Sensoren im Web finden

27.04.2006
Nur Webshop-Anbieter, die ihr Produktportfolio beständig erweitern, werden überleben. Hybris ist da auf einem guten Weg, wie das Projekt eines Partners in der Schweiz belegt. Unic hat Kistler nicht nur eine neue Website verpasst, sondern auch einen "product finder".

Von Dr. Ronald Wiltscheck

Die Website des Maschinenbauers Kistler genügte nicht mehr den Anforderungen des Marktes. Das Schweizer Unternehmen stellt Sensoren zur Messung von Druck, Kraft und Beschleunigung her, Abnehmer finden sich in der Automobilbranche, in der Medizintechnik, bei Universitäten und Forschungsinstituten.

Diese Kunden wollen sich auch im Webbrowser detailliert über das Angebot der etwa 4.000 unterschiedlichen Sensoren informieren. Bis Mitte des Vorjahres war dies aber nicht möglich. Kistler konnte eben nicht so einfach all seine Produktdaten statisch ins Netz stellen, sie sollten schließlich auch schnell gefunden werden können, auch über Suchmaschinen wie die von Google. Außerdem ist die Variantenvielfalt der von Kistler angebotenen Sensoren zu groß, als dass sie alle auf einer Webpage dargestellt werden könnten.

Ein Produkt-Informations-System war gefragt

Hier war den Verantwortlichen in der IT-Abteilung rasch klar, dass so ein Angebot nur dynamisch aus einem ausgereiften Content-Management-System heraus zu realisieren war. Daraufhin kam Kistler mit mehreren Anbietern derartiger Systeme in Kontakt, auch mit dem Hybris-Partner Unic Internet Solutions. Dieser machte dem potenziellen Kunden rasch klar, dass seine Wünsche mit einem herkömmlichen Content-Management-System nicht zu verwirklichen waren. "Für Kistler hatte nur ein echtes Produkt-Informations-System (PIM) Sinn", erinnert sich Unics Marketingleiter Bernardo Egli an die damaligen Gespräche. Daraufhin bekam der Internet-Dienstleister den Zuschlag.

Die Verhandlungen über den Umfang des anvisierten Projekts dauerten etwa zwei Monate. "Dabei mussten wir auch einige Wünsche des Kunden zurechtstutzen", so Egli, ansonsten wäre das Projekt in der vorgesehenen Zeit nicht durchführbar gewesen. Anschließend begann Unic mit dem Erstellen eines detaillierten Konzepts zum Aufbau der neuen Kistler-Website. Bis Mitte 2005 bestand diese lediglich aus statischen Listen, die auf PDF-Dateien der Datenblätter verwiesen. Ziel des Projektes war es, die Produktsuche für Kunden wesentlich zu vereinfachen. So sollte der Besucher der Kistler-Website die Gelegenheit erhalten, schrittweise weitere detaillierte Auswahlattribute auszuwählen, um auf diese Weise zu dem gewünschten Sensor vorzudringen. Hierzu mussten sich erstmals Unics-Mitarbeiter gemeinsam mit IT-Verantwortlichen beim Kunden die gesamte Struktur der digitalen Produktdaten genauer ansehen.

Herausforderung Datenmodell für Sensoren

Zu Beginn waren die Projektbeteiligten noch zuversichtlich, dass die Produkte gut strukturiert wären. Dies traf aber nicht zu. Sehr viele historische Ausnahmen und Besonderheiten zwangen den Dienstleister, ein so genanntes generisches Datenmodell aufzubauen.

Es galt, die verschiedenen Merkmale der Produkte zu erfassen: Handelt es sich um ein Druck-, Beschleunigungs- oder Kraftsensor? Piezoelektrisch oder piezoresistiv? Und so weiter. Zum Schluss sollte der Kunde eine Auswahl Sensoren bekommen, sortiert etwa nach Messbereich, Anschlussgewinde und Verstärkungsfaktor.

Das generische Unic-Datenmodell entsprechend den Vorgaben des Kunden zu befüllen, nahm deshalb mehr Zeit in Anspruch, als dafür in der Konzeptphase vorgesehen war. Dennoch ist das System zum anvisierten Zeitpunkt im Mai 2005 live gegangen. Während die Konzeptphase mit zwei Monaten relativ großzügig bemessen war, gingen die anschließenden technischen Arbeiten sehr schnell von der Hand. Sie nahmen lediglich sechs Monate in Anspruch, inklusiver aller Tests, der Schulung des Systemadministrators beim Kunden und des kompletten Roll-outs.

