Roland Berger und McKinsey

Wucht von Industrie 4.0 wird unterschätzt

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

5 Tipps von McKinsey

McKinsey hat - bei Beratern kaum überraschend - ebenfalls Tipps parat. In der Studie werden fünf Handlungsfelder identifiziert, auf denen Industrieunternehmen nach Einschätzung der Consultants aktiv werden sollten:

1. Daten besser nutzen: "Unternehmen sollten die komplette Wertschöpfungskette und den gesamten Lebenszyklus eines Produkts digital abbilden", so McKinsey. Bisher werde nur rund ein Prozent der in der Produktion anfallenden Daten genutzt - ein enormes Potenzial liege damit brach: "Softwaregestützte, präzise Wartungsvorhersagen können beispielsweise helfen, Maschinen besser zu nutzen - und so die Produktivität um bis zu 30 Prozent steigern. Insgesamt bietet Industrie 4.0 die Chance, systematisch alle Kostenpositionen auf den Prüfstand zu stellen."

2. Fähigkeiten aufbauen: Die Digitalisierung erfordere von den Mitarbeitern neue Fähigkeiten. Spezialisten, beispielsweise für die Analyse großer Datenmengen, seien aber rar gesät. "Firmen müssen sich jetzt darum kümmern, diese Mitarbeiter zu finden und an sich zu binden", empfiehlt McKinsey.

3. Zugang zum Kunden sichern: "Unternehmen müssen entscheiden, welche strategischen Schnittstellen sie kontrollieren müssen, um den Kontakt zum Kunden zu behalten und sich gegen neue Wettbewerber zu behaupten", lautet Ratschlag Nummer Drei.

4. Schneller werden: "Im IT-Sektor sind schnelle Updates und ständige Produktverbesserungen an der Tagesordnung", wissen die Berater. "Industrieunternehmen sollten im Sinne einer 'Two-speed IT' neben ihrer bestehenden IT-Struktur gezielt Möglichkeiten eröffnen, Schnelligkeit wie in Startups abzubilden."

5. Datensicherheit erhöhen: Die Abwehr von Cyberangriffen sei - zumal in einer komplett vernetzten Produktion - eine Aufgabe, die nicht in der IT-Abteilung allein gelöst werden kann, sondern auf die Vorstandsagenda gehört, so McKinsey.

Während sich diese Handlungsfelder klar in der Hand der einzelnen Firmen liegen, nimmt Roland Berger stark die Politik in die Pflicht - mit Unterstützung prominenter Top-Manager. "Europa ist in der Lage, als Systemarchitekt seine eigene sichere Backbone-Struktur zu schaffen", wird Infineon-Chef Reinhard Ploss in der Studie zitiert. "Jetzt geht es darum, branchenübergreifend und in enger Zusammenarbeit mit den Behörden EU-weite Standards und Gesetze voranzutreiben."

Den Investitionsbedarf für die digitale Transformation der deutschen Industrie veranschlagt Roland Berger mit 35 Milliarden Euro bis 2025. "Eine erhebliche Summe also, vergleichbar mit den Kosten für den bis 2018 geplanten flächendeckenden Breitbandausbau", heißt es in der Studie. "Aber doch zu stemmen, gegeben einen bestehenden Kapitalstock von rund 500 Milliarden Euro."

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