Wenn das Netz streikt

So reparieren Sie das LAN Ihres Kunden

Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Alles ist sorgfältig verlegt und angeschlossen, dennoch streikt das Netz. Jetzt ist guter Rat teuer. Wer aber bei der Fehlersuche falsch vorgeht, verschlimmert das Problem.

Egal, ob Heimnetz oder Corporate Network, bei der Fehlersuche sollten Sie auf der untersten Schicht des OSI-Layers, also im Zweifelsfall mit der Netzebene 1 beginnen und sich dann nach oben arbeiten. Auf den höheren und komplexeren Schichten gibt es zwar viel mehr Fehlerquellen. Eine Fehlersuche auf Layer 7 bringt aber nichts, wenn ein Kabel einen Ermüdungsbruch hat. Sie haben die doppelte Arbeit, weil Sie mit der Fehlersuche auf der falschen OSI-Ebene auch noch die Netzeinstellungen zerschossen haben.

Auch optisch unbeschädigt wirkende Kabel sollten überprüft werden.
Auch optisch unbeschädigt wirkende Kabel sollten überprüft werden.
Foto: tr3gin, Shutterstock.com

Tückische Ethernet-Kabel

Der erste Blick sollte den verwendeten Kabelverbindungen gelten. Der einfache Kabelaustausch ist im Heim- oder Testnetz meist noch problemlos möglich, im Enterprise-LAN aber nicht so einfach. Deshalb ist die Anschaffung eines Kabeltesters dringend zu empfehlen. Das Testgerät sollte alle Übertragungsarten (Vollduplex, Gigabit Ethernet etc.) beherrschen, die später im Alltag eine Rolle spielen.

Veraltete Ethernet-Treiber

Eine weitere Fehlerquelle stellen die Netzwerktreiber für die Interface-Karten dar. Die seltsamsten Netzfehler verschwinden häufig nach einem Upgrade der Ethernet-Treiber. Wer auf den Seiten des Motherboard- oder Netzwerkkarten-Herstellers keine neueren Treiber findet, sollte die Flinte nicht gleich ins Korn werfen. Die Chipsatz-Hersteller der Netz-Interfaces offerieren meist aktuelle generische Treiberversionen. Bei Windows-Systemen finden Sie den Chipsatzhersteller in der Regel im "Gerätemanager" unter "Netzwerkadapter".

Inkompatible Jumbo-Frames

Eine weitere, oft übersehene Performance-Bremse sind die so genannten Jumbo-Frames, also überlange Ethernet-Pakete. In Gigabit-Ethernet-Umgebungen sollen sie - zumindest in der Theorie - die Performance bei der Übertragung großer Dateien oder Multimedia-Files deutlich steigern. In der Praxis findet sich allerdings oft das Gegenteil, nämlich deutliche Leistungseinbußen. Die eigentlich clevere Idee der Jumbo-Frames hat nämlich einen Haken: Alle Devices im Netz müssen diese Transferart unterstützen. Erschwerend kommt hinzu, dass dieses Verfahren nicht standardisiert ist, womit in heterogenen Umgebungen Probleme fast programmiert sind. Unser Ratschlag lautet deshalb: Deaktivieren Sie die Jumbo-Frames bis Sie die reibungslose Netzkommunikation in allen Betriebszuständen garantieren können. Danach können Sie mit diesem Performance-Booster experimentieren.

DAU in Aktion

Mit welchen Nutzerfehlern Sie rechnen müssen, zeigt ein Beispiel aus dem Forum unserer Schwesterpublikation Computerwoche. Dort schildert ein Leser, wie er wegen des Problems "Internet geht nicht mehr" zum Kunden gerufen wurde. Vor Ort war der Fehler schnell behoben: Der Switch des Kunden war ausgeschaltet, denn dieser hatte die Steckdose, über die das Gerät mit Strom versorgt wurde, für sein Handy-Ladegerät benötigt.

Ungenügendes Netzdesign

Die konsequenteste Fehlervermeidung beginnt allerdings bereits im Vorfeld beim Netzdesign: Komplexe Netze mit VoIP und anderen Echtzeit-Anforderungen lassen sich nicht einfach mit Halbwissen aufbauen. Hier ist eine konsequente Bedarfsanalyse gefordert, die sich dann im Design niederschlagen muss. Und dieses ist bei der Umsetzung akribisch zu dokumentieren, denn gerade vergessene Komponenten oder Altlasten sorgen häufig für unerklärliche Phänomene.

Schleifen im Netz

Gewachsene Netze, die je nach Bedarf von Zeit zu Zeit erweitert wurden, bergen besonders viel Fehlerpotenzial. Wenn die nachträgliche Installation von Kabeln oder Netzwerkkomponenten nicht akribisch dokumentiert wurde, kann es zu den krudesten Problemen kommen.

So können etwa Schleifen (Loops) im Netz entstehen, die dann ein Switched Network, das eigentlich auf dedizierten Verbindungen basiert, ausbremsen. Denn ein solcher Loop verursacht einen Broadcast-Sturm, der ein ganzes Netzsegment lahm legen kann.

Um das Problem zu vermeiden, hat der Netzbetreuer zwei Optionen: Das Aktivieren des Spanning Tree Protcols (STP), das aber oft von Unmanaged Switches nicht unterstützt wird, oder die Verwendung einer Loopback Detection (LBD), wie sie von verschiedenen Herstellern unter diversen Bezeichnungen offeriert wird.

Schleifen im Netz führen zu den seltsamsten Fehlern.
Schleifen im Netz führen zu den seltsamsten Fehlern.

Hotline-Supporter Schmitt bevorzugt das LBD-Verfahren, denn der Spanning Tree wartet noch mit einigen Tücken auf - doch dazu später mehr. Bei der Loopback Detection ist dann zwischen Port- und VLAN-basierenden Verfahren zu unterscheiden. Während ersteres den Port komplett abschaltet, blockiert letzteres den Verkehr nur im VLAN, ohne den ganzen Port zu sperren.

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