattformen der drei großen Hyperscaler AWS, Microsoft Azure und Google Cloud. Hier tummeln sich aber bereits größere deutsche und europäischen Anbieter wie Ionos oder OVH Cloud. Vor allem Ionos dürfte hier im ersten Quartal 2023 - im Zuge des Börsengangs - deutlich an Marktanteilen hinzugewinnen. (rw)

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