Fahrerlaubnis zu Recht entzogen

Akute Nötigung im Straßenverkehr

18.09.2013
Wer nach seiner Verurteilung das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht vorlegt, verliert den Führerschein.
Verkehrsteilnehmer sollten sich ordentlich verhalten - sonst kann es teuer werden.
Foto:

Einem Autofahrer, der nach einer Verurteilung wegen Nötigung im Straßenverkehr das von ihm geforderte medizinisch-psychologische Gutachten zur Feststellung seiner Fahrtauglichkeit nicht beigebracht hat, durfte zu Recht die Fahrerlaubnis entzogen werden.

Das, so der Erlanger Fachanwalt für Verkehrsrecht Marcus Fischer, Vizepräsident des VdVKA - Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf eine entsprechende Mitteilung des Gerichts vom 14.06.2013 hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt am 10. Juni 2013 in einem Eilverfahren ausgeführt. (Az. 3 L 441/13.NW).

Am 2. Oktober 2010 war der Fahrer eines BMW Z 4 auf dem Heimweg von Mannheim nach Frankenthal. Er fuhr mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h auf der linken Richtungsspur der Hochstraße Nord (B 44) in Ludwigshafen in Fahrtrichtung A 650, als der Antragsteller mit seinem Pkw mit weit überhöhter Geschwindigkeit so dicht auf den Z 4 auffuhr, dass dessen Fahrer nicht mehr die Lampen des Fahrzeugs des Antragstellers erkennen konnte. Kurz danach überholte der Antragsteller den Fahrer des Z 4 auf einer durchgezogenen Linie, schnitt ihn absichtlich und bremste ihn sowie die dahinter fahrenden Kfz ohne Anlass von 70 km/h auf 20 km/h herunter.

In dieser Geschwindigkeit fuhr der Antragsteller dann weiter und verhinderte durch entsprechende Schlenkerandeutungen ein Überholen. Schließlich setzte der Fahrer des Z 4 doch zu einem Überholvorgang an. Der Antragsteller versuchte daraufhin, diesen zu rammen, was aber misslang. Nach einer Weile - inzwischen war eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h erlaubt - holte der Antragsteller den Fahrer des Z 4 wieder ein. Er versuchte den Fahrer des Z 4 auf den Seitenstreifen zu drängen und bremste ihn auf 30 km/h ab. Dieser ging auf die Provokationen des Antragstellers jedoch nicht ein.

Der Fahrer des Z 4 brachte den Vorfall zur Anzeige. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Ludwigshafen vom 13. Mai 2011 wurde der Antragsteller wegen Nötigung im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe von 1.400 € sowie einem Fahrverbot von drei Monaten verurteilt. Die Stadt Ludwigshafen erlangte hiervon Kenntnis und forderte den Antragsteller im Februar 2013 auf, ein medizinisch-psychologischen Gutachten über seine Fahrtauglichkeit beizubringen. Dem kam der Antragsteller in der Folgezeit nicht nach, woraufhin die Stadt Ludwigshafen ihm am 22. April 2013 die Fahrerlaubnis unter Anordnung der sofortigen Vollziehung entzog.

