Xerox und der Hewlett-PackardKomplex

23.03.2000

Dass Xerox neuerdings den Color-Ink-Jet-Markt ins Visier nimmt, scheint einerseits vernünftig: Laut Dataquest verzeichnete dieses Segment allein im vergangenen Jahr eine weltweite Wachstumsrate von 30 Prozent. Ein weiterer Schub ist durch sinkende PC-Preise und die steigende Beliebtheit von Digitalkameras zu erwarten. Außerdem hat Xerox die besten Voraussetzungen, um sich ein Stück des Kuchens zu sichern: 600 Patente beziehungsweise das weltweit drittgrößte Ink-Jet-Portfolio nennt der Hersteller sein Eigen. Da mag es strategisch nur richtig sein, sich mit zwei starken Partner zu verbünden und das Segment mit vereinten Kräften in Angriff zu nehmen.

Andererseits ist der Markt verteilt: Hewlett-Packard, Canon, Epson und Lexmark haben ihn fest im Griff. Wenn man bedenkt, welche Anstrengungen es letzteren Hersteller gekostet hat, sich zumindest zehn Prozent des Segments zu sichern, wird sich Xerox wohl mehr einfallen lassen müssen als die üblichen Verbalattacken gegen HP. Die gab es reichlich bei der Vorstellung der neuen Allianz zwischen Xerox, Sharp und Fuji Xerox. Wer sich auch ein durchdachtes Konzept beziehungsweise detaillierte Informationen dazu erhofft hatte, wurde jedoch enttäuscht. Das einzige Ziel der Allianz scheint es demnach zu sein, dem Marktführer ein paar Anteile im Tintenstrahler-Segment wegzunehmen. Egal wie, und als ob es keinen Wettbewerber mehr dazwischen gäbe. Psychologisch gesehen, könnte man meinen, Xerox leidet unter einem massiven Hewlett-Packard-Komplex. Bisher hat Xerox aber auch nicht bewiesen, dass es den starken Sprüchen auch Taten folgen lassen kann. Außerdem gäbe es genügend andere Hersteller, die es vor Hewlett-Packard zu überholen gilt: Bisher bringt es Xerox gerade mal auf ein Prozent Marktanteil in diesem Bereich.

Abgesehen davon muss sich Xerox auch die Frage gefallen lassen, warum die Milliarden ausgerechnet in das Segment fließen, von dem sich andere Wettbewerber freiwillig distanzieren, weil da angeblich weder für Händler noch für Hersteller eine Mark zu holen ist. Xerox selbst rechnet ja ebenfalls mit Verlusten bei der Hardware. Auch dass die Entscheidung erst jetzt gefallen ist, verwundert doch sehr: Erforscht werden Ink-Jet-Technologien im Hause Xerox schon seit 1974. Und auch wenn man dem krisengebeutelten Unternehmen durchaus ein Erfolgserlebnis wünschen würde, es wäre nicht weiter verwunderlich, wenn Xerox in einem Jahr seine Fahne im Ink-Jet-Markt kleinlaut wieder einrollen würde.

Marzena Fiok

mfiok@computerpartner.de

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