"E-Mail: Wir kriegen einfach nicht genug davon", so lautet der Titel einer Untersuchung von Adobe. Der Dokumentenmanagement-Anbieter befragte 400 Angestellte über 18 aus den USA über ihren Umgang mit elektronischer Post.
Ergebnis: Die E-Mail durchdringt wie eine Sucht absolut alle Lebensbereiche. Die Befragten nutzen diese Art der Kommunikation nicht nur etwa sechs Stunden täglich im Büro, sondern sie checken den Posteingang auch daheim vor dem Fernseher, im Bett, im Badezimmer und am Steuer ihres Autos. Haviest Users sind die sogenannten Millenials, also Menschen um die 30.
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Die meisten wissen um ihre E-Mail-Sucht
Bemerkenswert ist, dass sich die Allermeisten über ihr Suchtverhalten im Klaren sind. Vierzig Prozent der Befragten haben schon einmal aktiv versucht, von der Droge herunterzukommen, indem sie sich selbst für einen oder mehrere Tage E-Mail-Abstinenz verordneten.
Einerseits ist die Botschaft der Studie ("Ohne Mails können wir einfach nicht") wenig überraschend: Mit Adobe-Software hergestellte Dateien (wie Bilder oder PDFs) werden besonders gerne und häufig als Anhang versendet, das Unternehmen hat viel Zeit und Geld in Technologien investiert, mit denen sich solche Anhänge verschlüsseln oder anderweitig schützen lassen. An einem Ende der E-Mail-kommunikation dürfte Adobe folglich wenig Interesse haben.
Jeder kennt die Nachteile der E-Mail
Dass wir von diesem Ende noch ziemlich weit entfernt sind, dieser Eindruck drängt sich allerdings nicht nur beim Betrachten von Unternehmen auf, die wirtschaftlich vom Überleben der elektronischen Post profitieren.
Der französische IT-Dienstleister Atos SE zum Bespiel verkündete 2011 unter großem PR-Geklingel seine Initiative "Zero E-Mail" und machte dabei viele spannende Erfahrungen. Ganz verschwunden sind die Mails aus den Atos-Büros bis heute nicht, über die Gründe wird noch zu reden sein.
Jeder, der in einer Firma mit mehr als zwei Mitarbeitern sitzt und E-Mails versendet, kennt die Nachteile dieser Art von Kommunikation: Es gibt kein direktes Feedback wie in der Teeküche auf das Vorgeschlagene, man kann nicht die Stimmung ausloten oder mal schnell ein Meinungsbild einholen.
Wer schon mal versucht hat, via E-Mail mit - sagen wir mal - acht Leuten einen gemeinsamen Termin abzustimmen, weiß, wie schlecht sich diese Technik dazu eignet. In ihrer Nutzerlogik ähnelt elektronische Post am meisten der guten alten Snail-Mail - nur dass kein Papier und kein Porto vonnöten sind.
Push-Technologie und One-to-one-Kommunikation
Beide sind reine Push-Technologien, will sagen der Empfänger muss sich die in Rede stehenden Informationen nicht zusammenklauben, sondern guckt lediglich in seinen Briefkasten, dann ist er im Bilde.
Zweitens handelt es sich dabei um eine One-to-one-Kommunikation. Natürlich kann man auch eine Mail an viele Empfänger versenden - was dann One-to-many wäre. In jedem Fall aber ist ein begrenzter und genau definierter Empfängerkreis gemeint.
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Und dieses Gemeintsein spielt vor allem für den Empfänger eine große Rolle: Wer eine Mail bekommt, fühlt sich angesprochen, daher rührt auch der hohe Nervfaktor von Spam. Einfach mal 300 Mails ungesehen weghauen, das tun die wenigsten; könnte ja doch irgendwas Relevantes darunter sein. Ebenfalls wegen des Gemeintseins eignet sich E-Mail so schlecht als Schwarzes Brett, als Ankündigung von Dingen, die die Leute lesen können, wenn sie zufällig daran vorbeikommen - oder eben nicht.
Diese beiden größten Nachteile der E-Mail - Push-Technologie und One-to-one-Logik - sind paradoxerweise zugleich ihre größten Trümpfe und wichtige Gründe für die ungebrochene Lebenskraft.
Digital Natives als Botschafter
Denn die Begeisterung für jede Art von Pull-Technologien, also von Netzwerken, auf denen ich mich einlogge und mir dann an verschiedenen Stellen gewünschte oder erforderliche Infos zusammensuche, hält sich in gewissen Grenzen.