Was Ihre Mitarbeiter von Ihnen erwarten

Als Führungskraft müssen Sie Vorbild sein

20.11.2012
Mitarbeiter orientieren sich in ihrem Verhalten und den Werten ebenso an ihrem Vorgesetzten wie am Gesamtführungskreis des Unternehmens, für das sie arbeiten, im Guten wie im Schlechten, sagt Karl Heinz A. Lorenz.

Als gute Führungskraft wahrgenommen zu werden, das braucht ein wenig mehr, als die Arbeit seines Teams organisieren zu können, Aufgaben, Posten zu verteilen und hie und da ein wenig zu motivieren. Eine Kernaufgabe jeder Führung ist die Vorbildfunktion. Mitarbeiter orientieren sich in ihrem Verhalten und den Werten ebenso an ihrem Vorgesetzten wie am Gesamtführungskreis des Unternehmens, für das sie arbeiten, im Guten wie im Schlechten. Sie sehen, nehmen auf, bewerten, schließen sich an, lassen sich inspirieren oder handeln dagegen.

Die besondere Verantwortung

Ob nun bewusst oder unbewusst - wenn Sie Mitarbeiter führen, dann dienen Sie diesen als Orientierungsgröße, ob Sie nun wollen oder nicht. Sie sind als Manager in dieser Rolle ein sichtbares Vorbild für Einstellung, Haltung, Werte, Erscheinungsbild und Handlungen. 2011 bejahten in einer Umfrage von Infratest 62 Prozent der Befragten die Frage nach der "besonderen moralischen Verantwortung" von Personen des öffentlichen Lebens. Im Unternehmen kommt diese Aufgabe insbesondere den Führungskräften und sichtbaren Leistungsträgern zu. Sehr pannend dazu sind die Ergebnisse einer Befragung des ZDF aus 2012 zur Wahrnehmung von Managern. Hier schnitt die Gruppe der Führungskräfte nicht allzu gut ab. 78 Prozent waren der Meinung, Manager "Erfüllen moralische Anforderungen nicht".

Das Fehlen dieser Vorbildfunktion (z.B. bei nichtbesetzter oder mangelhaft präsenten Führungsposition), die idealer Weise natürlich positiv belegt sein sollte, führt über Kurz oder Lang zu einer Desorientierung der Mitarbeiter, zu Demotivation, Resignation und kann dann im schlimmsten Fall sogar zu einer Auflösung tragender Unternehmenswerte führen.

Ein guter Anlass, wie ich meine, über das eigene Verhalten in der Führungsrolle nachzudenken, ob es dem gewünschten Vorbildprofil, welches wir darstellen wollen, tatsächlich auch entspricht.

Nicht nur hilfreich, sondern notwendig dabei ist ein gezielter Abgleich von Selbst- und Fremdbild. Mindestens einmal pro Jahr sollten sich Führungskräfte - wörtlich genommen - "in Frage stellen". Mindestens prüfen: Welche Stärken werden wahrgenommen, welche Schwächen, was ist typisch für mich, wie kommt meine Führung an?

Manche Unternehmen haben solche Überprüfungsprozesse in Form von Performance Review Systemen etabliert, andere sogar mit 360-Grad-Feedback und wieder andere überlassen das dem Zufall - pardon - der Freiwilligkeit oder im schlechtesten Falle der Beliebigkeit.

Was sich Mitarbeiter vom Chef wünschen

In zahlreichen Seminaren für Mitarbeiter (z.B. Teamentwicklungen) und bei der Qualifizierung von Führungskräften wird die Erwartungshaltung an "Gute Führungskräfte" abgefragt und bearbeitet. Im Mittelpunkt stehen dabei persönliche Eigenschaften, direktes Fachwissen aus dem jeweiligen Arbeitsbereich, sowie methodische Fähigkeiten:

- Offenheit und eine gute Kommunikation

- Loyalität und Rückhalt

- Authentizität und Glaubwürdigkeit

- Aufmerksamkeit und Zeit für Gespräche

- Faire Reviews

- Fordern und positiven Druck

- Gerechte Entlohnung

- Perspektive geben können

- Lob und Anerkennung

- Konstruktive Kritik, beiderseitig

- Ordentliches Fachwissen zu den Aufgabenbereichen des Teams/der Mitarbeiter

Angesichts dieser häufig genannten Punkte mutet es doch verwunderlich an, dass viele Führungskräfte nicht nur ahnen, sondern feststellen müssen, viel zu wenig Zeit für ihre Mitarbeiter zu haben und viel zu viel mit Schreibtischarbeit, Auswertungen und Berichten für die nächsthöhere Führungsebene beschäftigt zu sein.

Wer die Chefrolle hat, der muss also genügend Zeit zum Führen einplanen, tatsächlich auch zur Verfügung stellen und für diesen Führungsfreiraum notfalls kämpfen.

Unternehmenskultur, Leitlinien und Souveränität

Ein Unternehmen kann seinen Führungskräften bei all dem durchaus unter die Arme greifen.

Unternehmenskultur und Führungsleitlinien sind nicht identisch, zielen jedoch mit ihren Botschaften in die gleiche Richtung. Die Unternehmenskultur ist für die Identität einer Firma wichtig bzw. beschreibt und zeigt diese nach innen wie nach außen. Inhaltliche, durchaus auch individuelle Leitlinien für Führungskräfte wiederum helfen diesen, die immanente oder auch angestrebte Unternehmenskultur bei der täglichen Führungsarbeit umzusetzen. Sie liefern Orientierungsgrößen und Maßstab für das Handeln der Führungskräfte. In der Fortsetzung dessen werden sie dann zu Vorbildgrößen und Vorbildwerten für die Mitarbeiter auf allen Ebenen. In Qualifizierungsprogrammen für Führungskräfte sollten diese Inhalte stets integriert sein und mit langfristiger Wirkung vermittelt werden. Führungstrainings sollten idealer Weise stets um diese Punkte erweitert und angepasst werden.

Vorbildlich führen

Gerade in Veränderungssituationen, jedoch auch im durchschnittlichen Arbeitsalltag geben Sie als Manager mit vorbildlichem Verhalten und positiver Einstellung Orientierung, Sicherheit und Motivation. Gleichzeitig werden Sie sich selbst dabei als Mensch und Manager weiterentwickeln, Ihr Kompetenzspektrum erweitern, neue Einsichten und neue Perspektiven erfahren, Eigen- und Fremdbild klären und in Ihrer Persönlichkeit mit jedem Tag mehr wachsen und Schritt für Schritt den Grad an Souveränität erlangen, die Sie sich wünschen. (oe)

Der Autor Karl Heinz Lorenz ist Diplom Betriebswirt (DH), Berater, Managementtrainer, Hochschuldozent, Inhaber von Lorenz Seminare Personality- & Competence-Training, Weidenthal, und Autor "Typisch Kunde!", erschienen im Lorenz Verlag Elmstein, www.lorenz-verlag.de.
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Tel.: 06329 989243, E-Mail: info@lorenz-seminare.de