Andreas Bortoli, c-entron, zum Systemhaus-Markt

"Die Zustände sind chaotisch"

Alexander Roth leitet als Geschäftsführer die Geschicke und die Redaktion von Evernine. Der mit Prädikatsdiplom ausgestattete Volkswirt wechselte 2004 in die Medienbranche, wo er zuerst beim Wirtschafts- und Polittalksender Air America Radio in New York City in der Recherche tätig war und in einem weiteren Schritt, wieder zurück in Deutschland, eine zweijährige Festanstellung beim Medienhaus IDG (u.a. PC Welt, Computerwoche, ChannelPartner) inklusive Volontariat absolvierte. Auch ein Besuch der Akademie der Bayerischen Presse (ABP) gehörte zu seiner Ausbildung. 2007 gründete der Münchner (geb. 1977) das Redaktionsbüro Alexander Roth, das er zwischen 2010 und 2011 in die Evernine GmbH umwandelte.
Andreas Bortoli Geschäftsführender Gesellschafter des Ulmer Systemhauses c-entron stellt im Interview mit ChannelPartner dar, an welchen Feldern die interne IT des Channels Nachholbedarf hat, ob ERP in die Cloud wandern wird und wie sich Systemhäuser mit dem Blick auf die strukturellen Veränderungen in der Branche am besten aufstellen. Vorspann

Andreas Bortoli, Geschäftsführender Gesellschafter des Ulmer Systemhauses c-entron, stellt im Interview mit ChannelPartner dar, an welchen Feldern die interne IT des Channels Nachholbedarf hat, ob ERP in die Cloud wandern wird und wie sich Systemhäuser mit dem Blick auf die strukturellen Veränderungen in der Branche am besten aufstellen.

Sie beliefern aktuell rund 600 deutsche Systemhäuser und Fachhändler mit dem Herzstück der IT, nämlich branchenspezifischer ERP Software. Nur wenige kennen vermutlich den Ist-Zustand der Branche besser als Sie. Wie modern arbeitet die deutsche Systemhauslandschaft?

Andreas Bortoli: Um ehrlich zu sein: Die Zustände sind chaotisch und wilder, als man der modernen IT-Branche zutrauen mag. Für uns ist das ein Traum. Die Systemhäuser geben zwar auf ihren Homepages an, dass sie Prozesse verbessern, Kundenlandschaften managen, Serviceleistungen erbringen, IT-Projekte durchführen und so weiter. Dem mag auch so sein: Deutsche Systemhäuser arbeiten durch die Bank gut, wenn es um Kunden geht, also in die Außenrichtung. Aber nach innen - ich muss sagen durch die Bank zumindest im mittelständischen Umfeld - tun sie das fast schon durchweg schlecht. Die Dienstleister nutzen in der Regel fünf bis sechs verschiedene Anwendungen, um ihr Tagesgeschäft abzuwickeln, zudem kommt an vielen Stellen veraltete Software zum Einsatz. Schöner kann es für uns als Anbieter nicht sein.

Sehen Sie Unterschiede, in der Hinsicht je größer desto professioneller?

Bortoli. Eine schöne Frage - wir können keinen Unterschied feststellen. Auch bei größeren Systemhäusern ist das Bild das gleiche. Unsere Standardkunden sind Systemhäuser mit zehn bis 20 Mitarbeitern. Unser kleinster Kunde hat fünf Mitarbeiter, unser größter 300. Mit unserer Software c-entron können wir die klassischen Mittelständischen IT-Systemhäuser abbilden. Bei größeren Häusern ist festzustellen, dass die internen Prozesse durch zusätzliches Qualitätsmanagement unterstützt werden und dadurch die Fehleranfälligkeit deutlich sinkt. Aber intern werden auch hier viele IT-Inseln verwendet, statt eine einzige Branchenlösung.

Wie stellt sich die interne IT in Systemhäusern idealer weise auf und welche Elemente gehören zwingend dazu?

Bortoli Idealerweise benötigt man heute IT für die Auftragsabwicklung, den Einkauf und die Beschaffung, Lager und Materialwirtschaft mit Distributorenintegration und EDI-Anbindungen für den Datenaustausch mit anderen Unternehmen. Dazu kommt ein großes Feld der Ticketerfassung, Serviceplanung und - Abrechnung, sowie Vertragsverwaltung, Zeiterfassung und mehr.

Wo sehen Sie am meisten Nachholbedarf?

