AMD präsentiert die "Spider"-Plattform

Zu Weihnachten kommt die Spinne

19.11.2007
Gut ein Jahr nach der Übernahme des Grafikkarten- und Chipsatzherstellers ATI präsentiert AMD nun das erste Ergebnis dieser Fusion: "Spider" heißt die Rundumlösung, bestehend aus Mainboard, Prozessor und Grafikkarte. Was den Fachhandel mit der Spinne erwartet, lesen Sie in diesem Beitrag.

Von Boris Böhles

Als "spezielle Plattform für spezielle Nutzer" beschreibt Guiseppe Amato, technischer Direktor für Vertrieb und Marketing bei AMD, das auf den Namen "Spider" getaufte Trio, bestehend aus Mainboard, Prozessor und Grafikkarte. Es ist das erste "richtige" Gesamtprodukt für Desktop-PCs, das der Chiphersteller nach der Akquise von ATI vor rund einem Jahr präsentiert. Rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft sind die Systeme nun verfügbar und sollen die Konkurrenten Intel und Nvidia das Fürchten lehren.

Was verbirgt sich hinter Spider? Die Plattform besteht aus einer Kombination von AMDs neuem Desktop-Vierkern-Prozessor "Phenom", einer Hauptplatine mit ebenfalls neuem 7er-Chipsatz und einer Grafikkarte der brandneuen "HD38x0"-Serie.

Zwar hat eine Spinne acht Beine, AMD nennt jedoch für das diesjährige Weihnachtsgeschäft drei Zielgruppen, die durch die Spider-Plattform bedient werden sollen. Zwei davon sind Erwachsene, die sich einerseits einen neuen PC wünschen und andererseits hoch auflösendes Fernsehen genießen möchten. Dritte Zielgruppe sind Jugendliche, die einen Computer zum Spielen nutzen. Amato nennt vor allem Eltern als potenzielle Käufer, die PCs an ihre Kinder zum Arbeiten und Spielen verschenken möchten. Für all diese Bedürfnisse soll laut AMD Spider die richtige Plattform sein.

Clou des Ganzen: Die Systeme sollen leistungsfähig und gleich-zeitig stromsparend sein und vor allem günstiger als vergleichbare Konkurrenzprodukte.

Die Phenom-CPUs

Die Desktop-Phenom-CPUs basieren auf AMDs neuem Barcelona-Kern (K10-Architektur). Sie werden im 65-nm-Verfahren hergestellt. Die wichtigsten technischen Eckpunkte sind vier native Cores, ein L3-Cache und eine erweiterte SSE-Befehlsarchitektur (SSE4a). Zum Start der Phenom-CPU bringt AMD die drei Modelle "9500", "9600" und "9700" auf den Markt (siehe Tabelle 1). Auch "FX"-Modelle für High-End-Benutzer wird AMD anbieten. Eine detaillierte Beschreibung der technischen Neuerungen von AMDs Barcelona-Prozessoren lesen Sie auf channelpartner.de im Knowledge-Center "Assemblieren".

Die Mainboards

Die Mainboards für die Phenom-CPUs werden mit dem neuen, AMD-hauseigenen 7er-Chipsatz ausgeliefert. Drei Modelle stehen zum Start bereit: Die Mainstream-Lösung "770", die Mittel- bis gehobene Klasse "790X" und die High-End-Version "790FX". Als Sockel für die Phenom-CPUs kommt der "AM2+" zum Einsatz. Der Chipsatz unterstützt den PCI-Express-2.0-Standard und soll den Einsatz von bis zu vier Grafikkarten ermöglichen (mit 790FX-Chipsatz). Als Arbeitsspeicher können DDR2-Module mit bis zu 1.066 MHz Arbeitstakt verbaut werden.

Außerdem implementiert AMD die Overclocking-Funktion "OverDrive", mit der der Anwender eine detaillierte Übertaktung des Systems vornehmen kann. So ist es beispielsweise möglich, den Takt jedes Prozessorkerns einzeln zu regeln, indem man die Front-Side-Bus-Geschwindigkeit und den Multiplikator jedes Kerns verändert. Auch die Spannung, mit der der Prozessor versorgt wird, lässt sich regeln. Die Betriebswerte der Speicherriegel lassen sich ebenfalls manuell konfigurieren. All diese Einstellungen werden über ein einziges Software-Interface unter Windows vorgenommen. AMD verspricht durch das Übertakten bis zu 50 Prozent mehr Leistung.

Damit die Hardware keinen Schaden nehmen kann, stellt AMD drei Optionen zum Übertakten bereit: "Novice Mode" ist die sicherste, in der nur ein Regler in vorgegebenen Stufen bewegt werden kann. Anfänger und mit Übertaktungspraktiken nicht vertraute Benutzer können so ihr System übertakten, ohne dass sie Gefahr laufen, Schaden anzurichten. Der Modus "Advance Mode" hingegen bietet dem Anwender jegliche Kontrolle über alle einzelnen Einstellungsmöglichkeiten und Werte. Als Letztes gibt es noch die "Auto Clock"-Funktion. Das System findet selbst die besten Werte für die einzelnen Komponenten heraus und stellt sie automatisch ein.

