Zukunftsmarkt Storage

21.01.1999

MÜNCHEN: Die Wachstumsprognosen für Speicherlösungen zeigen steil nach oben. Der Storage-Markt beschränkt sich nicht mehr länger auf den Verkauf von Speicherkapazitäten. Neue Technologien wie Storage Area Network sowie die Verwaltung und ständige Datenverfügbarkeit erfordern Spezialisten.Der Storage-Markt ist eine Goldgrube. Anders lassen sich die Prognosen der Markforschungsinstitute nicht deuten. IDC geht davon aus, daß 1998 in Europa fast neun Milliarden Dollar in Storage-Systeme investiert wurden. Die Analysten rechnen damit, daß der Markt bis zum Jahr 2002 auf circa 13 Milliarden Dollar ansteigt. Richtig deutlich wird das Wachstum auf Kapazitätsebene. In Europa wurden 1998 Speicherlösungen in einer Größe von rund 30.000 Terabyte verkauft. "Im Jahr 2002 werden bis zu 450.000 Terabyte in den Unternehmen installiert", erklärt Claus Egge, Senior Research Analyst bei IDC. Mehr als 60 Prozent davon wandern in Unix- und Windows-NT-Umgebungen. Bis zu 60 Prozent der Gesamtkosten von DV-Installationen sollen bis zur Jahrtausendwende auf Speichersysteme entfallen. "Etwa die Hälfte aller externen Storage-Systeme basieren auf Fibre Channel", rechnet Egge. Der Trend geht in Richtung Storage Area Network (SAN). In Zukunft werden Disk-Arrays und Tape-Libraries nicht mehr direkt am Server installiert, sondern an strategisch günstigen Punkten irgendwo im Netzwerk. Rosige Zeiten für Speicherhersteller und Value Added Reseller - möchte man meinen.

Ein Blick auf den Markt läßt jedoch unwillkürlich die Frage aufkommen, ob die Branche auf dieses Wachstum vorbereitet ist? "Stand heute, nein", lautet das ernüchternde Urteil von Ralph Kreter, Regional Director Sales and Marketing bei Seagate Software NSMG. "In Deutschland gibt es Fachhändler wie sonst nirgends, doch viele verkaufen mehr schlecht als recht. Die meisten retten sich von Monat zu Monat. Nur wenige machen ein solides Business. Für Storage Area Network haben nur wenige die erforderlichen Ressourcen."

Storage Area Network ist ein Lösungsgeschäft

Mit dieser Meinung steht Kreter nicht allein da. Thomas Madsen, Regional Manager Central Europe bei Legato, fordert den Handel auf, sich weiterzubilden und auf Storage zu fokussieren. "Unternehmen mit 10 bis 20 Mitarbeitern können außer Storage keine anderen Produkt- und Beratungsfelder anbieten. Der Bereich Storage-Management bietet Händlern ein Umfeld mit starkem Wachstum, hohen Margen und - weil Datensicherheit für IT-Manager das Thema Nummer eins ist - viel Beratungsbedarf. Gerade vor dem Hintergrund der 2000-Umstellung und des Euros sind externe Berater gefragter denn je, weil die Ressourcen in den Unternehmen ausgebucht sind. Die Datenmengen wachsen, die Abhängigkeit von diesen Daten wächst, alle Unternehmen brauchen Backup und die Erfahrung von Spezialisten."

So sieht es auch Rainer Hilsenbeck, Leiter Marketing & Services bei TIM. "Know-how ist in diesem Bereich der Erfolgsgarant Nummer eins." Hilsenbeck sieht schon im kleinen Umfeld, losgelöst von Storage-Management- und HSM-Lösungen, lukrative Geschäftsmöglichkeiten. "Das Marktpotential ist sehr groß. Tausende von Band-Einzellaufwerken warten beispielsweise in den nächsten zwei Jahren darauf, durch Autoloader abgelöst zu werden." Allerdings ist der Vertrieb der Händler laut Hilsenbeck zur Zeit nicht in der Lage, dem Anwender ein automatisiertes Backup zu verkaufen. "Es fehlt schlichtweg das Wissen und damit die Sicherheit im Verkaufsgespräch, um mit den Kunden über dieses Thema zu reden", so Hilsenbecks frustrierendes Fazit.

Hersteller und Distributoren sind sich einig, daß es immer noch zu wenige Experten für die komplexen Storage-Management-Bedürfnisse großer Unternehmen gibt. Gesucht sind daher Fachhändler und Systemhäuser, die sich auf die Verwaltung komplexer Speichersysteme spezialisieren. Die VARs von morgen stehen jedoch keiner leichten Aufgabe gegenüber.

"Die Probleme, die wir derzeit im Markt beobachten, sind das sich schnell verändernde technische Umfeld, eine wachsende Komplexität und eine steigende Zahl von Netzwerkdisziplinen, die mit dem Thema Storage verbunden sind", erklärt Madsen. Diese Spezialisten brauchen nicht nur spezifische Kenntnisse in den Bereichen Betriebssysteme, zum Beispiel NT, Solaris, AIX, HP-UX, Sinix, Digital Unix oder Sirix, oder in Hardwaresystemen wie Libraries, HD, Raid, EMC Symmetric mit dreifacher Spiegelung. Sie müssen über Kenntnisse hinsichtlich einer großen Zahl von Datenbanken, unter anderem Oracle, Informix, SQL, Sybase, Exchange oder Lotus Notes verfügen. Diese Spezialisten müssen sich aber auch mit der Performance-Optimierung von Servern und den neuen Netzwerktopologien (SAN) auskennen. "Hinzu kommen Kenntnisse in Unternehmensinfrastrukturen für die Definition der individuellen Anforderungen der Unternehmen", sagt Madsen. "Die Berater müssen den Unternehmen aufzeigen, welchen Einfluß Ausfallzeiten von Anwendungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit haben."

Speicherspezialisten sind Mangelware

Die Verzahnung von Storage, Netzwerk, Hard- und Software mit dem Unternehmenserfolg und dessen Fortbestehen stellt gehobene Ansprüche an alle Beteiligten. Der Netzwerkadministrator ist letztendlich der Verantwortliche im Unternehmen. Oft muß er sich allerdings strategischen Entscheidungen aus der Chefetage beugen und darf nicht immer die aus seiner Sicht beste Lösung einsetzen. Immer häufiger entscheidet ein Konglomerat aus technisch ahnungslosen Controllern und Managern, welche Plattform eingeführt wird. Hier ist für Value Added Reseller die Chance. Die IT-Entscheider in den Unternehmen benötigen Beratung, Hilfestellung und später auch Service und Support. Bisher kommen die Consultants meist aus dem Netzwerkbereich. Sich verändernde IT-Strukturen fordern jedoch Storage-Spezialisten, denn das Kapital der Unternehmen schlummert in den gespeicherten Daten. Diese müssen schnell und jederzeit zugriffsbereit sein. Großunternehmen mit Mainframe-Erfahrung haben keine Probleme, diesem Trend zu folgen. Was im PC-Umfeld heutzutage als glorreiche Errungenschaft verkauft wird, wie zum Beispiel Clustering, ist in Rechenzentren mit Mainframes bereits seit Jahrzehnten im Einsatz. Der Mittelstand kann jedoch nicht auf einen solch breiten Erfahrungsschatz zurückgreifen. Firmen mittlerer Größe zählen bereits seit jeher zum Kundenklientel des Fachhandels. Da gerade in Deutschland der Mittelstand eine sehr breite Basis bildet, schließt sich eine Direktbetreuung durch die Hersteller aus. (kfr)

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