Bewerbung von Produkten

"Anlockeffekt" ruft Gericht auf den Plan

07.11.2011
Manfred Wagner und Claudia Bender-Jakobi raten zu Vorsicht bei unklaren Materialbezeichnungen.

In der Werbung sind sie überaus beliebt: blumige Begriffe für Materialien, die optisch an Naturmaterialien erinnern oder auf hochwertige Materialeigenschaften hinweisen, während es sich tatsächlich um einen preiswerteren Stoff handelt. Hierzu zählen zum Beispiel Aussagen wie "Buchedekor", "Kirschbaumdekor" oder auch "Textilleder". Betroffen sind hauptsächlich Möbel, aber auch Produkte aus dem Unterhaltungselektronikbereich.

Mit Urteil vom 1. April 2011 (OLG Hamm, Urteil v. 01.04.11, Az. I-4 U 203/10) wurde die Verwendung der Bezeichnungen "Buchedekor" oder "Kirschbaumdekor" für ein Möbelstück untersagt, dessen äußere Flächen mit einer Kunststofffolie überzogen sind, die an eine Holzart, nämlich Buche oder Kirschbaum, erinnert.

Das Oberlandesgericht Hamm ging von einer irreführenden geschäftlichen Handlung nach § 5 I Nr. 1 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) aus. Ein nicht unerheblicher Teil der maßgeblichen allgemeinen Verkehrskreise werde annehmen, dass es sich bei der Beschreibung der Wohnwand mit der kombinierten Verwendung der Aussagen "Buche" und "Dekor" nicht um eine Farbe oder Folie handelt, sondern um die Verzierung mit Holz oder jedenfalls um eine Verzierung mit Holzfurnier.

Das Wort "Dekor" treffe zwar noch keine Aussage über die Materialeigenschaft. Werde der Begriff jedoch in Kombination mit "Buche" oder einer anderen Holzart zur Beschreibung eines Möbelstücks verwendet, so gingen zumindest ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise davon aus, dass der Schrank mit der genannten Holzart verziert sei.

Diese Fehlvorstellung habe zwar keinen unmittelbaren Einfluss auf die Kaufentscheidung. Ein solcher Einfluss sei jedoch nicht erforderlich. Für die wettbewerbsrechtliche Relevanz reiche es aus, dass der Kunde sich aufgrund der Prospektwerbung näher mit dem Angebot befasse, unter Umständen auch eine Betriebsstätte des Anbieters aufsuche. Hierin liege ein "Anlockeffekt", der einen Wettbewerbsvorteil darstelle.

Fehlvorstellung beim Verbraucher

Eine Irreführung durch Unterlassen im Sinne des § 5 a UWG liege hingegen nicht vor. Es reiche nicht aus, wenn eine erteilte Information lückenhaft und missverständlich ist und deshalb die Fehlvorstellung bewirkt.

Daneben untersagte auch das Landgericht Dortmund mit Beschluss vom 14. Juli 2011 per einstweiliger Verfügung die Verwendung der Bezeichnung "Textilleder" für Möbelstücke, deren Bezugsstoffe nicht oder nicht überwiegend aus Leder bestehen.

Das mit der Bezeichnung "Textilleder" beworbene Möbelstück bestand aus einem Textilgewebe mit Kunststoffbeschichtung, das optisch an die Eigenschaften von Leder erinnert.

Das Landgericht Dortmund bejahte ebenfalls eine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne von § 5 I Nr. 1 UWG, da die Angabe "Textilleder" zur Täuschung über die Zusammensetzung der Ware geeignet sei.

Fazit

Bei der Bewerbung von Produkten sollte darauf geachtet werden, keine unklaren Begriffe zur Beschreibung des verwendeten Materials zu verwenden. Der mögliche positive Werbeeffekt wiegt die mit einem gerichtlichen Verbot verbundenen rechtlichen - und auch wirtschaftlichen - Nachteile im Ergebnis nicht auf. (oe)

Der Autor Manfred Wagner ist Rechtanwalt und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. Die Autorin Claudia Bender-Jakobi ist Rechtsanwältin. www.mittelstands-anwaelte.de

Kontakt:

Wagner Rechtsanwälte, Saarbrücken, Tel.: 0681 958282-0, E-Mail: wagner@webvocat.de, Internet: www.webvocat.de