Aktuelle Gerichtsurteile (und Analysen) – Teil 3
Wiederholung einer fristlosen Kündigung
Ein Arbeitgeber, der nach Ausspruch einer Entlassung erstmals von der Schwerbehinderteneigenschaft des Arbeitnehmers erfährt, muss die zweite Kündigung unverzüglich aussprechen.
Über die Zulässigkeit von Keyword-Advertising im Webshop
Internetnutzern wird häufig anhand eines mit der Marke identischen oder verwechselbaren Schlüsselworts die Werbung eines Dritten angezeigt. Der BGH hat ein Urteil dazu gefällt.
Rauchen am Arbeitsplatz – Fragen und Antworten
Dr. Christian Salzbrunn beantwortet die häufigsten Fragen, die sich beim Rauchverbot in Firmen stellen.
Abmahnung einer Baustellen-Webseite
Unternehmen können die gesetzliche Impressumpflicht nicht durch die Verwendung eines Baustellenhinweises unterlaufen. Vielmehr kommt es darauf an, ob auf der Internetseite Leistungen angeboten und auch konkret beworben werden.
Unzulässige Werbung mit "Statt"-Preisen
Die Werbung mit durchgestrichenen "Statt"-Preisen kann unter bestimmten Umständen mehrdeutig und damit irreführend sein. Die Analyse eines Urteils.
Private Internetnutzung am Arbeitsplatz
Darf der Arbeitnehmer den PC mit Internetanschluss jederzeit zu privaten Zwecken nutzen? Und wenn die Nutzung zulässig ist, darf der Arbeitgeber diese uneingeschränkt kontrollieren? Wir klären auf.
Zehn Prozent mehr Sprit – zurück an den Verkäufer!
Ein Autokäufer kann vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn der gekaufte Neuwagen auch unter Testbedingungen über zehn Prozent mehr Kraftstoff verbraucht als im Verkaufsprospekt angegeben.
Abmahnung – wie kann ein Arbeitnehmer reagieren?
Im zweiten Teil unserer Serie "Arbeitsrecht von A bis Z" erfahren Sie, welche Reaktionsmöglichkeiten der Arbeitnehmer im Fall einer Abmahnung hat. Zum Beispiel eine Gegendarstellung oder eine Beschwerde.
Rauswurf wegen Konkurrenztätigkeit
Wer als Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber unerlaubt Konkurrenz macht, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen.

Einmaliges Fehlverhalten

Der Antragsteller suchte hiergegen um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz beim VG Neustadt nach und machte geltend, ein nur einmaliges Fehlverhalten vor mehr als zwei Jahren und ein danach unauffälliges Fahrverhalten schließe eine fehlende Fahreignung seiner Person aus. Er verfüge im Übrigen nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel, um das geforderte Gutachten erstellen zu lassen. Ferner befürchte er den Verlust seines Arbeitsplatzes, da er als bei einer Firma beschäftigter Dachdecker jeden Tag verschiedene Baustellen anfahren müsse.

Der Eilantrag hatte keinen Erfolg, so Fischer. In dem Beschluss wird zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Behörde müsse eine Fahrerlaubnis entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Dies sei hier der Fall. Im Hinblick auf den Vorfall vom 2. Oktober 2010 habe die Stadt Ludwigshafen zu Recht von dem Antragsteller die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens fordern dürfen. Denn die genannte Tatbegehung begründe offensichtlich Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial des Antragstellers.

