Macher-Typen sind nicht mehr gefragt

10 Anforderungen für jeden Projektmanager

27.08.2014
Der Projektmanager mit rein technischer Expertise ist out, findet Mary Gerush von Forrester Research. Sie beschreibt den Projektmanager der nächsten Generation als kommunikativ, kompetent und stark in Soft-Skills.

Der Umgang mit Software in Unternehmen hat sich geändert. Heutzutage kennen sich auch "normale" Mitarbeiter mit Computern leidlich aus. Zudem erwarten die Unternehmensspitzen von neuen IT-Lösungen, dass sie einen nennenswerten Beitrag zum Unternehmenserfolg liefern und die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen.

Für die Arbeit von IT-Projektmanagern bedeutet das: Sie müssen sich umstellen. Technische Expertise ist zwar nach wie vor wichtig für den Erfolg ihrer Arbeit. Viel mehr als bisher aber müssen sich die Projektleiter mit neuen Tugenden schmücken: Sie müssen in Zeiten, wo jeder Euro dreimal umgedreht wird, ihre Arbeit stärker als bisher am Geschäftserfolg ihres Kunden ausrichten. Damit machen sie künftig weniger in IT (Informationstechnologie) als in BT (Business Technology).

Und sie müssen ihre Rolle als Macher über Bord schmeißen und sich als Moderator stärker den Soft-Skills in Teams zuwenden, die sich weitgehend selbst organisieren können. "Mehr reden, weniger schreiben" fasst Mary Gerush die veränderte Aufgabenstellung für den "Next-Generation Project Manager" für Forrester Research zusammen. Es werde zunehmend wichtiger, so Gerush, dass der IT-Projektleiter Teams aufbauen und zusammenhalten könne und zu einer effizienten Zusammenarbeit bringe.

Für ihren Bericht über die Anforderungen an das Projektmanagement (PM) der nächsten Generation hat Gerush für Forrester mit Industriemanagern und IT-Experten aus Großunternehmen ebenso gesprochen wie mit den PM-Professionals aus eigenem Hause.

Aber keine Sorge: Auch die Projektleiter der Zukunft brauchen Wissen über Technologie und ihre Implikationen aufs Business - wenn auch nicht nur. Den Projektmanager, der Projekte aller Art unabhängig von Gegenstand und Inhalt durchführt, wird es auch für Forrester nicht geben.

Im Gegenteil: Je mehr technisches Verständnis er mitbringt, desto besser fühlen sich befragte Mitarbeiter bei dem Projektmanager mit ihren Sorgen und Nöten aufgehoben. Und auch wenn er nicht alles verstehen muss, was Entwickler Tag für Tag treiben: Seine technische Expertise befähigt ihn einzuschreiten, wenn er merkt, dass die Teamarbeit nicht funktionieren sollten.

GPM (Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement) Studie 2014 -
Wünsche von Projektmanagern
Die Anforderungen, Wünsche und Erwartungen hauptamtlicher Projektmanager sind Thema einer Befragung der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM). Die Studie wurde in den Jahren 2009, 2011 und 2013 durchgeführt. Die nächste Runde steht 2015 an.
Prioritäten im Job
Dass sie ihre Projekte als motivierend und herausfordernd empfinden, ist den Befragten nach eigener Darstellung wichtiger als die Honorierung.
Mitbestimmung
Wie wird das Personal eingesetzt und wer bestimmt, ob das Vorhaben ein Erfolg ist - in solchen Fragen wollen Projektmanager mitreden.
Unterstützung
Information und personelle Ressourcen sind stärker gefragt als Finanzielles.
Kommunikation
Die befragten Projektmanager geben an, teaminterne Belastungen und Herausforderungen weitgehend selbst meistern zu wollen.
Arbeitgeber
Flexible Arbeitszeiten und ein gutes Arbeitsklima stehen höher im Kurs als Sozialleistungen.

Die Projektmanager der kommenden Generation brauchen nach wie vor ein profundes Fundament in der Handhabung von PM-Werkzeugen. Das seien auch in Zukunft die "Brot & Butter"-Fähigkeiten, so Gerush: Initialisierung von Projekten, Projektplanung, -ausführung und -abschluss. Sie müssen sich mit Risiko-Management genauso auskennen wie mit Change Management und dem Managen von Human Resources.

