Zulassungskriterien am neuen Markt halten schwarze Schafe fern

09.03.1998

FRANKFURT: Mittelständische Firmen haben oft gute Ertrags- und Wachstumsperspektiven. Doch wer sein Potential ausschöpfen und neue Ziele erreichen will, braucht eine ausreichende Eigenkapitalbasis. Bevor sich Unternehmen am Neuen Markt frisches Kapital holen können, müssen sie mehrere Zulassungsvoraussetzungen erfüllen. Christoph Weber* von der Frankfurter DG Bank berichtet.Die Börse als Quelle für frisches Eigenkapital ist eine wichtige Voraussetzung, um das Wachstumspotential des deutschen Mittelstands zu steigern und die strategische Wettbewerbsposition zu verbessern. An der Börse gelistete Unternehmen können nicht nur ihre Eigenkapitaldecke stärken, sondern auch ihre Umsatz- und Ertragsziele steigern. Denn sie erhöhen zugleich ihren Bekanntheitsgrad in den nationalen und internationalen Absatz- und Finanzmärkten.

Der Mittelstand beschäftigt heute 67 Prozent aller Arbeitnehmer, erwirtschaftet 45 Prozent der Bruttowert-schöpfung und stellt 80 Prozent aller Ausbildungsplätze. Gleichwohl bewegen sich die Leistungsträger der deutschen Wirtschaft in einem engen Korsett. So ist die Eigenkapitalquote wachstumsorientierter Mittelständler durchweg zu niedrig. Eine ungenügende Kapitalausstattung stellt insbesondere für junge innovative und risikobehaftete Unternehmen ein erhebliches Investitionshemmnis dar.

Seit der Eröffnung des Neuen Marktes am 10. März 1997 können selbst kleine Unternehmen mit beispielsweise 20 Millionen Umsatz den Weg aufs neue Frankfurter Parkett wagen. Das deutsche Pendant zur New Yorker Nasdaq schließt aber nicht nur eine Finanzierungslücke. Es sichert auch die Innovationfähigkeit und den technologischen Fortschritt jener Unternehmen, die zu Transparenz und Publizität bereit sind.

Inzwischen hat sich der Neue Markt als feste Größe für Wachstums- und High-tech-Werte etabliert. So verzeichnet das tägliche Handelsvolumen kontinuierliche Steigerungsraten. Unter den bis Ende Juli gelisteten 43 Titel gehören 19 in die IT-Branche, vier Börsen-Newcomer entstammen dem Bereich Telekommunikation.

Für eine Poleposition kommen grundsätzlich alle Unternehmen in Frage, die über ein entsprechendes Potential hinsichtlich Umsatz und Gewinn verfügen. Börsenkandidaten müssen bei der Zulassung ihrer Aktien eine Eigenkapitalhöhe von etwa drei Millionen Mark nachweisen. Das Emissionsvolumen muß mindestens zehn Millionen Mark betragen, wobei die Mindestanzahl 100.000 Aktien beträgt. Davon sollten möglichst 50 Prozent aus einer Kapitalerhöhung stammen. Zu den Zulassungs-vorsaussetzungen am Neuen Markt gehört außerdem, daß mindestens 15 Prozent der Aktien in Streubesitz gehen (siehe Tabelle).

Rote Zahlen sind nicht immer ein Handikap

Eine fixe Umsatzuntergrenze gibt es für Börsenbewerber somit nicht. Auch die Ausweisung eines negativen Geschäftsergebnisses bedeutet nicht automatisch das Aus - vorausgesetzt, die Zahlen liegen im Plan und lassen für die Zukunft (zweistellige) Wachstumsraten erkennen. Um keine schwarzen Schafe an die Börse zu bringen und den hohen Qualitätsstandard des Neuen Marktes zu sichern, wird jeder Kandidat im Rahmen eines Vorprüfungsverfahrens auf seine spezifische Innovationsstärke durchleuchtet.

Bei den Zulassungsvoraussetzungen wurde insbesondere auf Regelungen zu Markttransparenz und Anlegerschutz geachtet. Gleichzeitig müssen Unternehmen vierteljährlich ihre Geschäftszahlen nach US-Rechnungslegung GAAP präsentieren. Die Betreuung des Börsengangs durch ein Bankenkonsortium gehört ebenfalls zu den Zulassungskriterien. Damit ist eine Notierung am Neuen Markt an strengere Bedingungen geknüpft als in anderen Handelssegmenten. Das gilt auch für den Prospektinhalt und die Zulassungsfolgepflichten.

Going-public erfordert neben der individuellen Betreuung des Börsenaspiranten eine sorgfältige und weitsichtige Planung. Sowohl auf Seiten der Geschäftsleitung als auch bei der emissionsbegleitenden Bank sollten mindestens drei Monate eingeplant werden, abhängig davon, ob die AG-Umwandlung bereits erfolgt ist. Von großer Bedeutung ist auch die Auswahl des richtigen Konsortialführers, da sich dadurch eine erfolgreiche Plazierung entscheidend beeinflussen läßt.

*Christoph Weber ist Leiter der Abteilung Investment/Banking Grundsatz, Strategie bei der DG Bank in Frankfurt.

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