Bortoli. Gerade im Umfeld Service-Zeit-Erfassung, Ticketsystem, schnelle Angebotserstellung ohne Artikelanlage, real-time-Preisvergleich mit Verfügbarkeitsmonitor, CRM und Projektverwaltung - da ist es für die Systemhäuser am wichtigstem gut aufgestellt zu sein. Denn Produktivität und ertragreiches Arbeiten sind für uns die beiden wichtigsten Faktoren der Zukunft. Deshalb boomt in der Branche der Bereich Managed Services auch beispielsweise so stark, da Systemtechniker möglichst viele Ihrer Kunden via Software überwachen wollen, um das Maximum an Serviceleistungen oder Service-Pauschalen herauszuholen.

In der Tat stellt "die Cloud" mit all Ihren Facetten die Branche an vielen Stellen vor eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Sie haben Einblick in die traditionellen Geschäftsmodelle von Systemhäusern, wie geht die Branche diese Thematik an?

Bortoli: Fakt ist: Die Cloud liefert einen großen Markt, auch für uns als IT-Reseller. Auf der anderen Seite belastet die Cloud das Hardwaregeschäft, das ist auch Fakt. Die Frage, die sich Systemhäuser stellen sollten: Soll man selbst ein Rechenzentrum aufbauen soll oder sich einem bestehenden anschließen? Meiner Meinung nach kommt nur ein bestehendes in Frage. IBM, Host Europe, Amazon und so weiter. Der Vorteil dort ist einfach die Rückzugsmöglichkeit, wenn ein Kunde dann doch nicht mehr will, kann man einfach seine Server oder seine Leistungen auch reduzieren. Auf jeden Fall sollte man sich als Reseller genau über die Möglichkeiten informieren, damit man am Ball bleibt. Auf keinen Fall handelt es sich hier um eine Blase. sondern um die Zukunft.

Foto: C-entron

Welche Herausforderungen sehen Sie für ihr eigenes Unternehmen?

Bortoli: Auch wir bewegen uns seit zwei Jahren in Richtung Cloud. Unsere Lösung "Web-Suite" bietet beispielsweise ein Serviceportal für technische Mitarbeiter und liefert Ticketsysteme, Serviceplanung, "to-do"-Listen und mehr. Zudem haben wir in unsere Software einen Cloud Web-Service integriert: eine iPad App für den Service-Mitarbeiter. Sie können damit vor Ort via iPad ihre Servicezeiten erfassen und den Kunden unterschreiben lassen - das wird alles über die Cloud verarbeitet. Auch wir wollen die Herausforderungen der Zukunft in den Mittelpunkt stellen, um dem wandelnden Markt der Systemhäuser auf Augenhöhe oder sogar noch einen Tick voraus Lösungen zu bieten.

Sehen Sie ERP künftig in der Cloud?

Bortoli: Da glaube ich in wiederum nicht daran. Momentan. Unserer Meinung und Erfahrung nach - wir haben pro Jahr mit rund 3.000 Systemhäusern engen Kontakt - sind die deutschsprachigen Unternehmen heute noch nicht gewillt ihre Daten in die Cloud zu legen. Es ist einfach Angst die überwiegt. Telekom, Sony, … es gibt genug Negativbeispiele, was mit ausgelagerten Daten passieren kann. Wenn ich jedoch meine Kinder oder generell die junge Generation beobachte, wird sich das ändern. Die Jugend macht sich keine Gedanken, ob Amazon alles weiß über mich. Die interessieren sich nicht, wo die Daten im Facebook liegen. Wenn diese Generation in die Unternehmen eindringt, nach dem Studium oder nach der Schule - dann wird das große Auswirkungen mit sich bringen. BYOD ist die erste Stufe, die Cloud wird die zweite sein.

Was hat c-entron 2013 vor?

Bortoli: Zur CeBIT haben wir unsere neue Cloud-Lösung "ProjectFinder" vorgestellt, mit der sich Projekte jeglicher Art verwalten lassen und die auch eine c-entron Schnittstelle bietet. Zudem werden wir die bestehenden Module erweitern, verbessern, eine Windows 8-App ist gerade in Arbeit, zudem wird es Neues im Umfeld "Managed Services" und Cloud-Module für c-entron geben. Zudem planen wir, die Zusammenarbeit mit den Top-Distributoren auszubauen, was unseren Kunden im Bereich Logistik deutliches Einspar-Potential bringen wird. Auch werden wir Hersteller direkt in die Lösung integrieren. Wie jedes Jahr wollen wir auch in 2013 rund 60 neue Kunden gewinnen. Derzeit sind wir auf einem sehr guten Weg, da wir bereits Ende Mai 2013 schon 32 neue Kunden für c-entron gewonnen haben. (aro)

Zur Startseite