Ausbildung und Erfahrung von Projektleitern ist als Erfolgskriterium also weiterhin wichtig, aber auch nicht so: Es gibt, schreibt Mary Gerush in ihrem Report, eben auch Mitarbeiter, die ohne viel Vorwissen reüssieren, weil sie eben die kommunikativen und integrativen Fähigkeiten haben, die den Projektmanager der Zukunft auszeichnen. Zusammengefasst: Projektmanager brauchen einen technischen Background, aber vor allem benötigen sie Soft-Skills, um in den Zeiten sich wandelnder Anforderungen bestehen zu können.

Die größten Fehler beim Projektmanagement -
Fehler und Konsequenzen
Fehler beim Projektmanagement können fatal sein. Das Vorhaben verzögert sich oder kostet deutlich mehr. Im schlimmsten Fall scheitert es ganz. Alexander Galdy hat die 14 häufigsten Fehler aufgelistet und schlägt Lösungen vor
1. Das falsche Personal
Der Fehler: Nicht die richtigen Leute für ein Projekt zu haben, kann das ganze Vorhaben sterben lassen. Alle Planungen sind nichts wert, wenn die Talente fehlen.
Die Lösung: IT- und Projektmanagement müssen einen kompletten Überblick über die Fähigkeiten und Belastungsgrenzen des Personals haben.
2. Keine erfahrenen Projektmanager
Der Fehler: Projekte können außer Kontrolle geraten, wenn ein erfahrener Projektmanager am Steuer fehlt.
Die Lösung: Es muss ein Projektmanager her, der über die richtigen Zertifizierungen und die Finesse verfügt, die Akteure zu steuern. Gute Projektmanager verstehen es, Meetings in die gewünschte Richtung zu lenken.
3. Keine Methode
Der Fehler: Keine Methode mit Standards zu haben erhöht das Risiko, dass das Projekt durch das Raster fällt. Dann kann es komplett überarbeitet werden müssen.
Die Lösung: Eine Methodik hilft, Projekte effizienter zu gestalten und informiert über alle Aktivitäten, die bei der Ausführung dazu gehören.
4. Zu viele Prozesse
Der Fehler: Zu viele Prozesse auf einmal machen das Projektteam unflexibel. Was dabei herauskommt ist Frust bei den Beteiligten.
Die Lösung: Flexibel sein und mit Auftraggebern und Projektbeteiligten kommunizieren.
5. Umfangsänderungen werden nicht berücksichtigt
Der Fehler: Das Budget für das Projekt explodiert. Zeitpläne sind nur Makulatur.
Die Lösung: Ein Dokument sollte die spezifischen Änderungen auflisten. Der Projektleiter muss dann ermitteln, wie sie sich auf das Budget und den Zeitplan auswirken. Zuletzt unterschreibt der Auftraggeber den Änderungsantrag.
6. Keine Ahnung über den Status quo
Der Fehler: Bei vielen IT-Projekten fehlen aktuelle Daten über den momentanen Status. Vor allem ist es schier unmöglich, Ressourcen zu koordinieren oder auf Veränderungen zu reagieren.
Die Lösung: Software einsetzen und sich stets über den aktuellen Stand der Dinge informieren.
7. Probleme ignorieren
Der Fehler: Probleme lösen sich leider nicht von selbst. Sie nehmen immer mehr zu, je länger man wartet. Die Folge sind steigende Kosten.
Die Lösung: Wenn mal etwas schief läuft, kommt es anschließend darauf an, wie schnell man es wieder in Ordnung bringt. Also nicht jammern, sondern handeln.
8. Umfang nicht klar definieren
Der Fehler: Wenn der Umfang eines Projekts nicht klar umrissen ist, kann es so aufgeblasen enden wie Elvis in seinen letzten Jahren.
Die Lösung: IT und Business sollten sich zunächst einmal Zeit nehmen und die Grenzen des Projekt strikt feststecken.
9. Zusammenhänge zwischen Projekt nicht sehen
Der Fehler: Projekte laufen niemals isoliert für sich allein. Sie hängen oft mit anderen zusammen. Die Folge: Auch andere Projekt können den Bach runtergehen.
Die Lösung: Zusammenhänge zwischen einzelnen Projekten sollten schon bei der Planung berücksichtigt werden. Dabei hilft es, sich mit allen zu besprechen.
10. Murphy's Law vergessen
Der Fehler: Probleme kann es immer geben. Dann folgt meist eine Zwangspause, während versucht wird, den Laden wieder auf Vordermann zu bringen.
Die Lösung: Zu einer guten Projektplanung gehört ein Risiko-Assessment. Dafür muss das ganze Team überlegen, was passieren könnte.
11. Kein Change Management
Der Fehler: All die Zeit, Geld und harte Arbeit, die man in neue Technologien steckt, bringen nichts, wenn die Anwender diese nicht annehmen.
Die Lösung: Bevor zum Beispiel neue Applikationen implementiert werden, sollte geschaut werden, wo es im Unternehmen Widerstand gibt, um die Leute anzusprechen.
12. Unvollständige Ablaufpläne
Der Fehler: Die Beteiligten wissen oft nicht, was wann zu erledigen ist.
Die Lösung: Zunächst sollten alle Schritte festgelegt werden, die für das Projekt notwendig sind. Als zweiter Schritt muss jedem Punkt eine Deadline gesetzt werden. Hilfreich dabei ist eine entsprechende Software.
13. Unrealistische Deadlines
Der Fehler: Die IT weist zu selten nicht einhaltbare Deadlines zurück, die vorgegeben werden. Dass das Projekt dann nicht just in time läuft, ist kein Wunder.
Die Lösung: Die IT muss erklären, was es kostet, bestimmte Termine einzuhalten. Dann gibt es die Wahl zwischen mehr Kosten oder mehr Zeit.
14. Fachchinesisch
Der Fehler: Die IT kommuniziert oft mit den Auftraggebern und anderen Beteiligten in einer Weise, die keiner außer ihr selbst versteht.
Die Lösung: Von Vorteil ist es, wenn man sich auf die Gegenseite einstellt. Niemand hat Lust, seitenweise Technikbegriffe lesen zu müssen.

