Zeitmanagement im Tagesgeschäft

15.10.1998

MARKTREDWITZ: Die fehlende Zeit - ein zeitloses Thema. Für Führungskräfte gibt es ein paar Kniffe und Tricks, wie sie sich auch im hektischen Arbeitsalltag ein paar Freiräume schaffen können. Ein Beitrag von Hillmar Wollner*."Ich habe keine Zeit" - dieser Satz verfolgt viele - vor allem Manager und Führungskräfte - ein ganzes Leben. Sie hören ihn oft und sprechen ihn meist noch häufiger aus. Dieses "Ich habe keine Zeit" drückt aus, daß man beschäftigt ist, viel zu tun hat. Aber trotz dieses Immer-mehr-Tuns scheinen die Probleme nicht weniger, sondern eher immer mehr zu werden.

Was läßt sich daraus schließen? Viele Manager und Führungskräfte scheinen häufig das Falsche zu tun. Wer tagtäglich mit Kleinkram und Routine beschäftigt ist, wird niemals die Zeit finden, diesem Teufelskreis zu entfliehen.

Ein Manager muß sich aber auf elementare Aufgaben konzentrieren. Dazu gehört, sich Gedanken und Überlegungen über die Zukunftsperspektiven des Unternehmens zu machen, ebenso wie die Funktion des Managers als Coach seiner Mannschaft: Er muß für seine Mitarbeiter wieder mehr verfügbar sein, er muß sie inspirieren, motivieren, zu Kreativität anregen und immer wieder aufs neue für die Unternehmensziele begeistern. Er muß die Kommunikation und Informationsflüsse im Unternehmen gestalten und steuern, und letztendlich muß er auch Freiräume für unvorhergesehene Dinge haben.

Wo lassen sich Ansatzpunkte finden, um Zeit für die eigentlichen Manageraufgaben zu gewinnen? Ein großer Teil von täglich anfallenden Routineaufgaben läßt sich delegieren. Delegation beinhaltet aber nicht nur die Übertragung von Aufgaben, sondern auch von Kompetenz und Verantwortung. In diesem Sinne verstanden ist Delegation ein nicht zu unterschätzender Motivationsfaktor.

Bei manchen Managern hat man den Eindruck, sie seien von Beruf Besprecher. Besprechungen bedürfen einer guten Vorbereitung mit klarer Zielsetzung und Planung. Man muß sich klare lang-, mittel- und kurzfristige Ziele setzen und fixieren. Zeitmanagement heißt vor allem, sich über seine Lebensziele klar zu werden und zu entscheiden, was einem wichtig ist und was nicht.

Eine neuere Untersuchung zeigt, daß es Führungskräften im Büro nicht gelingt, im Durchschnitt länger als acht Minuten ununterbrochen ungestört zu arbeiten. Unter solchen Bedingungen kann über Entscheidendes und Wichtiges nicht mehr gründlich nachgedacht werden. Diese Tatsache unterstreicht die Notwendigkeit, den Tag zu planen. Deshalb an dieser Stelle zehn Tips, die zum gewünschten Erfolg - mehr Zeit im Alltag - führen.

1. Bereiten Sie den Tag gründlich vor: Verschaffen Sie sich nach Möglichkeit bereits am Vorabend einen Überblick über das, was Sie am kommenden Tag erledigen und erreichen wollen. Sehen Sie sich an, was für den Folgetag bereits eingeplant ist, welche Aktivitäten Sie glauben, noch realisieren zu können, und schätzen Sie für jede Aufgabe den zeitlichen Bedarf ab. Lassen Sie den nächsten Tag in Ihren Gedanken schon einmal ablaufen. Unser Gehirn beschäftigt sich dann bereits mit diesen Dingen. Investieren Sie lieber etwas mehr in die Vorbereitung. Bei der Durchführung wird sich dies auszahlen.

2. Planen Sie Ihren Tag realistisch: Überfordern Sie Ihre Tagespläne nicht, denn damit überfordern Sie sich selbst. Ein Tagesplan sollte nur so viel enthalten, wie Sie auch an einem Tag realistisch erledigen können. Wenn sie den Tag zu sehr überladen und dann sehen, daß Sie das Geplante nicht schaffen können, erzeugt dies sehr schnell Frust, Streß und Demotivation.

3. Reservieren Sie sich Zeiträume für Unvorhergesehenes: Sie sollten Ihren Tagesplan nicht bis zur letzten Minute vollpacken. Aus Ihrer eigenen Erfahrung wissen Sie, daß man täglich mit einer Reihe von Dingen konfrontiert wird, die man nicht vorhersehen konnte. Daher sollten Sie nicht mehr als 60 Prozent Ihrer Zeit fest verplanen, sich 40 Prozent für unvorhersehbare Dinge reservieren.

4. Berücksichtigen Sie Ihren Lebensrhythmus bei der Planung: Jeder Mensch unterliegt Schwankungen in der persönlichen Leistungsfähigkeit. Jeder unterliegt einer sogenannten Leistungskurve, die bei der Mehrzahl der Menschen morgens um 9 Uhr ihren Höhepunkt erreicht, dann kontinuierlich bis 15 Uhr abfällt, um gegen Abend nochmals leicht anzusteigen, ehe sie sich dann nach 21 Uhr rapide verschlechtert. Erledigen Sie Ihre wichtigen Aufgaben dann, wenn Sie auch volle Leistung bringen können. Die Tiefpunkte in Ihrer Leistungskurve können Sie ja für Routineaufgaben nützen.

