Wohin steuert Hewlett-Packard nach dem Ende der Fiorina-Ära?

14.02.2005

Von Wolfgang Leierseder

Nach dem spektakulären Rausschmiss Fiorinas haben Analysten und Kenner von HP energisch Fragen nach der Zukunft des IT-Riesen gestellt.

Unvermeidlich übten sich einige Analysten in der beliebten Feldherrenposition. So empfahl ein Team von Marktforscher IDC, mittelfristig müsse das neue Management HPs den Wert seiner diversen Abteilungen - Server, Software, Netzkomponenten, Speicher, die gerade zusammengelegten Geschäftsbereiche PC und Drucker sowie die Zukunftsaufgabe IT-Dienstleistung endlich in seinem notwendigen Zusammenhang (Stichwort "Adaptive Enterprise Strategy") den Kunden darstellen. Nur so könne HP gegenüber der starken Konkurrenz seine Eigenheit als relevanter IT-Komplettanbieter begreiflich machen und sich damit langfristig behaupten. Sehr Ähnliches sagten Analysten von Gartner beziehungsweise Meta Group oder Ovum.

Kurzfristig hingegen sind sich die Marktforscher einig, dass sich kaum etwas an der Portfolio-Strategie des IT-Riesen ändern werde. Allein HP-Kenner Denys Beauchemin, Mitglied der HP-Anwendervereinigung Interex, zeigte sich grundsätzlich skeptisch: "Was passieren wird, steht in den Sternen", sagte er zur Zukunft HPs.

Doch das hinderte ihn nicht, auf die für die Enterprise-Strategie zentrale, doch schwächelnde Server-Gruppe näher einzugehen. Auf die Frage, ob er einen neuerlichen Kurswechsel bei HPs Serverstrategie erwarte, antwortete er mit einem deutlichen Nein. "HP hat sich aus dem Chip-Geschäft komplett verabschiedet. Es setzt alles auf die Karte Itanium." Seiner Meinung nach ist eine Wiederbelebung der Alpha- und PA-RISC-Systeme ausgeschlossen. Rich Partridge, Analyst bei dem amerikanischen Marktforschungs- und Consulting-Unternehmen DH Brown Associates, warnte sogar, dass HP-Anwender womöglich mit einer Beschleunigung des Übergangs zur Itanium-Plattform und einer schnelleren Abkündigung des Supports für Alpha- und RISC-Rechner rechnen müssten.

Ebenso solle die Storage-Gruppe, nach der Compaq-Übername ein Filetstück, doch heute gegenüber EMC weit ins Hintertreffen geraten, sich darauf besinnen, mit intensivem Vertrieb und Support wieder Anschluss zu gewinnen. HP müsse hier in Menschen, Forschung, Partner und Logistik investieren - was es in den vergangenen Jahren gerade nicht getan hat - , andernfalls, wie Nick Gall, Metagroup-Analyst, andeutete, diese Abteilung wohl aufgeben.

Wohin die Reise der von Dell seit Jahren in massive Bedrängnis gebrachte PC-Abteilung gehen könne - darüber sind sich Experten bekanntlich uneins. Während IDC meint, HP müsse auf geografische Expansion setzen, um sowohl Dell das Wasser abzugraben, als auch PCs als Türöffner für die Enterprise- und Serviceabteilung zu dienen, halten Gartner-Analysten eine Abspaltung für nahe liegend. HP sei mit seiner PC-Strategie gescheitert - Dell aber der wahre Gewinner in der Schlacht um dünnmargige Geschäfte.

Der Gewinnbringer HPs schlechthin, die Druckersparte, soll sowohl abgespalten werden - so ein Analyst der Investment-Bank Meryll Lynch in der Hoffnung auf andauernde Rendite des momentan unumstrittenen Marktführers - als auch behalten werden, wie IDC mahnte.

Denn HP könnte um das bekannte Portfolio herum seine Ambition, sich im Endkundenmarkt auch als Unterhaltungselektronik-Anbieter zu etablieren, stricken. Dennoch wollte kein Analyst ausschließen, dass ein neuer CEO diese beiden Abteilungen genauer als bisher auf seine sinnvolle Zugehörigkeit anschauen werde - und vielleicht doch aus dem Konzern herauslösen werde.

Bleiben die Abteilungen Netzwerke, digitale Fotografie - und Service. Während Foto gut vertreten ist in allen relevanten Kanälen und deshalb kaum zur Disposition steht, müsse die Serviceabteilung noch den Beweis ihrer künftigen Berechtigung antreten. Über die Netzwerker der Procurve-Abteilung aber verlor kein Analyst ein Wort.

Einen Blick auf die aktuelle Diskussions-lage warf auch HPs Interim-CEO Robert Wayman. Er hatte in einer ersten Analystenkonferenz versichert, HP werde die eingeschlagene Serverstrategie fortsetzen. In Richtung Kunden versicherte er, die Company werde einen Handlungsplan vorlegen, um diesen das notwendige Vertrauen in die Strategie zu geben.

Doch Waymans Versicherungen gelten nach Ansicht von Kennern prinzipiell als vorläufig. Erst der neue CEO wird entscheiden, wie es konkret mit dem IT-Riesen weiter- gehen wird.

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