WTO-Beitritt Chinas zwingt den PC-Riesen Legend zur Expansion

15.03.2001
Als Lokalmatador des Riesenmarktes China hatte es die QDI-Mutter Legend noch relativ leicht, innerhalb weniger Jahre zum größten PC-Hersteller Asiens aufzusteigen. Doch mit dem bevorstehenden WTO-Beitritt muss sich China ausländischen Firmen weiter öffnen. Deshalb schielt Legend nun seinerseits nach Europa und Amerika.

Der kometenartige Aufstieg von Legend Computer Systems ist ein Paradebeispiel für den Weg der asiatischen Lokalmatadoren nach oben (siehe ComputerPartner 8/01, Seite 28). Tatsächlich beschränkt sich das Engagement des PC-Riesen fast ausschließlich auf China, und dennoch konnte Legend innerhalb weniger Jahre zum größten PC-Anbieter Asiens aufsteigen. Allein im vergangenen Jahr hat Legend seinen PC-Absatz laut Dataquest auf mehr als 1,8 Millionen Stück nahezu verdoppelt und damit die ehemalige Nummer eins IBM weit überholt. Internen Angaben zufolge hat Legend in China letztes Jahr sogar 2,5 Millionen PCs und Notebooks verkauft.

Wenn der chinesische PC-Riese nun auf den Weltmarkt drängt, dann fragt man sich schon: Warum ausgerechnet jetzt? Eine mögliche Erklärung ist der bevorstehende Beitritt Chinas in die Welthandelsorganisation (WTO), die das Reich der Mitte zu einer stärkeren Öffnung zwingt. Mehr Öffnung heißt für die einheimischen Hersteller aber auch mehr Wettbewerb, und das wird schließlich auch Legend zu spüren bekommen.

Motherboard-Tochter QDI als Schlüssel für China

"Vor drei, vier Jahren war der überschaubare chinesische Markt mit heute 25 bis 30 Millionen installierten Geräten bei einer Stadtbevölkerung von 600 Millionen Einwohnern noch fest in ausländischer Hand", erklärt Mary Ma, Executive Director und Senior Vice President der an der Börse Hongkong gelisteten Legend Holding. Im Corporate Sektor sei Big Blue zwar immer noch stark, aber im Endkundenmarkt hätten die lokalen Markenhersteller wie Legend, Founder und Great Wall jetzt die Nase vorn. "Im einheimischen Markt kommt es auf sehr lokalisierte Maschinen an. Legend bietet hier ein breites Portfolio, angefangen von PCs mit Touch-Screen für ältere Mitbürger bis hin zu Kinder-PCs und einem One-Touch-Internet-Access mit nationalem Roaming-Service", beschreibt die Legend-Chefin ihr Erfolgrezept in China.

Die Erfolgsstory der Legend Holding begann aber schon viel früher. 1984 von Mitgliedern der Chinese Acadery of Sciences in Peking (Pendant des deutschen Max-Planck-Instituts) gegründet, waren dem Unternehmen bis Anfang der neunziger Jahre die Hände gebunden. Denn damals war der chinesische Markt noch stark von der Regierung kontrolliert, weshalb es praktisch unmöglich war, eine Betriebszulassung zu erhalten. Dies änderte sich erst, als Legend ins damals noch von Großbritannien beherrschte Hongkong ging und begann, dort Motherboards zu produzieren und diese unter dem Namen QDI International zu vermarkten.

QDI-Motherboards stellen heute zwar nur 2,9 Prozent des Umsatzes in Höhe von mehr als 6,5 Milliarden Mark, waren aber letztendlich auch der Türöffner für den chinesischen Markt. Heute machen Legend-PCs und andere Internet-Zugangsprodukte 60,5 Prozent des Umsatzes aus. Mit 27,4 Prozent zweitgrößter Anteil ist der Bereich Distribution von IT-Produkten ausländischer Marken. Unter den PC-Anbietern in China hat Legend laut IDC einen Marktanteil von über 30 Prozent und liegt damit weit vor Founder, IBM, Great Wall, Hewlett-Packard und Acer aus Taiwan, ja steckt sogar alle anderen Top-Marken in die Tasche. Ein Schlüssel zum Erfolg in China sind sicherlich die guten Kontakte, die Legend zu seinen Hauptabnehmern, den Regierungsstellen, hält. Für ebenso wichtig hält Mary Ma auch die Geschäftsbeziehungen mit namhaften Komponentenherstellern aus Taiwan und Japan. "Denn was die Komponenten angeht, sind meine Landsleute sehr markenbewusst. Services sind ebenso wichtig, aber dafür will kein Chinese bezahlen", beschreibt Ma den chinesischen Markt.

Nicht kleckern, sondern klotzen

Legend verfügt in Peking über zwei Fabriken mit jährlichen Produktionskapazitäten von 2,7 Millionen PCs sowie einer Fertigungsstätte in Huiyang nahe Hongkong mit einer Jahreskapazität von einer Million PCs sowie vier Millionen Motherboards. In diesem Jahr sollen noch zwei Fabriken in Shanghai hinzukommen, womit Legend bis Ende 2001 in der Lage wäre, 5,3 Millionen PCs und Notebooks zu produzieren. Die Anlagen, die in Huiyang stehen, entsprechen modernstem Standard und sind anders als viele taiwanische Fabriken auf dem chinesischen Festland klimatisiert und, was noch wichtiger ist, in vielen Bereichen bereits automatisiert. Erst unlängst wurde die Produktionsstätte deshalb nicht nur ISO-9001-, sondern auch ISO-14001-zertifiziert.

Legend will in Europa nichts überstürzen und mit dem Vertrieb von Notebooks unter der Eigenmarke zunächst in Großbritannien beginnen. "Wir wissen sehr wohl, dass der europäische Markt anders tickt als der amerikanische, und wollen nicht die Fehler anderer Hersteller aus Übersee wiederholen", verkündet Ma. Statt den Markt im Alleingang aufzurollen, wolle man sich daher auf starke Partner stützen. "Das sollten sie auch", meint Dirk Heynig, Prokurist und Leiter der Abteilung für Investor Relationship bei der Lintec AG, die schon 1999 ein Kooperationsabkommen mit Legend eingegangen ist und nun ihrerseits auf den asiatischen Markt schielt. "Und wenn sie schon mal dabei sind, dann sollten sie auch nicht kleckern, sondern klotzen. Denn sonst dürfte Legend Schwierigkeiten haben, auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen."

www.legend.com.cn

www.dataquest.com

www.idc.com

www.lintec.de

ComputerPartner-Meinung:

In China ist der Erfolg von Legend sicherlich unbestritten. Auf dem desaströsen Weltmarkt muss sich der chinesische Lokalmatador aber erst noch beweisen. Und das kann er nur, wenn er hochwertige Systeme zu einem vergleichsweise niedrigen Preis anbietet. Da aber alle namhaften PC-Hersteller mittlerweile ebenfalls in China produzieren oder produzieren lassen, fragt man sich schon, woraus die QDI-Mutter da noch Wettbewerbsvorteile schöpfen will, zumal sie sich in Europa und Amerika erst noch einen Namen schaffen muss. (kh)

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