Zurückhaltender Mittelstand

15.09.2006

Bis dato zeigt sich das SMB-Marktsegment gegen den Zugriff großer IT-Dienstleister weitgehend resistent: Der Nachholbedarf sei entsprechend groß, argumentieren viele, und dieses Segment warte nur auf die richtigen, passend zugeschnittenen Angebote.

Dementsprechend hat eine Umfrage des Berliner Marktforschers Berlecon Research ergeben, dass sich mehr als 40 Prozent der deutschen Anbieter von IT-Services für dieses Jahr Umsatzzuwächse im Mittelstand ausrechnen. Weniger als zehn Prozent der befragten 92 IT-Dienstleister mit mindestens 50 Mitarbeitern gehen von rückläufigen Einnahmen in diesem Segment aus.

Dieser Optimismus erscheint jedoch nicht gerechtfertigt. Denn laut einer EU-Studie, bei der die Marktforscher von E-Business Watch und wiederum Berlecon kooperierten und europaweit mehr als 10.000 Unternehmen aus zehn verschiedenen Branchen zur IT-Nutzung gefragt wurden, geben KMUs zwar im Schnitt fünf bis sechs Prozent ihres Gesamtbudgets für IT aus, doch absolut gesehen ist der Umfang der IT-Projekte im SMB-Umfeld natürlich wesentlich kleiner als im Großkundengeschäft.

Zudem fehlen laut Berlecon alle Hinweise darauf, dass der Mittelstand künftig deutlich mehr investieren wird. Mehr als zwei Drittel der befragten Firmen gehen für das nächste Jahr von unveränderten IT-Budgets aus. Darüber hinaus lagerte allein im vergangenen Jahr jedes fünfte kleine und mittlere Unternehmen IT-Funktionen an externe Dienstleister aus.

Lokale Serviceanbieter klar im Vorteil

Daraus folgern nun Experten, dass es grundlegend für den Aufbau eines profitablen Mittelstandsgeschäfts sei, hochskalierbare Services aufzubauen, die auf effizientem Wege vertrieben werden. Allerdings: Die grundsätzliche Uneinheitlichkeit des KMU-Markts widerspricht diesem Ansatz. Ein Automobilzulieferer mit 200 Mitarbeitern braucht eine komplexe IT, ein Getränkehändler kann dagegen Standard-IT einsetzen.

Infolgedessen, so Berlecon, eigneten sich für SMB-Unternehmen eher lokale IT-Dienstleister, die individuelle Betreuung und Problemlösungen trotz geringer Projektgrößen bieten können. Vorausgesetzt, diese Dienstleister könnten attraktive und elektronisch verteilbare beziehungsweise schnell lieferbare Servicepakete für konkrete Problemstellungen anbieten. Solche Angebote seien derzeit im deutschen IT-Services-Markt eher die Ausnahme als die Regel.

Der Ansatz der meisten großen IT-Dienstleister, mittels Account Management - wie im Großkundengeschäft die Regel - SMB- Kunden zu gewinnen, sei zum Scheitern verurteilt. Die Margen würden allein durch die Anfahrt zur Bestandsaufnahme vor Ort gehörig schrumpfen, und wer glaube, dass sich durch Services die Margen wieder hochziehen ließen, irre.

So folgern die Berliner, dass Kooperationen mit lokalen Partnern, die SMB-spezifische Servicepakete verschiedener IT-Dienstleister liefern und vor Ort beraten, mehr Erfolg versprechen.

Wolfgang Leierseder

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