Seit einem Jahr werkelt nun die E-Business-Plattform unter der Webpräsenz des Sensorherstellers. Alle Produktdaten sind in einer Datenbank erfasst, diese generiert auch die Antworten auf Suchanfragen der Kistler-Kunden. Sowohl die Produktbeschreibung als freien Text als auch die technischen Daten in Tabellenform liefert die Hybris-Datenbank an den Webserver on demand aus.

Produktmerkmale werden vererbt

Ein weiterer Pluspunkt der Hybris-Lösung war der "Vererbungsmechanismus": Wirklich händisch in das System eingeben musste Kistler nur etwa 500 Basisprodukte. Sie tragen alle Merkmale, die ein Sensor überhaupt haben kann. Um jetzt alle mögliche Varianten, insgesamt etwa 30.000 an der Zahl, anzulegen, müssen nur Parameter verändert werden - alle mit dem Basismodell identischen Eigenschaften werden vererbt. Dieser Mechanismus funktioniert auch für die für den Maschinenbauer so wichtige Unterstützung von 18 verschiedenen Fremdsprachen. Länderspezifische Feinheiten - etwa zwischen Frankreich und der französischsprachigen Schweiz - lassen sich dabei zusätzlich individuell einstellen. Im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen hat sich Kistler beim Aufbau der internationalen Webpräsenzen nach eigenen Angaben rund 60 Prozent der Zeit erspart.

Extranet stärkt die Kundenbindung

Diese Arbeiten führte Kistler zusammen mit dem Kunden im Rahmen der zweiten Projektphase durch, die im Juni dieses Jahres abgeschlossen wird. Darin eingeschlossen ist auch der Aufbau des Extranets.

Denn obwohl die Sensoren für den klassischen Onlineshop eigentlich zu beratungsintensiv sind, nutzt Kistler die E-Commerce-Idee und bietet seinen Kunden die Möglichkeit, auf der Website Produkte in den Einkaufswagen zu legen. Direkt bestellen kann er allerdings die Produkte (noch) nicht. Auf Basis der vom Kunden getroffenen Vorauswahl kontaktiert ihn ein Kistler-Berater und macht die eigentliche Bestellung telefonisch perfekt.

Im Extranet müssen sich alle Kunden des Maschinenbauers persönlich authentifizieren, daraufhin werden sie von den für sie zuständigen Sachbearbeitern automatisch identifiziert. Außerdem erhalten registrierte Kunden im Extranet speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Informationen wie Betriebsanleitungen oder Zertifikate, die die Wirkungsweise eines Sensors erläutern.

Hierbei profitiert Kistler auch vom eigenen CRM-System Sales Logix. Die Hybris-E-Business-Plattform ist direkt an das Kundensteuerungssystem von Sage angebunden. Damit erhalten die verantwortlichen Berater des Maschinenbauers unmittelbaren Zugriff auf die Daten ihrer Kunden, lesen deren Bestellhistorie und können ihnen dementsprechend Rabatte anbieten. "Unsere Website ist von einer statischen Informationsquelle zu einer interaktiven Kommunikations- und Vertriebsplattform gereift", beurteilt Thomas Berther, Leiter Konzernstab bei Kistler, den neuen Webauftritt.

Doch damit nicht genug: Die Produkt-Management-Software ist auch mit dem ERP-System gekoppelt, in diesem Fall dem von Baan. So lassen sich etwa Typennummern der Sensoren direkt aus der ERP-Datenbank importieren und werden dann über eine webbasierte Administrationsschnittstelle mit zusätzlichen Informationen wie Bildern und Produktbeschreibungen ergänzt. Beide Systeme tauschen sich regelmäßig aus, damit sich die dort vorhandenen Daten stets auf dem gleichen Stand befinden.

Nachfolgeprojekt steht schon fest

Vom Auftragszuschlag im Herbst 2004 bis zum heutigen Tage hat Unic gemeinsam mit seinem Kunden etwa viereinhalb Mannjahre in das Projekt gesteckt. Und die Arbeit geht nicht aus. Nach Beginn der nächste Phase Mitte dieses Jahres sollen Kistlers Produktdaten in weitere Kanäle einfließen: etwa auf eine elektronische Beschaffungsplattform für Großkunden, die ihre Produkte direkt mit den Angeboten ihrer Lieferanten verlinken möchten.

Auch gedruckte und elektronische Kataloge, CDs und DVDs stehen nun auf der Pipeline. Das Ziel lautet dabei "individualisierte" Kataloge, das heißt, es wird nicht nur deren verschiedene Sprach- und Länderversionen geben, sondern auch Spezialangebote für bestimmte Märkte, Branchen und Anwendungsfälle.

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