Techniken unter der Lupe

Breitband für alle – eine Marktübersicht

Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Verbraucher und Unternehmen werden beim schnellen Internetzugang mit einem Technik-Mix leben müssen. Eine Übersicht.
Zwischen Wahrheit und Wunschdenken: Eine flächendeckende Versorgung mit Breitband ist in Deutschland noch immer Utopie.
Zwischen Wahrheit und Wunschdenken: Eine flächendeckende Versorgung mit Breitband ist in Deutschland noch immer Utopie.
Foto:

Mit der Forderung nach einer flächendeckenden Breitbandversorgung für alle waren die Grünen in das Jahr 2011 gestartet. Begnügte sich die Partei noch mit 2 Mbit/s, legte die Union kurze Zeit später die Messlatte bei 16 Mbit/s an. Und der frühere Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle fordert gar, dass im Jahr 2018 flächendeckend 50 Mbit/s zur Verfügung stehen.

Davon ist die Breitbandrealität noch weit entfernt: Unter den Top 20 der Länder, die Breitbandinitiativen priorisieren, ist Deutschland immer noch nicht zu finden. Und die Wirtschaftsprüfer von Deloitte kommen in ihrer Studie "Breitband Reloaded" zu dem Ergebnis, dass im Januar 2011 hierzulande lediglich 150.000 Endkunden bereits einen Glasfaseranschluss nutzten und erst 600.000 Haushalte an Glasfasernetze angebunden waren. Gründe für den schleppenden Ausbau sieht das Beratungshaus in den hohen Anschlusskosten von bis zu 3.300 Euro bei "Fiber to the Home" (FTTH).

Die dominierende Technik ist hierzulande xDSL mit einem Markanteil von 88 Prozent, sagt Robert Stumpf, Senior Executive und Netzexperte bei Accenture. Kurz- und mittelfristig dürften aber die Kabel-TV-Anbieter Marktanteile erobern. Sie erreichen mehr als 60 Prozent aller deutschen Haushalte und können mit der Umrüstung auf die Spezifikation Docsis 3.0 für Kabelmodem-Schnittstellen kurzfristig Bandbreiten um die 100 Mbit/s anbieten.

Allerdings wird es diese leitungsgebundenen Techniken aufgrund der hohen Investitionskosten kaum flächendeckend geben. Wer nicht in einem der Ausbaugebiete wohnt, muss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass sich dort ein schneller Breitbandzugang nur via Satellit oder per LTE realisieren lässt. Oder er muss selbst zur Schaufel greifen, wie jüngst E-Plus-Chef Thorsten Dirks laut Medienberichten auf dem Kongress des Zentrums für Telekommunikations- und Medienwirtschaft (ZfTM) in Duisburg scherzte: "Wenn die Leute auf dem Land DSL haben wollen, dann müssen sie einen Graben aufmachen und ein Kabel reinlegen."

Technologie-Mix prägt die Zukunft
Für Unternehmen, die ihre Standorte oder Filialen vernetzen, Home-Office-Anwender anbinden oder Außendienstmitarbeiter mobilisieren wollen, hat dies zur Konsequenz, dass sie künftig mit einem Mix aus verschiedenen Techniken planen müssen. Dabei ist nicht jede Technologie für jede Anwendung geeignet. "Geht es um die Internetnutzung im klassischen Sinne (Web Browsing), eignen sich alle Angebote", geht Björn Claaßen, Chief Operating Officer beim Netz- und Last-Mile-Spezialisten Keymile, ins Detail. "Anwendungen mit höheren Anforderungen an die Performance (hochauflösendes IPTV, 3D-TV, Online-Storage und andere Cloud-Dienste) sind nur mit leitungsgebundenen Techniken möglich."

Satellit und LTE sieht er wegen hoher Verzögerung und geringer Up- und Downstream-Bandbreiten nicht als ernstzunehmende Konkurrenz für Glasfaser und Co. Damit bleibt dem Anwender selbst im Breitbandzeitalter das Thema WAN-Optimierung nicht erspart, wenn er die Antwortzeiten der verwendeten Applikationen verbessern will. Martin Walzer, Manager Systems Engineering bei Blue Coat Systems, hat Trost parat: "Latenzzeiten lassen sich immer durch die Optimierung der übertragenen Protokolle verkürzen."

Zur Startseite