Zwei IT-Händler im Hochwassergebiet - ein Bericht

29.08.2002
Die Fachhandelskooperation Akcent hat den durch die Flutkatastrophe betroffenen Firmen Hilfe angeboten - und erbracht.

Die Fachhandelskooperation Akcent hat den durch die Flutkatastrophe betroffenen Firmen Hilfe angeboten. Im Rahmen dessen hat der Unternehmensberater Carl Dammermann vergangenen Freitag Firmen in Dresden und Pirna besucht. Hierbei hat ihn Daniel Mangatter, Geschäftsführer des Akcent-Partners Datom GmbH aus Dresden, spontan begleitet. Hier ihr Bericht.

Der Eindruck von Dresden war weitaus besser, als nach den Fernsehberichten zu erwarten. Die Straßen waren sauber, man hat nur noch einen Schleier des Schlamms gesehen und gelegentlich Müllhaufen mit zerstörtem Mobiliar und Fußbodenbrettern. Die Elbe war weitgehend in ihrem Bett, nur noch ein paar Sträucher der Elbwiesen gegenüber der Brühlschen Terrasse waren überspült. Der Wasserstand war etwa ein Meter.

Die erste Firma fanden wir in spontan bezogenen neuen Räume vor - der Umzug war eigentlich erst für Oktober geplant. Die Wände waren noch nicht gemacht, man sieht Backsteinmauerwerk in nicht sehr schöner Ausfertigung mit diversen Spuren der jahrzehntelangen Nutzung. Am vorherigen Standort war der Keller vollgelaufen, mit Werkstatt etc. Das Wasser kam auch in den Verkaufsraum, aber erst nach einigen Tagen, so daß die Verkaufsware und ein Großteil der eigenen Rechner gerettet werden konnte.

Verloren gegangen ist alles, was im Keller war: Werkstatt mit mehreren nicht fertigen Servern, die eigenen Server, der Messestand und das Archiv. Der Keller ist mindestens drei Meter hoch und stand bis zur Decke unter Wasser. Das Wasser der Weißeritz, das 30 Meter entfernt vorbeiläuft, hat den Keller am ersten Abend schon überschwemmt. Wir sahen am Haus gegenüber Spuren von Spritzern bis in vier Meter Höhe, obwohl das Wasser nur 40 Zentimeter hoch stand auf der Straße.

Dem Unternehmer, Wolfgang Eißrich von der HSH KG, war es gelungen, Festplatten mit Firmendaten herauszunehmen, das war alles. Der Keller und alles, was darin war, war von Schlamm überzogen und begann schon jetzt zu schimmeln. Die Luft roch modrig und man traute sich nicht, richtig zu atmen. Der Keller wird ausgeräumt und es wird alles auf dem Müll landen. (Die Prüfungen durch das Finanzamt werden in den nächsten Jahren mangels Masse an zu prüfendem Material sicher kürzer ausfallen.)

Den wirtschaftlichen Schaden beziffert er auf rund 80.000 Euro. Eißrich ist, genauso wie alle seine Mitarbeiter, auch privat betroffen. Bei ihm hat es eine Videoschnittwerkstatt im Keller getroffen. Sein Auto hat er nicht rechtzeitig sichern können, es ist nun ein wirtschaftlicher Totalschaden, allerdings ist es auch schon einige Jahre alt.

Ihm und seiner Mannschaft geht es stimmungsmäßig verhältnismäßig gut. Sie managen einen Neuanfang, und insbesondere Eißrich ist jemand, der im Chaos nicht verzweifelt, sondern auflebt. Er hat zahlreiche Kunden angerufen und hält zu ihnen den Kontakt, wann der Wiederaufbau starten kann. Die Wirtschaftsförderung ist sein Kunde und er hat alles angeleiert, um möglichst schnell alle möglichen Mittel zu erhalten. Das Arbeitsamt bietet allen betroffenen Firmen mit hohen materiellen Verlusten an, dass sie ab August für sechs Monate die gesamte Mannschaft inklusive Geschäftsführung auf Kurzarbeit Null setzten können.

Eißrich fand den Besuch sehr gut. Wir haben ihm gesagt, daß wir sehr viel vom Kooperationsgedanken halten, bei dem einer dem anderen hilft, wenn er in Not ist. Dies ist sehr gut angekommen. Mit einigen Lieferanten hatte Eißrich bereits über Stundungen gesprochen, konnte sich aber nicht an jeden erinnern. Akcent und Zentralregulierungspartner Bertelsmann stehen im Gespräch mit den Lieferanten und sind zuversichtlich, Zahlungsaufschübe erreichen zu können.

In Pirna war das Bild völlig anders: Wir konnten die Innenstadt nicht mit dem Auto befahren. Wir sind dann in die Stadt gegangen und waren erschlagen von den Spuren der Flut, die bis zwei Meter Höhe an den Gebäuden zu sehen waren. Es war eine dunkelgraue Schicht, die alles bedeckt hat. In einem Park war der Rasen nur noch zu erahnen. Alle Bäume, alle Sträucher waren bis zu einer Höhe von zwei Meter mit dieser graubraunen Schlammschicht bedeckt. Vor einem Wohnhaus haben wir einen 1,5 Meter hohen Hügel mit Schlamm gesehen, der aus der Wohnung geschippt worden war. Steine, 20 x 20 x 60 cm, waren aus Begrenzungsmauern gedrückt worden.