Beitrag zum Unternehmenserfolg ist entscheidend

"Die Top-Projektmanager von morgen machen nicht einfach Projekte, sie erzeugen Werte", skizziert Gerush die Hinwendung der IT zum Business. Ihre Aufgabe ist es weniger, Projekte am laufen zu halten - angesichts einer durchschnittlichen Erfolgsrate von gerade einmal 32 Prozent ist aber auch das schon eine Herausforderung. Sie können vielmehr ihre Teams zu besseren Resultaten motivieren, weil sie die Bedürfnisse der Kunden kennen und den Wert, den ihre Arbeit für das Unternehmen hat. Ganz nebenbei verbessern sie damit auch das Verhältnis von IT und Business.

Noch immer gilt bei den von Forrester befragten Unternehmen übrigens ein Projekt als erfolgreich, das on time und on budget abgeschlossen wurde. Allerdings drücken sie hier auch schon mal ein Auge zu, wenn der Projekterfolg das vorgesehen Zeit- und Geldkonto zu überschreiten droht. Der Projektmanager neuer Prägung muss aber in der Lage sein, solche Widerlichkeiten flexibel zu managen, schreibt Mary Gerush.

Und noch einen Trend macht Forrester aus: Statt wie bisher häufig aufgeblasene Lösungen mit wenig Wert zu präsentieren, komme es für Projektmanager zunehmend darauf an, schlank zu arbeiten. Das aber werde die Art der Arbeit "signifikant verändern". Projektleiter seien angehalten, ihre Prozesse zu rationalisieren, unnötigen Aufwand zu vermeiden.

Aller Aufwand sei dem Projekt- und Geschäftserfolg unterzuordnen, fordert Gerush und empfiehlt den Fachleuten, sich am Prinzip der agilen Software-Entwicklung zu orientieren, wo mit schlanken, sich selbst verwaltenden und funktionsübergreifenden Teams gearbeitet werde. (ad/mje)