Aktuelle Gerichtsurteile (und Analysen) – Teil 4
Den Like-Button von Facebook richtig einsetzen
Datenschützer warnen vor dem überall auftauchenden Gefällt-Mir-Button von Facebook. Tatsächlich übermittelt er persönliche Daten, auch ohne dass man ihn angeklickt hat. Was also tun?
Streit um den Urlaubsanspruch
Jahr für Jahr herrscht vor und während der Ferienzeit in vielen Betrieben Streit darüber, ob, wann und wie Betriebsangehörige ihren Jahresurlaub nehmen können.
Kein Rücktrittsrecht nach Mängelbeseitigung
Ein Rücktrittsrecht besteht nur, wenn der Mangel, auf den der Rücktritt gestützt wird, zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung auch gegeben ist. Hans-Georg Herrmann nennt Einzelheiten.
Schwerbehinderte und Diskriminierung
Das Bundesarbeitsgericht hat sich zu den Erfordernissen eines erfolgreichen Schadenersatzanspruchs bei einer möglichen Benachteiligung von Schwerbehinderten geäußert. Stefan Engelhardt nennt Details.
Rechtliche Nebelschwaden um Cloud-Daten
Wenn Cloud-Provider die Daten ihrer Kunden umstrukturieren, greift möglicherweise ein Recht an der neu entstandenen Datenbankstruktur, sagt IT-Anwalt Alexander Duisberg. Nicht alle Anwender und Anbieter haben diese Rechtsfolge vor Augen.
Leih' keinem dein Bankkonto
Wer sein Bankkonto leichtfertig für die Abwicklung betrügerischer Internetgeschäfte zur Verfügung stellt, ist unter Umständen den durch den Betrug Geschädigten zum Schadensersatz verpflichtet.
Urteil zur Stornoreserve
Eine Stornoreserve darf nur in Höhe des verbleibenden Haftungsrisikos einbehalten werden. Eine zum Nachteil des Handelsvertreters abweichende AGB-Bestimmung ist unwirksam. Details von Alexander Rilling.
Kurzarbeitsvereinbarung kann unwirksam sein
Eine vorsorgliche, nur unkonkrete Betriebsvereinbarung über Kurzarbeit ist unwirksam. Der Arbeitgeber muss den vollen Lohn zahlen.
Mitarbeiter muss Arbeitszeit einhalten
Ist in einem Arbeitsvertrag die Dauer der Arbeitszeit nicht ausdrücklich geregelt, so gilt die betriebsübliche Arbeitszeit. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Vergütung für Zeiten zu leisten, in denen der Mitarbeiter nicht gearbeitet hat.
Autowaschstraße – nicht immer ein Anlass zur Freude
Autowaschen im Freien ist in der Regel verboten. Bleibt nur die Fahrt in die Waschstraße. Doch auch hier kann es Ärger geben.
Achten Sie auf die Stolpersteine im Urlaubsrecht
Klaus Dieter Franzen beschreibt, was gilt, wenn ein Arbeitnehmer kurzfristig erst jetzt seinen Sommerurlaub 2013 beantragt oder der Arbeitgeber etwa wegen eines Hochwassersituation Arbeitnehmer aus dem Urlaub zurückrufen will.
Abfindungsberechnung beim Sozialplan
Bei der Bemessung von Leistungen aus einem Sozialplan darf berücksichtigt werden, dass Arbeitnehmer eine Rente beziehen.

Die angeordnete Maßnahme sei auch verhältnismäßig gewesen. Die Einholung des Gutachtens sei erforderlich gewesen, um die Gesamtpersönlichkeit des Antragstellers in den Blick zu nehmen und das Vorliegen von Erkrankungen, die für das aggressive Verhalten ursächlich sein könnten, zu prüfen.

Der Stadt Ludwigshafen sei kein zögerliches oder verspätetes Handeln vorwerfbar. Sie sei bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gegen den Antragsteller gehindert gewesen, Maßnahmen zur Klärung seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen einzuleiten. Die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sei ferner nicht deshalb rechtlich zu beanstanden, weil von einer Bewährung des Antragstellers in der seit dem Vorfall verstrichenen Zeit ausgegangen werden müsste. Eine Bewährung des Betroffenen könne erst nach Ablauf der Tilgungsfristen des Straßenverkehrsgesetzes - hier fünf Jahre - angenommen werden.

Der Antragsteller könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, er verfüge nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel, um das geforderte Gutachten erstellen zu lassen und befürchte den Verlust seines Arbeitsplatzes. Das Gesetz mute dem Betroffenen im Interesse der Verkehrssicherheit zu, diese Kosten zu tragen.

Keine unzulässige Doppelbestrafung

Die Entziehung der Fahrerlaubnis stelle sich schließlich nicht nach der Verurteilung zu einer Geldstrafe und einem dreimonatigen Fahrverbot in dem Strafbefehl vom 13. Mai 2011 als eine unzulässige Doppelbestrafung dar. Denn bei der Überprüfung der Fahreignung handele es sich nicht um eine strafrechtliche Sanktion, sondern um eine präventive Maßnahme im Interesse der Verkehrssicherheit. Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.

Fischer rät, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen unbedingt rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA - Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. (www.vdvka.de) verweist. (oe)

Weitere Informationen und Kontakt:
Marcus Fischer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Vize-Präsident des VdVKA - Verband Deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V., c/o Salleck + Partner, Spardorfer Str. 26, 91054 Erlangen, Tel.: 09131 97799-22, E-Mail: fischer@salleck.de, Internet: www.salleck.de