A&O-Pleite: Mitarbeiterentsorgung hat geklappt – morgen Demonstration vor der Siemens-Zentrale

27.09.2007
Die Totalpleite der A&O-Tochtergesellschaften itc und 4tec wird ein Nachspiel haben: Die ehemaligen Sinitec-Mitarbeiter protestieren morgen in München vor der Siemens-Konzernzentrale am Wittelsbacher Platz.
Wer sich gänzlich aus den Vorgängen um die 4tec und itec-Pleite heraushält, ist A&O-Geschäftsführer Michael Müller. Warum?

Die beiden A&O-Töchter 4tec und itec sind definitiv pleite. Am 1. Oktober wird das Insolvenzverfahren gegen sie eröffnet, nachdem auch die letzten Verhandlungen über eine Weiterführung des IT-Dienstleisters gescheitert sind.

Dass viele der rund 550 Mitarbeiter, die Siemens im März 2005 im Paket mit weiteren 550 Mitarbeitern an den Potsdamer IT-Dienstleister A&O Group verschoben hat, arbeitslos werden und dergestalt die Geschichte der Siemens-Tochter Sinitec abgeschlossen wird, wird sich der neue Siemens-Chef Peter Löscher vielleicht morgen überlegen müssen. Denn an diesem Freitag Mittag wollen die ehemaligen Sinitec-Mitarbeiter vor der Münchener Siemens-Zentrale am noblen Wittelsbacher Platz streiken, und ein Plakat, das sie entrollen werden, wird sich so lesen: " Von Siemens verkauft, von Müller verarscht, von SBS vernichtet".

Während zynische Ex-Sinitec-Mitarbeiter von einer "gekonnten Mitarbeiterentsorgung" reden, weshalb sie morgen auch ein Plakat hochhalten werden, auf dem steht "Gestern BenQ, heute a&o iTec, morgen VDO! Und wann sind Sie dran?", steht für die A&O-Mitarbeiter fest: Siemens hat auch bei der jetzigen Totalpleite eine größere Rolle gespielt. Mittels mangelnder Kooperation und "Verantwortungslosigkeit", wie ein Mitarbeiter formulierte.

Denn erstens weigerte sich der Konzern, eine geplante Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG) zu finanzieren, und zweitens haben sich, folgen die Mitarbeiter der Argumentation Wigand Cramers, A&O Beauftragter der IG Metall, die IT-Firmen Fujitsu Siemens Computers (dem PC-Joint Venture zwischen Siemens und Fujitsu) - und Hewlett Packard "als größte Auftraggeber der A&O", geweigert, "an einer Weiterführung konstruktiv mitzuarbeiten".

Die BQG könnte man als eine Art Wiedergutmachung für die beim Verkauf von Sinitec gegebene dreijährige Arbeitsplatzgarantie ansehen, zudem als Kompensation für die nach dem Betriebsübergang an die A&O gemachten Sanierungszugeständnisse der bei A&O übrig gebliebenen 800 Sintecler. Diese erklärten sich nach dem Betriebsübergang zu A&O bereit, Lohnkürzungen bis zu 50 Prozent hinzunehmen und dazu jedes Jahr über 100 unbezahlte Überstunden zu leisten.

Doch um die BQG zu finanzieren, hätte Siemens ein in England eingerichtetes Konto in zweistelliger Millionenhöhe freigeben müssen. Was der Konzern aber nicht getan hat, obwohl das Geld "unstrittig A&O und damit in die Insolvenzmasse" gehöre, wie Cramer sagte. Bei dem Geld handelt es sich laut Informationen von A&O-Mitarbeitern um "Firmenrenten, die beim Verkauf auf ein Sperrkonto in UK übergeben wurden". Allerdings könne "dieses Konto bis 2010 nur mit expliziter Zustimmung von Siemens zugänglich" (Cramer) werden. Dieses Einverständnis werde von Siemens aber bis heute verweigert, da, wie es in einem internen Schreiben eines A&O-Leiters an die Mitarbeiter heißt, "die FSC oder Siemens mit der vorzeitigen Freigabe der Gelder keinen Vorteil" habe.

Womit der zweite Punkt, der Siemens nachdenklich machen könnte, angesprochen ist. Bei der Betriebsübergabe wurden Servicepakete garantiert: Jedes Jahr konnte die A&O Siemens beziehungsweise FSC 70.000 Stunden in Rechnung stellen. Doch FSC verhandelte immer wieder nach und konnte die Serviceleistungen auf 35.000 Stunden drücken. Zudem soll FSC auf die A&O-Tochter "immer Druck ausgeübt" haben, die Stundensätze zu senken. Die itec habe "gute Aufträge und gute Arbeit geleistet", erinnert sich ein Mitarbeiter gegenüber ChannelPartner.

Doch das ist jetzt Makulatur. Mag sein, dass Siemens-Chef Löscher in seinem Haus doch noch eine Topf Geld findet, um wenigstens den Mitarbeitern die BQG zu finanzieren. Geheime Geldtöpfe sind bei Siemens bekanntlich nichts Unübliches. (wl)