5. Versehen Sie Ihre Aufgaben mit Prioritäten: Wenn Sie Ihre Maßnahmen oder Aufgaben eines Tages aufgelistet haben, versehen Sie diese bitte auch mit Prioritäten, damit zumindest die wichtigsten Aufgaben erledigt werden. Sie können dies mit den römischen Ziffern I, II oder III tun.

Priorität I: Ich muß die Aufgabe unbedingt selbst erledigen. Sie ist für meinen beruflichen Erfolg sehr wichtig.

Priorität II: Ich sollte nach Möglichkeit diese Aufgabe erledigen. Sie ist für meinen beruflichen Erfolg bedingt wichtig.

Priorität III bedeutet: Ich kann, wenn es die Zeit zuläßt, diese Arbeit noch machen.

6. Sorgen Sie für einen optimalen Start: Freuen Sie sich auf den vor Ihnen liegenden Tag. Nehmen Sie sich am Morgen ausreichend Zeit zum Aufwachen, zur Morgentoilette und zum Frühstück. Ebenso für Ihre Fahrt oder Ihren Gang zur Arbeit. Vom Start in den Tag hängt oft auch das weitere Gelingen ab. Hektik, die schon von zu Hause mit in die Arbeit gebracht wird, setzt sich dort häufig fort.

7. Reservieren Sie sich stille Stunden und Pausen: Planen Sie auch ab und zu einmal eine stille Stunde ein - privat wie beruflich -, in der Sie sich in sich selbst zurückziehen können. Tragen Sie die "Stille Stunde" wie einen Besprechungstermin ein. Schirmen Sie sich für die "Stille Stunde" ab. Regelmäßig sollten Sie auch Pausen (bei konzentrierter Arbeit zirka jede Stunde eine kurze Pause von fünf bis zehn Minuten) machen. Bei langen, intensiven Arbeitsphasen nimmt ab einem gewissen Zeitpunkt die Konzentration und Leistungsfähigkeit rapide ab.

8. Gewöhnen Sie sich an einen gewissen Arbeitsstil: Schieben Sie nichts auf. Es ist eine weitverbreitete Schwäche, bestimmte Aufgaben, vor allem wenn es sich um unangenehme Dinge handelt, aufzuschieben. Streß kommt in der Vielzahl der Fälle nicht von den erledigten Aufgaben, sondern von den unerledigten. Eine schwierige oder unangenehme Aufgabe, die gelöst ist, vermittelt uns das Gefühl der Zufriedenheit, entspannt und motiviert gleichzeitig. Wenn man hingegen ständig an die vielen unerledigten Dinge denken muß, bremst dies die Schaffenskraft und wirkt demotivierend. Schieben Sie also unangenehme und wichtige Aufgaben nicht auf.

Außerdem: Erledigen Sie immer eine Aufgabe nach der anderen, und lassen Sie sich nicht von Ihren wichtigen Aufgaben durch unwichtige ablenken. Die Ablehnung, Unwichtiges zu tun, ist eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg, sagt Alec MacKenzie.

9. Planen Sie jeden Tag etwas, auf das Sie sich freuen können: Freude ist zweifelsohne ein Lebenselixier. Vorfreude ist die schönste Freude, sagt ein deutsches Sprichwort. Nehmen Sie sich daher jeden Tag etwas vor, auf das Sie sich freuen können, und schreiben Sie dies auch in Ihr Zeitplanbuch. Ganz gleich, ob es sich nun um einen Theaterbesuch, einen Spaziergang durch den Wald oder ein Glas Bier mit einem Freund handelt. Freuen Sie sich auf etwas Schönes.

10. Bereiten Sie jeden Tag nach: So wie Sie den kommenden Tag am Abend vorbereiten, sollten Sie den abgelaufenen Tag am gleichen Abend auch nachbereiten. Nehmen Sie sich vor der Planung des morgigen Tages noch fünf Minuten Zeit, um den heutigen Tag zu resümieren. Sie werden Schwächen und Fehler erkennen, die Sie morgen nicht mehr machen werden, und Sie werden mit dem, was Sie geleistet haben, zufrieden sein können. Und wenn der Tag nicht so ganz nach Ihren Vorstellungen gelaufen ist, so erinnern Sie sich an den folgenden Spruch: "Mach Dir den Tag doch niemals schwerer, ist er nicht Freund, so ist er Lehrer."

All die vorstehenden Punkte machen ein Umdenken nötig und werden zunächst sicher auch etwas mehr an Zeit kosten. Jean-Louis Servant-Schreiber vergleicht dies in seinem Buch "Die 90-Minuten-Stunde" mit einer Diät: Auch derjenige, der abnehmen will, muß noch eine Zeitlang - neben allen Entbehrungen - mit dem unerwünschten Zustand des Dickseins leben. Aber wenn diese harte Zeit vorbei ist, dann fühlt er sich wohl. Er ist schlank und ernährt sich bewußter. Übertragen auf die Nutzung der Zeit bedeutet dies: Über Jahre hinweg gemachte Fehler lassen sich nicht von heute auf morgen korrigieren. Sie werden noch einige Zeit nachwirken, auch wenn man seine Einstellung zur Zeit bereits konsequent geändert hat. Aber: Ein mittelfristiger Erfolg und eine erfolgreiche Zukunft sind sicher!

*Hilmar Wollner ist Marketingleiter des Lehrinstituts Josef Schmidt Colleg GmbH.

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