Creative Cloud

Adobes langer Weg zur Cloud-Company

07.08.2013 von Ronald Wiltscheck
Adobes Ankündigung, das eigene Lizenzmodell vollständig auf Jahresabonnements umzustellen, erzeugte Anfang Mai 2013 viel Wirbel am Markt. Vor allem in Deutschland war die Akzeptanz der Partner und Kunden auf diese Maßnahme "recht verhalten" - um es vorsichtig auszudrücken.

In einer von ChannelPartner lancierten Umfrage waren nur acht Prozent der Befragten der Meinung, dass sich das neue Abo-Lizenzmodell von Adobe durchsetzen wird.

Stephen Snyder, Vice President Global Channel Sales bei Adobe: "In der Creative Cloud wird die Software kontinuierlich auf den neuesten Stand gebracht, und nicht nur im Rahmen der bisherigen Produktzyklen von ein bis zwei Jahren".
Foto: Adobe

Wohl nicht zuletzt war dies ein Grund für Stephen Snyder, der Münchner Adobe-Niederlassung einen Besuch abzustatten. So rührte auch der weltweite Channel-Chef kräftig die Werbetrommel für die Creative Cloud: "Hier wird die Software kontinuierlich auf den neuesten Stand gebracht, und nicht nur im Rahmen der bisherigen herkömmlichen Produktzyklen von ein bis zwei Jahren." Dieses Argument ist aber alles andere als neu: Security-Anbieter setzen derartige fortlaufende Updates schon seit Jahren ein.

Neu hingegen ist das im Mai 2013 eingeführte Mietmodell. Neukunden müssen also nicht mehr die einmalige Lizenzgebühr an Adobe entrichten, statt dessen sie sind mit einem festen monatlichen Beitrag dabei. An dem Software-Auslieferungsverfahren hat sich hingegen wenig geändert: Die Creative Suite (nun "Cloud") wird nach wie vor größtenteils beim Kunden vor Ort lokal auf dem Rechner installiert. Lediglich diverse Komponenten, etwa zur Zusammenarbeit mit externen Partnern, verbleiben in der Adobe-Cloud. Diese Collaborations-Werkzeuge werden dann tatsächlich im SaaS-Verfahren (Software as a Service) vom Kunden bezogen. So kann der Anwender, wenn er für sich allein arbeitet, dies auch offline, ohne Internet-Verbindung tun. Der Vorteil des Abo-Konzepts liegt im Vergleich zur klassischen Lizenz darin, dass der Kunde fortlaufende neu entwickelte Funktionen und Features nutzen kann.

So konnte Adobe das zweite Quartal des Fiskaljahres 2013 am 31. Mai bereits mir rund 700.000 bezahlten Creative Cloud-Mitgliedschaften weltweit abschließen, hinzu kommen über zwei Millionen Anwender, die das neue Abo-Modell bei Adobe erst noch testen. Damit setzte Adobe mit den "Creative Cloud"-Abonnenments in den Monaten März bis Mai 2013 fast 230 Millionen Dollar um, das entspricht etwas mehr einem Viertel des Gesamtumsatzes von Adobe im zweiten Quartal 2013 (über eine Milliarde Dollar). In Deutschland dürfte dieser Anteil wohl etwas darunter liegen. Laut dem hiesigen Channel-Chef bei Adobe Hardy Köhler gibt es in Deutschland rund 250.000 potentielle Creative Cloud-Kunden, das wären dann also etwas weniger als zehn Prozent der weltweiten Kundenbasis..

Meinung des Redakteuers

Die von Adobe gewählte Bezeichnung "Creative Cloud" für die eigene Software darf zumindest als "unglücklich" bezeichnet werden. Erstens ist dies keine Software aus der Cloud - dies sind nur ein paar Kollaborationskomponenten, und zweitens ist der Zeitpunkt für die Vermarktung der bereits im Mai 2012 angekündigten "Cloud"-Lösung derzeit denkbar ungünstig - angesichts des PRISM-NSA-Skandals. Dabei verbleiben alle mit der "Creative Cloud" bearbeiteten Daten lokal auf dem Rechner des Anwenders, was sich geändert hat, ist lediglich das Lizenzmodell. Der Kunden "mietet" nun die Software für einen bestimmten festen Monatsbetrag. Dies Kunden klar zu machen, obliegt nun dem Adobe-Channel. (rw)

Hardy Köhler Adobe Director of Channels and Territory Sales: "Unsere zertifizierten Partner müssen proaktiv agieren."
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Für Snyder dürften noch zwei bis drei Jahre vergehen, bis alle Anwender auf das Mietmodell umgeschwenkt sind. Hier sieht der weltweite Channel-Chef nun die Vertriebspartner in der Pflicht, die Vorteile der "Creative Cloud" ihren Kunden nahe zu bringen: "Dazu müssen unsere VARs ihre Kunden öfter kontaktieren, was gut ist, denn so lernen sie deren Bedürfnisse besser kennen", argumentiert Snyder. Selbstredend müssen zuvor die Reseller selbst die Vorzüge der "Creative Cloud" für sich entdecken. Hierzu unterbreitet ihnen Adobe ein breites Schulungsangebot. Immerhin arbeitet der Softwarehersteller hier zu Lande mit rund 2.000 Resellern zusammen, etwa 600 von ihnen verfügen über den "Certified"-Status. Vor allem diese zertifizierten Adobe-VARs sollen die "Creative Cloud" an den Mann bringen. Hierfür gewährt ihnen der Softwarehersteller spezielle Boni.

Editionen der Creative Cloud

Insgesamt gibt es die Creative Cloud in drei Ausführungen: als Einzelarbeitsplatz-Abo ("Individual"), als Lizenz für Mittelständler mit zwei bis 100 Usern ("Teams") und als "Enterprise"-Version für Unternehmen mit mehr als 100 Anwendern. Offenbar waren diese drei Pakete noch nicht attraktiv genug, der Kunde musste zum Beispiel immer die komplette Produkt-Range von Adobe beziehen: Photoshop, Illustrator und InDesign. Das hat sich nun am 1. August 2013 geändert. In der "Creative Cloud für Teams"-Variante ist nun der Bezug einer einzelnen Desktop-Applikation möglich. Dieses neue Einzelprodukt-Abonnement innerhalb der Creative Cloud für Teams kostet pro Nutzer 30 Euro netto monatlich. Der Einführungspreis für Bestandskunden beläuft sich auf knappe 20 Euro netto pro Nutzer und Monat in den ersten zwei Jahren der Mitgliedschaft, Die Mindestdauer für ein Abonnement der Creative Cloud beträgt ein Jahr.

Die HEKs in der Distribution für das gesamte "Creative Cloud for Teams"-Paket beginnen bei 26,55 und enden bei 35,49 Euro pro User und Monat (Quelle: ITscope). Zu seinen wichtigsten Distributoren in Deutschland zählt Adobe Also, Ingram Micro, Comline und Tech Data. (rw)