ERP-System in der Formel 1

Wie Marussia Ordnung über 6.500 Teile schafft

18.07.2013


Einen seiner ersten Artikel schrieb René Schmöl, Jahrgang 1982, mit 16 Jahren für die Tageszeitung Freies Wort. Es war ein Interview mit Hape Kerkeling. Dieser Erfolg motivierte ihn, weiterzumachen. Nach sieben Jahren im Lokaljournalismus und einer Ausbildung zum Verlagskaufmann folgte ein Volontariat bei der Verlagsgruppe Handelsblatt. Seit 2007 ist René Schmöl in unterschiedlichen Positionen für Foundry tätig. Momentan als Chef vom Dienst online für cio.de.
Ein schneller Nachschub von Teilen ist im Rennsport wichtig für den Erfolg. Das junge Formel-1-Team Marussia vertraut dabei auf ein ERP-System von Sage.
Graeme Lowden, President & Sporting Director des englisch-russischen Formel-1-Teams Marussia.
Graeme Lowden, President & Sporting Director des englisch-russischen Formel-1-Teams Marussia.
Foto: Marussia

Aus über 6.500 Einzelteilen setzt sich das Formel-1-Auto vom Team Marussia zusammen. Und weil das Rennteam die Autos von Session zu Session neu aufbaut, müssen alle Teile ständig verfügbar sein. Fehlt auch nur ein Teil, kann das im schlimmsten Fall bedeuten, dass der Fahrer nicht starten kann. Damit das nicht passiert, setzt Marussia auf ein ERP-System. Damit können die Mechaniker den Ort jedes einzelnen Bauteils eines Formel-1-Boliden speichern. Denn während der 19 Rennen weltweit tauscht das Team permanent Teile aus oder ergänzt die Fahrzeuge um neue.

"Viele meinen, das wichtigste in der Formel 1 sei Geld. Das ist falsch. Das wichtigste in der Formel 1 ist Zeit", erklärt Graeme Lowden, President & Sporting Director des englisch-russischen Formel-1-Teams Marussia. Genau aus diesem Grund optimieren Ingenieure in der Zentrale im britischen Banbury über die gesamte Rennsaison die Rennwagen ständig weiter. Neue Teile wie zum Beispiel im Aerodynamik-Bereich lässt das Team noch kurz vor dem Rennwochenende einfliegen oder ein Teammitglied nimmt das Teil auf der Reise zur Rennstrecke im Gepäck mit.

"Das ERP-System hat so zu funktionieren, wie wir arbeiten. Wir wollen nichts von Problemen hören. Das System hat zu funktionieren", sagt Graeme Lowden. Er weiß aber auch, dass sein Rennteam das ERP-System ständig pflegen muss. Denn nur so weiß jedes Teammitglied, welches Bauteil gerade im Einsatz ist. Tauscht ein Mechaniker ein Teil aus, notiert er es auf einem Zettel oder trägt es sofort ins System ein. Seriennummern helfen dabei, die Teile zu ordnen. "Die Software gibt uns einen Überblick über den gesamten Lebenszyklus tausender von Teilen", ergänzt Kevin Lee, Betriebsleiter des Formel-1-Teams Marussia.

Insgesamt 27 Tonnen Equipment transportiert die Mannschaft pro Rennen in insgesamt fünf Lkws. Drei Lkws stehen im Paddock Club direkt an der Rennstrecke, zwei außerhalb. Bis zu 60 Mechaniker und Ingenieure können in den Trucks arbeiten. Im Rennbetrieb besonders gefährdete Teile wie die Nase des Formel-1-Boliden lagern zwei bis dreimal in den LKWs von Marussia. Und ein komplettes drittes Auto reist in Einzelteilen im Truck mit. Insgesamt 14 Reifen-Sätze pro Rennen und Auto stehen zur Verfügung. Jeder einzelne Reifen ist im ERP-System registriert.

Sage ERP X3 ist bereits seit Juli 2011 bei Marussia im Einsatz. Das Formel-1-Team steuert mit der Standardsoftware die gesamten Betriebsabläufe, angefangen von der Produktion von Einzelteilen für die Formel-1-Autos über die Lagerlogistik des Rennstalls bis hin zur Finanzbuchhaltung. Pro Jahr wickelt das Team so 45.000 Aufträge ab und hält Kontakt zu 1.800 Formel-1-Lieferanten in zehn verschiedenen Sprachen.

Der Bolide für die Saison 2014 ist bereits fertig, sagt Marussia-Sportdirektor Lowden. Doch einige Herausforderungen bleiben noch. So kommt in der neuen Saison beispielsweise ein neues Hybrid-System zum Einsatz. Dafür wird 50 Prozent mehr Kühlung benötigt. Keine leichte Aufgabe für das Team. Die Anzahl der Teile dürfte somit in der neuen Saison sogar noch steigen.

Das Marussia-Formel-1-Team

Das 2009 gegründete Marussia-Formel-1-Team ist ein kleiner englisch-russischer Herausforderer in der Formel 1. Hauptsitz von Marussia Technical Centres ist das britische Banbury. Das Team gehört mehrheitlich zur russischen Marke Marussia. In den Saisons 2010 und 2011 trat ds Team unter dem Namen Virgin an.

In der Saison 2013 nimmt das Team an der vierten Rennsaison teil. Die besten Platzierungen waren zwei zwölfte Plätze von Charles Pic und Timo Glock in der Saison 2012.

Marussia hat nur ein geringes Formel-1-Budget in Höhe von 100 Millionen Euro pro Jahr. Das Team setzt daher auf Outsourcing. So kommt beispielsweise das KERS-System von Williams zum Einsatz. Mit McLaren besteht eine technische Partnerschaft.

Mitarbeiter und Abteilungen

IT: 8, Rennteam: 60, Aerodynamik: 42, Design: 28, Produktion: 13, Elektronik: 6, Fahrzeug-Performance: 5, Research and Development: 9, Finanzen: 6, Marketing: 9, Personal: 2

Technische Daten Formel-1-Bolide

Name des Autos: MR02
Motor: Cosworth CA2013
KERS: Williams Advanced Engineering
Material vom Fahrgestell: Carbon
Material der "Karosserie": Carbon
Aufhängung vorn: Carbon fibre mit carbon flexure joints
Aufhängung hinten: Carbon fibre
Dämpfer: Penske
Lenkung: Marussia F1 Team designed hydraulic PAS

Konstruktionsdaten:
32 unterschiedliche Karbonfasern,
34 Sorten Stahl,
22 Sorten Aluminium,
8 Sorten Titan

Daten:
2 GB Live-Daten pro Session pro Auto,
1,5 GB Offline-Daten pro Session pro Auto,
150 Datenkanäle pro Auto

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