War for Talents

Wie SAP-Partner die Generation Y sehen

Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Die Digital Natives fordern SAP-Partner heraus. Wer auf die Bedürfnisse der IT-Nachwuchskräfte nicht angemessen eingeht, hat im War for Talents schlechte Karten, meinen Personalberater Frank Rechsteiner und Personal-Managerin Claudia Abele vom SAP-Dienstleister All for One Steeb.
Young Professionals stellen die Berufswelt zunehmend auf den Kopf. Wie lässt sich damit am besten umgehen?
Young Professionals stellen die Berufswelt zunehmend auf den Kopf. Wie lässt sich damit am besten umgehen?
Foto: RAM - Fotolia.com

von Hans Koeniges
Sie gilt als selbstbewusst, anspruchsvoll und schwer lenkbar: Was ist dran an den Legenden, die sich um die Generation Y ranken?
Frank Rechsteiner: Tatsächlich sind die zwischen 1980 und 1995 Geborenen wohlbehütet und in materieller Sicherheit aufgewachsen. Sie sind meist gut ausgebildet und von klein auf mit den Möglichkeiten von Internet und mobiler Kommunikation vertraut. Das begründet eine hohe Erwartungshaltung gegenüber den Arbeitgebern, die heute zusätzlich mit der demografischen Entwicklung und dem Fachkräftemangel zu kämpfen haben.

Claudia Abele: Wir machen die Beobachtung, dass unsere jungen Mitarbeiter in der Regel ihr Studium zielgerichtet absolvieren. Kaum einer hat mehr als fünf Jahre an der Hochschule verbracht - Auslandsaufenthalte inbegriffen. Das spiegelt sich auch im Leistungsanspruch der "Genys" im Unternehmen wider. Genauso wichtig ist ihnen jedoch, dass die Arbeitsatmosphäre im Team stimmt und die Führungskraft ihnen auf Augenhöhe begegnet sowie regelmäßiges Feedback und Wertschätzung vermittelt - ansonsten verlassen sie heute recht schnell das Unternehmen. Die Loyalität hat im Vergleich zu früher abgenommen.

Die Führungskraft auf Augenhöhe - ist das im wettbewerbsintensiven SAP-Umfeld realistisch?

Frank Rechsteiner, Personalberater: "Unternehmen müssen eine Kultur des gegenseitigen Respekts etablieren, wenn sie Digital Natives auf Dauer halten wollen."
Frank Rechsteiner, Personalberater: "Unternehmen müssen eine Kultur des gegenseitigen Respekts etablieren, wenn sie Digital Natives auf Dauer halten wollen."
Foto: Privat

Rechsteiner: Viele Digital Natives sind aus Elternhaus, Schule und Universität einen partnerschaftlichen Umgang gewohnt. Das Denken in Hierarchien ist ihnen eher fremd. Autorität besitzt, wer fachlich kompetent ist. Oftmals streben sie für sich selbst nicht unbedingt eine Führungsposition und damit verbundene Spitzengehälter an. Stattdessen ziehen sie die Verantwortung für Inhalte und sachliche Themen vor.

Abele: Wir haben darauf schon früher mit unserem Laufbahnmodell reagiert, das neben einer Führungsaufgabe auch Fachkarrieren anbietet. Wir setzen dieses Modell schon länger um, für Mitarbeiter also, die vor der Generation Y ins Unternehmen kamen und heute unsere Leistungsträger sind. Die Fachlaufbahn kommt gerade Berufsanfängern entgegen, die von Innovationshunger geprägt sind und das Wissen im Unternehmen geradezu aufsaugen. Ich denke hier an aktuelle Trendthemen wie SAP HANA oder Cloud Computing, für die junge IT-Profis große Begeisterung zeigen.

Immer wieder ist auch zu hören, dass für Digital Natives die Work-Life-Balance besonders wichtig sei. Teilen Sie diese Einschätzung?

Abele: Unbedingt. Auch wenn anspruchsvolle Arbeitsinhalte erwartet werden - die "Genys" sind keine Workaholics. Sie fragen schon beim ersten Bewerbungsgespräch nach flexiblen Arbeitszeitmodellen und Teilzeitmöglichkeiten - Frauen, die nach ihrer Kinderphase möglichst fließend wieder einsteigen möchten, aber eben auch ihre männlichen Kollegen. Freizeit, Freunde und Familie werden genauso ernst genommen wie der Job. Dabei ist die Trennlinie nicht mehr so scharf: Die jungen Mitarbeiter gehen nachmittags zu einer Besprechung in die Kita, sind aber auch "always on". Das kommt auch unseren betrieblichen Interessen nach Erreichbarkeit und kürzeren Reaktionszeiten der Mitarbeiter entgegen.