Die Grafikkarten

Als Grafikkarten kommen zum Spider-Start die beiden neuen Modelle "HD3850" beziehungsweise "HD3870" auf den Markt. Sie beherrschen zurzeit als einzige Platinen den DirectX-10.1-Standard, den Microsoft mit dem Service-Pack 1 für Windows Vista voraussichtlich im ersten Quartal 2008 einführt. Ob die Spielentwickler die Schnittstelle allerdings unterstützen werden, ist fraglich. Das Unternehmen Crytek, das das grafisch neue Maßstäbe setzende Computerspiel "Crysis" auf den Markt gebracht hat, bewertet DirectX-10.1 als "nicht wichtig" genug und will daher auf eine Unterstützung komplett verzichten.

Die GPUs der HD38x0-Karten werden erstmals im 55-nm-Verfahren gefertigt, und als Schnittstelle kommt der PCI-Express-2.0-Slot zum Einsatz. Wie bereits die Vorgängerserie HD2000 können die neuen Karten HD-Videomaterial inklusive Sound über HDMI ausgeben. Ferner sollen sie den Prozessor bei der Dekodierung der Videos entlasten. Dies soll sich in einem geringen Stromverbrauch des Gesamtsystems niederschlagen. Ohnehin wirbt AMD mit einem mehr als halb so großen Stromverbrauch gegenüber dem vergleichbaren Vorgängermodell (siehe Tabelle 2). Auch an der Lautstärke der Kühlung hat ATI nachgebessert. Die neuen Lüfter sind mit maximal 34 (HD3870) und 31 Dezibel unter Volllast leise. Anfang nächsten Jahres will ATI mit der "HD3870X2" auch eine Platine mit zwei Grafikchips anbieten.

Die weiteren technischen Details entnehmen Sie der Tabelle 3. Einen Test der neuen ATI-Grafikkarten lesen Sie auf ChannelPartner.de im Knowledge-Center "Assemblieren".

Die Preise

Neue Grafikkarte für Spider-Systeme: AMDs ATI HD 3870
Neue Grafikkarte für Spider-Systeme: AMDs ATI HD 3870
Boris Böhles, Redakteur bei ChannelPartner
Boris Böhles, Redakteur bei ChannelPartner
2) Stromverbrauch der Grafikkarten

26

34

68

39

51

200

98

106

200

3) Technische Daten der Grafikkarten

666 Mio.

666 Mio.

700 Mio.

55 nm

55 nm

80 nm

320

320

320

775 MHz

670 MHz

740 MHz

1.125 MHz (2.250 MHz DDR)

830 MHz (1.660 MHz DDR)

825 MHz (1.650 MHz DDR)

497 GigaFlops

428 GigaFlops

475 GigaFlops

PCI-Express 2.0

PCI-Express 2.0

PCI-Express

10.1

10.1

10

1) Technische Daten der CPUs

2,4 GHz

2,3 GHz

2,2 GHz

125 Watt

95 Watt

95 Watt

2 MB

2 MB

2 MB

2 MB

2 MB

2 MB

Es gibt von AMD keine genauen Preisangaben für die einzelnen Komponenten. Tatsache ist, dass die Preise für eine Spider-Plattform relativ gering sind. Die Phenom-CPUs 9500 und 9600 kosten beim Distributor Action IT etwa 190 beziehungsweise 210 Euro (beides HEKs). Das 9700er-Modell war noch nicht gelistet. Für die beiden Grafikkarten gibt AMD Endkundenpreise zwischen 150 und 250 US-Dollar je nach Ausstattung an. Das entspricht ungefähr den deutschen Straßenpreisen in Euro. Die UVPs für die Mainboards liegen je nach Modell und Hersteller zwischen 70 und 250 US-Dollar; auch dies lässt sich auf den deutschen Markt in Euro übertragen.

Kommentar

"Die Spider-Plattform spricht vor allempreisbewusste Anwender an" Das AMD-Rundum-Sorglos-Paket Spider überzeugt vor allem durch den Preis. In ersten Tests konnten die Grafikkarten im Einzeleinsatz allerdings keine neuen Geschwindigkeitsrekorde erzielen. Hier hat Nvidia weiterhin die Nase vorn, verlangt aber für seine Spitzenmodelle sehr hohe Preise. Deshalb spricht die Spider-Plattform vor allem preisbewusste Anwender an, die eine für Multimedia-Anwendungen und Spiele taugliche Maschine kaufen möchten. Der Stromverbrauch der ATI-Grafikkarten ist dankenswerterweise enorm gesunken, und auch die Geräuschkulisse ist angenehm leise.

Händlern und Assemblierern wird mit der neuen Spider-Plattform ein günstiges System mit aktueller Vier-Kern-Prozessor-Technologie geliefert, das es ermöglicht, vier Grafikkarten in einem Rechner anzubieten. Aber auch Intel und Nvidia schlafen nicht und bringen bald neue Produkte auf dem Markt. Es wird daher für AMD sehr schwer werden, sich mit der Spider-Plattform zu behaupten.

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