Wo bleibt der EM-Computer?

15.06.2000
Kreativität bei der PC-Vermarktung mangelhaft.

Jetzt geht es also los! Unser Dr. Merk, der FCK-Schiedsrichter mit Bohrer und Falsettstimme hat die Europameisterschaft mit dem Anpfiff der Partie Belgien gegen Schweden tatsächlich eröffnet. Für die Unterhaltungselektronik und die Handy-Connection ist das europäische Turnier um das runde Kunstleder ein immer wiederkehrender Umsatzschub. Uns Loddar wirbt im Ausland mit Orange - aus Rücksicht auf die heimische Mannesmann-Klamotte nur dort. Andere Kicker präsentieren neben Duftwässerchen und Haarschmiere den ultimativen deutschen Anbieter für Telekommunikation in Gestalt von Paulchen Panther. Mobile DVD-Player, WAP und SMS-Nachrichten über jedes gefallene Tor sind möglich - die Werbewelt ist im EM-2000-Fieber. Nicht teilgenommen hat dagegen die zweckoptimistische PC-Branche, wieder einmal. Zwar gibt es ab und zu ein Preisausschreiben für die vereinigte Händlerschaft bei der irgendwelche, vielleicht diesmal sogar tatsächlich vorhandene Karten zum Finale des Pommes- und Tomatenturniers ausgelobt werden, ansonsten war?s das aber mit Fußball. Kein Bundle-PC mit Multichannel-TV-Adapter, um ja kein Tor zu verpassen, oder mit Fußball 2000 EM-Simulation. Nicht einmal ein Drucker mit einem Kasten Bitburger Elf zusammen, und das würde nun wahrlich passen: Mit elf Flaschen richtig Druck ausüben. Aber so wie sich unsere Schwarzweißen durch die Vorrunde mogeln, denkt die PC-Mannschaft der IT ebenfalls zu überleben. Doch nur nicht auffallen bedeutet im Verkauf den Tod. Ob dies durch ein Golden Goal oder eher durch eine feindliche Übernahme der ehemaligen Radio- und Fernsehbranche geschieht, darf der einzelne Unternehmensverweigerer dann selbst entscheiden. Auf der Weltpleite Expo sind die vorhandenen Sensatiönchen im bauhandwerklichen Bereich zu finden, sofern sie nicht von deutschen Kleingeistern verboten wurden. Von unserer Seite - rien, nothing, nada. Noch immer sind da beigegraue Kästen mit Schnüren und Kabeln, abstürzend und virenkrank, laut, nervend und geschmacklos. Rutschende Tastaturen, wie immer im Weg die Maus, sabbernde Tintendrucker und giftige Laserprinter. Keine Action, keine Leute. Wir stehen still, haben keine Visionen mehr. Alles ist erreicht - vom Internet bis zum Gigahertzprozessor. Webhandel und Kommunikation funktionieren, danke, das war’s nun? Was heute geht sind "Pokémon"-Sammelkarten und "Diddl"-Mäuse. Spiel, Spaß und Spannung sind die Umsatzbringer der Zukunft, verliert der PC auch dieses Image, geht es ihm wie Amiga und Atari, und dem Fachhandel wie den Bräunungsstudios.

Mein Fazit: Die Informationsgesellschaft wird eine freizeitorientierte sein. Wenn wir es nicht schaffen Unterhaltungsmedien wie etwa DVD-Videos mit dem PC zu verbinden, sind weitere Pleiten an der Tagesordnung.

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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