Wird der IT-Händler unwichtiger?

04.10.2002

Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens IDC werden rund 46 Prozent des gesamten IT-Umsatzes von 283 Milliarden Dollar in Westeuropa auf dem indirekten Vertriebsweg, also über Händler, erzielt. 46 Prozent: Ist das viel oder wenig?

Zunächst einmal sind 46 Prozent von 283 Milliarden Dollar immerhin 130 Milliarden Dollar. Das ist ungefähr so viel, wie die gesamte ITK-Branche in Deutschland umsetzt. Mit anderen Worten: Wir reden hier von sehr viel Geld. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass in dem von IDC errechneten Gesamtumsatz von 283 Milliarden Dollar sämtliche Produkte und Dienstleistungen enthalten sind, die in der Branche überhaupt angeboten und fakturiert werden. Es ist aber klar, dass nur ein Teil dieser Produkte und Dienstleistungen überhaupt "zwischenhändlerkompatibel" ist. Ein Supercomputer zum Beispiel oder ein Mainframe im Wert von mehreren Millionen Euro wird immer vom Hersteller direkt vertrieben. Und wenn Consulting-Unternehmen wie EDS, SBS oder CSC Ploenzke eine Beratungsleistung erbringen, fällt der entsprechende Umsatz zwar in den Gesamtumsatz der IT-Branche. Es handelt sich aber per se um einen Umsatz, der nicht "zwischenhändlerkompatibel" ist.

Insofern wäre es hilfreicher zu sehen, wie hoch der Anteil des indirekten Vertriebes an den Produkten und Dienstleistungen ist, die überhaupt für den indirekten Vertrieb geeignet sind. Diese Angaben liegen aber leider nicht vor. Experten taxieren diesen Anteil auf 75 bis 80 Prozent.

Interessant an der Studie "IT Distribution Channels in Western Europe 2001-2006" von IDC ist unter anderem, dass nach der Prognose der Marktforscher der indirekte Kanal in den kommenden Jahren geringere Umsatzzuwächse verzeichnen wird als der Gesamtmarkt (siehe dazu den Artikel auf Seite 12). Woran liegt das? Das liegt im Wesentlichen an dem hohen Hardwareanteil am Gesamtumsatz der Händler. Selbst bei Systemhäusern entfallen in der Regel 80 Prozent des Gesamtumsatzes und mehr auf Hardwareverkäufe. Doch der Anteil der Hardware am Gesamtumsatz der IT-Branche wird sinken, glauben die Marktforscher, und zwar von 35 Prozent im vergangenen Jahr auf nur noch 27 Prozent im Jahr 2006. Der PC-Umsatz wird nach der IDC-Prognose sogar von 15 auf weniger als 10 Prozent sinken.

Wird sich der Anteil des nicht auf Hardware basierenden Umsatzes bei den Händlern und Systemhäusern in den kommenden Jahren verringern? Von einer großen Veränderung ist nicht auszugehen. Der Grund: Gerade der mittelständische Kunde verlangt weiterhin alles aus einer Hand. Damit wird aufgrund des hohen Wareneinsatzes der Hardwareanteil zwangsläufig immer hoch bleiben. Um den gleichen Umsatz für Dienstleistung zu fakturieren wie für einen Server, muss der Händler reichlich Stunden Dienstleistung berechnen.

Es wäre eine falsche Schlussfolgerung für den Händler und für das Systemhaus, weniger Hardware verkaufen zu wollen. Das würde gleichzeitig bedeuten, weniger Geschäft machen zu wollen. Wichtig ist zum einen, erst einmal die Serviceleistungen, die heute schon erbracht werden, auch zu fakturieren, und in einem zweiten Schritt weitere Dienstleistungen anzubieten. Übrigens: Obwohl der Hardwareanteil am Gesamtumsatz rückläufig sein soll, wird der Hardwareumsatz in dem genannten Zeitraum von rund 99 auf 153 Milliarden Dollar wachsen. Und der Umsatz des indirekten Vertriebs wird von 130 auf 195 Milliarden Dollar ansteigen.

Fazit: Die Prognosen von IDC sind fast zu schön, um wahr zu sein. Von den angegebenen durchschnittlichen Wachstumsraten ist zumindest der deutsche Markt weit entfernt. Aber es heißt ja auch "durchschnittliche Wachstumsraten". Da kann in den Jahren bis 2006 noch einiges passieren.

Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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