Rechsteiner: Viele SAP-Berufseinsteiger haben im Umfeld ihrer Eltern erlebt, wohin der übermäßige berufliche Einsatz führen kann - sie wurden mit Burn-out und hohen Scheidungsraten konfrontiert. Immer mehr junge SAP-Berater erfahren es zudem als Belastung, an den Werktagen ständig beim Kunden vor Ort und damit vom Familien- und Freundeskreis getrennt zu sein.

Wie sollten Arbeitgeber auf diese Situation reagieren?

Rechsteiner: Es genügt, wenn ein SAP-Berater zwei Tage wöchentlich beim Kunden ist. Die restlichen Tage kann die Betreuung genauso effektiv remote oder vom Home-Office aus erfolgen. Voraussetzung aber ist, dass das Vertrauensverhältnis zwischen SAP-Partner und Kunde stimmt.

Claudia Abele, All for One Steeb: "Die 'Genys'sind keine Workaholics."
Claudia Abele, All for One Steeb: "Die 'Genys'sind keine Workaholics."
Foto: Privat

Abele: Das lässt sich in der Praxis nicht immer durchsetzen. Damit unsere Berater weniger Zeit auf der Straße verbringen, setzen wir neben dem Arbeiten im Home-Office und neben Remote-Einsätzen auf regionale Projekte.

Darüber hinaus versuchen wir so weit wie möglich, den diversen Lebensphasen und Lebensentwürfen unserer Mitarbeiter gerecht zu werden. Hier haben wir feste Programme. Wir arbeiten beispielsweise mit einem Familienservice zusammen, der unsere Mitarbeiter unter anderem bei der Suche nach einer Tagesmutter unterstützt. Aber auch eine konsequente Flexibilität in der Arbeitszeit kommt bei den jungen Mitarbeitern gut an: Vertrauensarbeitszeit, Freiräume bei der Bearbeitung der Aufgaben, der Aufbau von Zeitwertkonten, um sich eine längere Auszeit vom Arbeitsleben nehmen zu können. Hinzu kommt die Möglichkeit, in Teilzeit einzusteigen oder die Arbeitszeit zu reduzieren, wenn es die private Situation erfordert. Dies ist bei uns selbstverständlich auch für Führungskräfte möglich.

Welche Tipps geben Sie anderen Unternehmen, um im Wettbewerb um die besten Köpfe zu bestehen?

Abele: Wichtig ist es, eine Arbeitgebermarke aufzubauen - Employer Branding ist ja in aller Munde. Dabei darf es sich nicht um bloße Werbesprüche handeln, sondern es muss schon eine entsprechende Unternehmenskultur dahinter stecken, die auch nach Abschluss des Arbeitsvertrags hält, was sie in den Bewerbungsgesprächen verspricht. Der War for Talents wird nur dann gewonnen, wenn das, was im Vorfeld an gegenseitigen Erwartungen im Raum steht, im Job auch von beiden Seiten eingelöst wird.

Rechsteiner: SAP-Partner sollten mit dem Berufseinstieg der Generation Y ihre Unternehmenskultur, ihr Führungsverhalten und ihr Personal-Management unter die Lupe nehmen.
So empfiehlt es sich, eine Führungskultur des gegenseitigen Respekts zu etablieren, die neben den längst üblichen Mitarbeiterbeurteilungen auch Chefbeurteilungen vorsieht. Meine langjährige Beraterpraxis zeigt: Wer einmal einen schlechten Ruf als Arbeitgeber erworben hat, kriegt ihn schwer wieder los.
Gerade die technikaffinen Digital Natives nutzen gerne Mitarbeiterbewertungen auf einschlägigen Fachportalen, um Informationen über potenzielle Arbeitgeber zu erhalten. Darüber hinaus sollten SAP-Partner rechtzeitig eine geeignete Strategie zur Rekrutierung qualifizierter Bewerber aus der Generation Y entwickeln - bereits in einem Jahr kann es dafür zu spät sein!

(TecChannel / rb)

Zur Startseite