Wortmann: das Geheimnis einer erfolgreichen Eigenmarke

20.06.2002
Eigenmarken können in der Distribution auch in Zeiten von Absatzflaute und zunehmender Marktsättigung erfolgreich bestehen. Beispiel: die ostwestfälische Wortmann AG. Das Geheimnis: Identifikation über die eigenen Produkte und eine konsequente Strategie.

Hüllhorst in Ostwestfalen ist nicht gerade der Mittelpunkt der Welt - oder von Deutschland. Macht aber nichts. Schließlich haben sich die Ost-westfalen über ihre Region in der IT-Branche einen guten Ruf erarbeitet: von Wettbewerbern respektiert, von den Kunden als verlässlicher und konsequenter Partner geschätzt. "Wir sind auf dem Teppich geblieben: flexibel und überschaubar aufgestellt. Und unsere Kunden wissen, woran sie sind", meint Siegbert Wortmann, Vorstandsvorsitzender des gleichnamigen Herstellers und Distributors.

Wichtig ist für den Ostwestfalen - in guten und in schlechten Zeiten - Kostenmanagement: "Wir arbeiten nach wie vor auch im PC- und Monitorsegment profitabel. Und wir setzen weniger Stückzahlen ab als beispielsweise Actebis", meint Wortmann. Außerdem sei "Kontinuität" und damit "berechenbar für den Kunden bleiben" ein bedeutendes strategisches Merkmal für das Unternehmen Wortmann. "Das gehörte von Anfang an zu unserer Unternehmensphilosophie", sagt der Unternehmenslenker mit den Birkenstock-Sandalen, sein Markenzeichen seit Jahren, im Gespräch mit ComputerPartner.

Neben Kontinuität setzt Wortmann für seine Eigenmarken (Terra-Computersysteme: Server, Desktop-PCs, Notebooks und Magic-Displays) auf "individuelle Fertigung und Lieferung" und nennt das als wichtiges Alleinstellungsmerkmal. "75 Prozent unserer Rechner assemblieren wir im BTO-System - das können andere Wettbewerber aufgrund ihrer Größe gar nicht leisten", stellt Wortmann klar. Dementsprechend lässt ihn auch die neue HP-Peacock-Edition aus Wünnenberg-Haaren kalt. Peacock-Chef Peter Becker hatte ausdrücklich Wortmann bei der Ankündigung der neuen PC-Linie als Wettbewerber genannt (siehe ComputerPartner 11/02, Seite 17). "Nein, wir haben bei dieser Aussage nicht gezittert. Immerhin kennen wir Peacock als Wettbewerber seit 15 Jahren", hält Wortmann dem Distributor mit dem Pfauen-Logo gelassen entgegen.

Die eigenen Produkte stehen klar im Vordergrund

Außerdem habe man in puncto Eigenmarke auch ein anderes Selbstverständnis als andere Distributoren: "Wir identifizieren uns über unsere Produkte. Egal, für welches Segment. Wir betreiben dieses Geschäft klar als Hersteller - nicht als eine Sparte von vielen - wie unsere Wettbewerber", erklärt Wortmann das Geschäftsmodell der Ostwestfalen. Das Umsatzverhältnis von Distribution und Eigenmarke beträgt 50 zu 50 Prozent - und daran will man in Hüllhorst auch nicht rütteln. "Wir setzen damit auf eine gesunde Risikostreuung. Und die Distribution lohnt sich für uns nach wie vor", führt der Vorstand aus.

Das Kerngeschäft stellen bei Wortmann die eigenen Marken dar. Die Distribution beinhaltet Produkte, die entweder als Komponenten in Terra-Computersystemen verbaut werden oder nach eigener Aussage "sinnvolle Lösungen und Ergänzungen" zum Thema Eigenmarke bieten. "Daher machen wir uns auch keine Konkurrenz im eigenen Haus", begründet Wortmann das Konzept.

Mit rund 5.500 Fachhändlern arbeitet das Unternehmen bundesweit regelmäßig zusammen (siehe Kasten Seite 50). Stolz ist der Unternehmenschef auch auf die "hohe Produktqualität", womit sich die Ausfallraten auf einem niedrigen Niveau bewegten. "Wir verwenden keine Billigkomponenten, sondern nur Markenprodukte wie von Asus oder Toshiba", betont Wortmann ausdrücklich.

Die Frage nach der eigenen Marge beantwortet der Vorstand westfälisch zurückhaltend: "Für uns reicht sie gut aus." Für seine Kunden schätzt er sie "zwischen 12 und 18 Prozent für unsere Produkte", unterstreicht aber: "Wir empfehlen keine Verkaufspreise: Unsere Fachhändler bestimmen die jeweiligen Preispunkte - oder Sonderaktionen - selbst und kalkulieren damit auch eigenständig ihre Marge."

Für das laufende Geschäftsjahr rechnet Wortmann nicht mehr mit dem so genannten Aufschwung in der IT-Branche: "Das erste Quartal war okay - etwas schwächer als im Vorjahr. April und Mai waren ruhiger als 2001, aber damit können wir leben." Der Plan von Wortmann für das laufende Geschäftsjahr: "Das Umsatzniveau von 2001 halten."

www.wortmann.de

ComputerPartner-Meinung:

Wortmann über Wortmann: "Wir sind Hersteller und Distributor." Die Rolle als Hersteller (Einkauf, Qualitätskontrolle und ein weit reichendes Servicekonzept für den Wiederverkauf) steht dabei an erster Steller. Das Distributionsgeschäft ergänzt hier die Herstellerrolle. Viele Wettbewerber aus der Distributionslandschaft arbeiten genau umgekehrt und beißen sich dabei - gerade unter den heutigen erschwerten Marktbedingungen - die Zähne aus. (ch)

Facts & Figures

Wortmann AG

1986 gründete Siegbert Wortmann gemeinsam mit seiner Frau Gabriele und Thomas Knicker die Wortmann Terra Impex Computer- und Datenverarbeitungs GmbH. Ende 1998 wandelte das Management das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um: 90 Prozent der Anteile hält Wortmann, 10 Prozent Knicker. Bis heute war das Unternehmen "nicht auf fremde Kapitalgeber angewiesen", wie der Vorstandsvorsitzende Wortmann betont. Das Aktienkapital beläuft sich heute auf drei Millionen Euro. Der Aufsichtsrat besteht aus Gabriele Wortmann, Thomas Knicker und Robin Wittland. Außerdem hält die Aktiengesellschaft 16 Beteiligungen an Unternehmen aus der IT-Branche: zum Beispiel 50 Prozent an der Devil Computer GmbH in Braunschweig. Rund 5.500 IT-Wiederverkäufer kaufen regelmäßig bei den Ostwestfalen ein. Die Wortmann AG versteht sich als Hersteller (von Terra-Computersystemen und Magic-Displays) und Distributor und setzt ausschließlich auf den indirekten Vertrieb. Das Unternehmen beschäftigt heute 240 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2001 knapp 240 Millionen Euro. Das Ziel 2002: Das Umsatzniveau vom Vorjahr halten. (ch)

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