A.T. Kearney: Outsourcing-Welle bei Netzbetreibern rollt an

01.03.2007
Der Outsorucing-Deal zwischen E-Plus und Alcatel-Lucent ist nach Ansicht der TK-Expterten von A.T. Kearney der Beginn einer Outsourcing-Welle, die sich in den kommen-den drei Jahren massiv ausweiten wird.

Der Outsouccing-Deal zwischen E-Plus und Alcatel-Lucent ist nach Ansicht der TK-Expterten von A.T. Kearney der Beginn einer Outsourcing-Welle, die sich in den kommenden drei Jahren massiv ausweiten wird. Lesen Sie hier die Analyse der Marktforscher:

Mit dem Outsourcing seines Mobilfunknetzes an Alcatel-Lucent folgt E-Plus einem Trend, der sich bereits seit geraumer Zeit in anderen Ländern angekündigt hat. Erfolgreiche Beispiele für das Outsourcing von Teilen des Netzbetriebs und der Netzwartung sind das brasilianische Telekom-Unternehmen Telemar, die Telecom New Zealand und TeliaSonera. Diesen Unternehmen ist es gelungen, dadurch ihre Kosten und Aufwendungen um 20 bis 30 Prozent zu reduzieren.

In Kombination mit einem verbessertem Cashflow, der Reduzierung von Kapitalaufwendungen und Führungskräfteaufgaben zur Fokussierung auf kundenzentrische Themen sind die positiven Auswirkungen auf ein Unternehmen enorm.

Und das ist noch nicht alles: Durch Fremdvergabe ihres Netzbetriebs und der -wartung sind die Betreiber in der Lage, Ressourcen und Investitionen zu reduzieren, den Kundenfokus zu verbessern, variable statt feste Kostenstrukturen zu schaffen und besser auf die Anforderungen eines sich ändernden Marktes zu reagieren sowie den Cashflow zu verbessern.

Man kann davon ausgehen, dass in den nächsten drei Jahren Gesellschaften entstehen werden, die Netze übergreifend für verschiedene konkurrierende Telekommunikationsgesellschaften warten, betreiben und weiter ausbauen. Die Auslagerung des Netzbetriebs von E-Plus an Alcatel-Lucent könnte dabei der Auftakt für Entstehung von Anbieter-übergreifenden Netzgesellschaften sein. Das heißt: Netzgesellschaften betreiben die Netze (oder ein übergreifendes Netz) für mehrere Telekomunternehmen parallel.

Getrieben wird diese Entwicklung vor allem auch durch den stetig steigenden Kostendruck für Telekommunikationsgesellschaften im Fest- und Mobilfunknetz. Für diese liegen die direkten und indirekten Kosten für das Netzwerk aktuell noch bei 40 bis 60 Prozent. Dieser Bereich bietet noch weitreichendes Optimierungspotenzial, nachdem Bereiche wie IT oder Customer-Service schon ausgelagert wurden.

Effizienzpotenziale sind vor allem auch deshalb zu heben, da zahlreiche Netze parallel existieren. Beispielsweise gibt es derzeit in Köln vier Mobilfunknetze sowie drei namhafte Festnetzanbieter und ein Kabelnetzbetreiber. Vermutlich wird die anstehende Konsolidierung zunächst im Mobilfunkbereich verlaufen. So existieren ja bereits Gerüchte, dass Alcatel-Lucent auch das Netz von O2 Germany betreiben wird.

Im Bereich Festnetz werden wohl erst die Netze der Kabelnetzanbieter oder kleinerer Regionalgesellschaften von einer gemeinsamen externen Gesellschaft gewartet bevor die Deutsche Telekom aufgrund politischer Rahmenbedingungen mit einsteigen wird. Allerdings hat die Telekom bereits die Wartung von dem Randbereich Richtfunk an Ericsson ausgelagert.

Die Übernahme des Netzes von E-Plus durch Alcatel-Lucent war im Hinblick auf Volumen und Umfang der Leistung eine ganz neue Dimension für die Branche. In der Vergangenheit gab es zwar bereits zahlreiche Deals im Mobilfunkbereich aber noch keiner von dieser Größe mit einem Übernahme von 750 Mitarbeitern, einer Investition von 1,5 Milliarden Euro über drei Jahre und einer so weitgehenden Übergabe von Funktionen für Wartung, Betrieb und Netzausbau.

Der Festnetzbereich weist hier deutlich weniger Dynamik auf, da die Gesellschaften aufgrund ihrer Historie kompliziert gewachsene Netze besitzen, deutlich mehr Mitarbeiter im Netzbereich beschäftigen und unter stärkerem staatlichen Einfluss stehen. Internationaler Vorreiter ist hier TeliaSonera mit der Auslagerung seines Netzbetrieb in Schweden und Finnland an Flextronics und im internationalen Netz an Ericsson.

Der größte Deal bisher war die geplante Auslagerung von 3.000 technischen Mitarbeitern - etwa 30 Prozent der gesamten Belegschaft - von der Tschechischen Telekom an Siemens im Jahre 2005. Der Vertrag war unterschrieben und ein Pilot lief bereits. Dann aber stoppte die spanische Telefonica den Deal, nachdem sie Mitte 2005 die Tschechische Telekom gekauft hatte.

Die industrielle Logik des Deals ist klar, aber für beide Partner wäre es vorteilhaft weitere Netze mit an Bord zu nehmen, um Größenvorteile zu nutzen. Vor allem Alcatel-Lucent hat vermutlich sein kommerzielles Angebot darauf ausgerichtet, weitere Deals abzuschließen.

Für E-Plus ermöglicht der nun abgeschlossene Vertrag eine Reduzierung der laufenden Kosten durch einen hoch-effizienteren Netzbetrieb eines Netzwerkanbieters und eine Erhöhung des Cash-flows durch die Übergabe von Neu- und Ersatzinvestitionen auf Alcatel-Lucent. Zudem würde das Unternehmen bei Erweiterungen an zusätzlichen Kostensenkungspotenzialen partizipieren. Die zu Grunde liegende Strategie ist die Erreichung der Kostenführerschaft.

Für E-Plus bestehen in der praktischen Umsetzung aber durchaus auch Risiken: So stellen sich beispielsweise die Fragen, was nach drei Jahren "Abhängigkeit" passiert, was geschieht, wenn Service-Level nicht eingehalten werden oder wenn rasche strategische Änderungen notwendig werden?

Für Alcatel-Lucent bedeutet der nun geschlossene Vertrag gleichbleibende, planbare Umsatzerlöse, da das Servicegeschäft sehr viel stabiler als der reine Verkauf von Ausrüstung ist. Zudem hat sich das Unternehmen damit in eine optimale Ausgangssituation zur Übernahme weiterer Netze manövriert und kann von der bestehenden Lernkurve und Skaleneffekten profitieren.

Es besteht jedoch auch hier ein gewisses Risiko: Da Alcatel-Lucent offenbar andere Anbieter - speziell den führenden Serviceanbieter Ericsson und die vom Umsatz im Mobilfunkbereich größere Nokia-Siemens - ausgestochen hat, stellt sich die Frage, inwieweit man mit einem strategischen Preis kalkuliert hat, der sich allerdings bei einem einzelnen Deal nicht rechnen würde. Somit ist der Druck für Alcatel-Lucent hoch, weitere Verträge abzuschließen und die teuer erworbene strategische Position auszunutzen. (haf)