Missverständliche Werbeaktion

"Schließt Media Markt für immer?"



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Große Aufmerksamkeit ist Media Markt mit seiner "Komplettschließung" für einen Tag sicher. Doch viele Kunden missverstehen die Werbeaktion. Bei Facebook hat Media Markt alle Hände damit zu tun, die "Wiedereröffnung" am 4. Oktober zu erklären.
Der Blick auf die Facebook-Seite von Media Markt zeigt, dass viele Kunden den aktuellen "Schlussverkauf" missverstehen.
Der Blick auf die Facebook-Seite von Media Markt zeigt, dass viele Kunden den aktuellen "Schlussverkauf" missverstehen.

„Wir positionieren uns als Trendsetter und beweisen einmal mehr Mut zu ungewöhnlichen Maßnahmen, die eine hohe Aufmerksamkeit erregen. Das liegt schließlich in der DNA von Media Markt“, so die Antwort des Facebook-Teams der Retail-Kette auf einer der vielen kritischen Kundenanfragen in dem Sozialen Netzwerk. Dass Media Markt gerne auf aufmerksamkeitsstarke und auch provokative Werbeaktionen setzt, trifft zwar zu. Doch dass die Metro-Tochter dabei bereit ist, sogar ihre eigene Existenz zu hinterfragen, ist neu. Ein Blick auf die Resonanz, die Media Markt derzeit bei Facebook erhält, zeigt dass der „größte Schlussverkauf des Jahres“ bei vielen Kunden einen Schuss in die falsche Richtung darstellt.

Während die Werbeaktion der Retail-Kette klar aus zwei Elementen – der "Schließung" am 2. Oktober und der "Wiedereröffnung" am 4. Oktober – besteht, kommt bei vielen Kunden nur der erste Teil der Botschaft an. Kommentare wie „Schließt Media Markt für immer?“ oder „Ich hatte gedacht, es würde jetzt kein Media Markt mehr geben“ häufen sich derzeit auf der Facebook-Seite des Unternehmens. In dem heraufziehenden Shitstorm finden sich dabei auch einige Bemerkungen, die die Marktlage von Media Markt recht gut treffen. So frägt ein Facebook-Nutzer: „Schließt ihr eure Märkte, um etwas später endlich offiziell als Saturn aufzutreten?“ Die Antwort von Media Markt: „Interessante Idee, aber wir bleiben doch lieber, wer wir sind.“ Ein anderer Facebook User schreibt: „Ihr vermarktet eure Werbung schlecht... ‘Nur noch bis... und dann ist Schluss‘ Das klingt als ob ihr gar nicht mehr aufmacht. Wenn dem so ist, sag ich einfach mal: Wofür gibt‘s Amazon.“

Während sich das Social Media Team von Media Markt in vielen Fällen auf ein paar Standardsätze zur Erklärung der aktuellen Werbeaktion beschränkt, gibt es inzwischen auch einige differenziertere Antworten auf die Kommentare der Facebook-Nutzer. „Wir sind ein wirtschaftlich denkendes und handelndes Unternehmen. Wir überlegen uns unsere Marketingmaßnahmen und Aktionen gut“, heißt es dabei etwa. „Wir werden für unsere Kunden sowohl bei der Räumung als auch bei der Wiedereröffnung am 4. Oktober absolut attraktive Schnäppchen bieten und sind davon überzeugt, dass die Aktion sehr gut angenommen werden wird. Bei der Aktion machen alle 255 Media Märkte in Deutschland mit. Jeder Markt hat die Freiheit, die Aktion den Wünschen seiner Kunden anzupassen und so zu gestalten, dass sie zum Erfolg wird.“

Verhöhnt Media Markt echte Insolvenzfälle?

Wer zwischen den Zeilen der Media Markt Kampagne liest, muss sich nicht besonders anstrengen, um an publizitätsträchtige aktuelle Handelspleiten wie etwa ProMarkt und Praktiker zu denken. Das werfen auch einige Facebook-Nutzer der Retail-Kette vor. „Man könnte fast meinen, dass Media Markt damit die Baumarkt-Riesen wie Max Bahr und Praktiker auslachen will mit dem Slogan ‘Wir schließen‘ und dann ‘Haha, aber wir machen wieder auf‘“, so einer der Kommentare. Und weiter: „Nur, dass Praktiker und Co. halt wirklich schließen. Das ist so bescheuert, ich hoffe, das bringt Euch keinen einzigen Kunden mehr! Das ist Volksverdummung. Meint Ihr wirklich wir sind auf den Kopf gefallen? Von mir aus braucht es keinen Media Markt mehr!“

In seiner Antwort bemüht sich das Facebook-Team von Media Markt um eine Abgrenzung von dem Vorwurf der Verhöhnung von echten Unternehmenspleiten: „Das Verschwinden einer Marke und die Schließung von Geschäften im Rahmen einer Insolvenz sind tragisch und für alle Mitarbeiter schwer. Wir wissen, dass dies für den Einzelnen oft einen tiefen Einschnitt bedeutet. Es ist uns daher sehr wichtig, deutlich zu machen, dass wir mit unserer Aktion nicht darauf anspielen oder uns damit vergleichen möchten.“ Media Markt wolle mit seiner Kampagne einen deutschlandweiten Schlussverkauf bewerben – „etwas, das im Allgemeinen positiv belegt ist. Wir hoffen, dass unsere Kunden unsere Kampagne richtig verstehen und erkennen, dass es für Media Markt darum geht, Platz für Neues zu schaffen, und für unsere Kunden um die Möglichkeit, hochwertige Markenware zu absolut attraktiven Preisen zu erwerben.“

Ob Media-Saturn die Werbekampagne noch einmal so machen würde? In der Konzernzentrale in Ingolstadt wartet man wohl neugierig auf das Ende der Woche, wenn klar wird, wie viele Kunden den „Schlussverkauf“ genutzt haben – und wie viele Konsumenten verstanden haben, dass es Media Markt auch in Zukunft noch gibt. (mh)

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