Yic AG ist zahlungsunfähig

10.05.2001
Die New-Economy-Krise hat nun auch den E-Procurement-Markt erfasst. Eine der wenigen deutschen Vertreterinnen, die Braunschweiger Yic AG, steht nun plötzlich vor dem Aus.

Am 27. April musste die Yic AG einen Insolvenzantrag stellen. Grund war die drohende Zahlungsunfähigkeit. Besonders pikant daran ist die Tatsache, dass Außenstände von großen Kunden - darunter M+S und Systematics - von rund einer Million Mark daran schuld sein sollen - dabei sind die beiden Systemhäuser mit jeweils 19 Prozent an Yic beteiligt und scheinen so die eigene Tochter nun in den Ruin zu treiben.

Ganz so dramatisch sieht es Yics Vertriebsvorstand York Vasel allerdings nicht: "Im Laufe dieses Monats werden wir ein komplett neues Business-Modell erstellen. Wir planen, Mitte des dritten Quartals profitabel zu sein." Gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter prüft derzeit die Geschäftsleitung alle möglichen Optionen. Eine davon umfasst die Auslagerung des eigenen Ticket-Systems T1 in eine neu zu gründende GmbH, hier wird an ein Management-Buy-Out gedacht.

Bei Yic verbleiben würde dann lediglich die E-Procurement-Lösung P1, hierfür würde aber ein Mitarbeiterstamm von 40 bereits genügen. "Uns ist nicht unbedingt an der Erhaltung des Firmennamens Yic gelegen, es wäre aber schön, wenn der aufgebaute Markenname weiterhin genutzt werden könnte", so der Vasel am ComputerPartner-Telefon.

Deshalb hält nun Yic nach zahlungswilligen Investoren Ausschau: "Wir haben bereits einige große - auch international ausgerichtete - Systemhäuser, Beratungsunternehmen und Software-Hersteller kontaktiert", verrät der Sales-Vorstand. Dabei zeigt sich Yic relativ offen für Kooperationen. So ist unter einem neuen Dach keinesfalls geplant, ausschließlich die eigene E-Procurement-Lösung exklusiv zu vertreiben. "Wenn es der Kunde wünscht, können wir bei ihm auch ein E-Procurement-System von Ariba oder Commerce One oder SAP implementieren", so Vasel weiter.

Und ganz so unerwartet traf die Insolvenz Yic auch nicht: Bereits seit Jahresanfang zeichnet sich eine Marktabschwächung im E-Procurement-Bereich auf. Die Braunschweiger entließen elf Mitarbeiter. Eine gute Nachricht gibt es dennoch: Systematics erklärte sich bereit, seine Außenstände zu begleichen.

Dabei sah es für Yic lange Zeit gut aus. 1999 konnte die Company VW als Kunden gewinnen und im Jahr darauf band Compaq seine Partner über Yics System in die eigene elektronische Beschaffungsplattform PeP ein. Die Zahl der Mitarbeiter stieg auf mehr als 100, Niederlassungen wurden in Berlin, Hamburg, Wiesbaden und München, aber auch in USA, Mexiko. Polen und Tschechien eröffnet.

www.yic.de

ComputerPartner-Meinung:

Nach den schlechten Nachrichten aus Häusern wie Ariba, Commerce One und I2 war es nur eine Sache der Zeit, bis es auch einen kleineren E-Procurement-Spezialisten erwischt. Und so traf die Marktflaute die Braunschweiger Yic AG sicherlich nicht unvorbereitet. Erschwerend zur Kaufzurückhaltung kam aber noch die schwach ausgeprägte Zahlungsmoral der Kunden hinzu. So bleibt den Braunschweigern nur zu wünschen, dass sie ihre Forderungen bald eintreiben können und einen finanzkräftigen Investor finden. Sonst verschwindet wieder mal ein rein deutsches Software-Unternehmen auf Nimmerwiedersehen von der Oberfläche und überlässt das Feld US-amerikanischen Konzernen. (rw)

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