Die Straße sind an vielen Stellen unterspült. Auf den Straßen waren Helfer, THW, Feuerwehr, schwere LKW, keine PKW, wenige Anwohner beim Arbeiten. Das Knattern der Zweitaktmotoren der Pumpen und Notstromaggregate und das Brummen der schweren LKW und ein Geruch von Fäulnis lagen in der Luft. Da wo sonst Autos stehen, waren Haufen mit Brettern, Lampen, Autoreifen, Stühlen ... alles mit Schlamm bedeckt.

Die betroffene Firma Herath Büro-Technik GmbH haben wir erst nach einigem Suchen gefunden, Straßenschilder waren auch betroffen. Die Firma hat es zweimal erwischt: Am Montag abend rief die Frau des Unternehmers Bodo Herath ihren Mann an und teitle ihm mit, dass ein kleines Rinnsal die Straße hinunterkäme. Herath meinte, dass es nicht so schlimm sein könne, schaute aus dem Fenster, sah das Rinnsal und kam aus dem ersten Stock auf die Straße. Zu diesem Zeitpunkt war aus dem Rinnsal ein knietiefer Strom geworden.

Herath hatte einen Wagen aus der Tiefgarage geholt. Für weitere Autos war keine Zeit mehr. In der Tiefgarage ist hinterher jemand ertrunken. Herath hatte seine Mitarbeiter angewiesen, möglichst viel aus dem Laden zu nehmen, die oben stehenden Autos zu nehmen und zu verschwinden. So gelang es, einige Autos und viel bewegliche Ware zu sichern. (Im Moment hat er deutlich mehr Schreibtischstühle, als Schreibtische.)

Das Wasser stieg innerhalb von 30 Minuten bis auf zwei Meter. Er und seine Frau hatten sich in den ersten Stock des Hauses gerettet. Der Blumenladen seiner Frau ist komplett weggeschwemmt worden. Am Dienstag war das Wasser weg und alles war bedeckt mit 40 Zentimeter Schlamm. Mittwochnachmittag war das Grundstück der Firma durch gemeinsamen Arbeitseinsatz wieder sauber.

Mittwochabend kam die Flut der Elbe. Sie war auch 2 Meter hoch und hielt bis Sonntag. Montag sank sie. Seit Dienstag sind die Räume der Firma wieder zugänglich. Die Besucher trafen auf eine müde, abgekämpfte Mannschaft und einen Unternehmer Herath, der in den letzten 14 Tagen an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit gearbeitet hat. Er sagte, dies hätte ihn wohl fünf Jahre seines Lebens gekostet. Er zeigte die Räume, die unter Wasser gestanden hatten und in denen der Putz bereits abgeklopft und der Fußboden teilweise neu betoniert war, die Stromzähler gerade neu angeschlossen wurden und Mitarbeiter mit Reinigungsarbeiten beschäftigt waren.

Im Blumenladen war die erste Wand neu verputzt. Er soll diesen Donnerstag wieder geöffnet werden. Der Laden für Bürokommunikation ist im ersten Stock mit den wenigen Waren, die gerettet werden konnten. Außen am Gebäude war ein handgeschriebenes Schild "wir machen weiter, der erste Stock ist geöffnet". Es ist inzwischen ersetzt durch ein ordentlich gesetztes Schild: "Dank unserer Kinder und unserer Mitarbeiter machen wir weiter". Es lag schon im ersten Stock auf dem Boden.

Herath sagt, er habe ein Lager im Wert von rund 180.000 Euro verloren. Herath bittet um gebrauchte Ware, insbesondere im Kopiererbereich, die er aufmöbeln und seinen Kunden zur Verfügung stellen kann. Wir haben einen Kontakt zwischen Herrn Eißrich und Herrn Herath wegen der bestmöglichen Informationen über Fördermittel hergestellt. Eißrich war sofort bereit, seine guten Kontakte dem Akcent-Kollegen zur Verfügung zu stellen, als wir ihn fragten. Ihm war gleich, ob Herath Konkurrent ist.

Wir sind davon überzeugt, daß beide Unternehmen die Krise überstehen und die erlittenen Verluste wettmachen. Sie werden es schneller schaffen, wenn sie Hilfe erhalten. Akcent hat in einem Rundschreiben an alle Partner die Situation beschrieben. Die ersten Hilfsangebote folgten unmittelbar. Partner aus ganz Deutschland helfen mit funktionstüchtiger Gebrauchtware. Aber auch die zeitlich befristete, kostengünstige oder kostenlose Überlassungen von Technikern für einzelne Reparaturen von Netzwerken etc. wird überlegt. Hilfreich wäre natürlich auch die Bereitschaft von Lieferanten, auf Forderungen teilweise oder ganz zu verzichten.

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