Apple Pay

Apple gibt mobilem Bezahlen neuen Schwung

10.09.2014 von Tillmann Braun  
Nach Samsung, LG und HTC setzt nun auch Apple mit Apple Pay künftig auf NFC-Technologie. Gelingt damit endlich der Durchbruch?

Mit der Präsentation des neuen iPhone 6 ist nun offiziell, worüber bereits vor der offiziellen Vorstellung spekuliert worden war: das neueste Modell verfügt über NFC-Technologie zur drahtlosen Datenübertragung und kann somit für entsprechende mobile Bezahlvorgänge genutzt werden. Im Rahmen des neuen Apple Pay kooperiert Apple gleich mit mehreren der weltweit führenden Kreditkartenunternehmen, darunter Visa, MasterCard und American Express. Nutzer können neue Kreditkarten ins Passbook hinzufügen, in dem sie die Karte über das iPhone per Foto integrieren und von einer Bank verifizieren lassen.

Aus Sicherheitsgründen wird für jeden Bezahlvorgang eine einmalige Nummer zur Autorisierung genutzt. Weder die Händler sehen die Kartendetails, noch sind diese auf dem iPhone oder Apple Servern gespeichert. Da keine Kartendetails abgerufen werden können, muss bei Verlust des iPhones nicht die Kreditkarten selbst gesperrt werden, sondern lediglich die Funktion bei Apple. In Shops, die das neue Apple Pay als Bezahlmethode akzeptieren, können Kunden den Bezahlvorgang über Apples Touch ID ganz einfach mit dem eigenen Fingerabdruck bestätigen. Auch über die ebenfalls vorgestellte neue Apple Watch soll es möglich sein, kontaktlos zu bezahlen.

Zu den ersten Läden, die das Bezahlen per iPhone 6 in den USA akzeptieren werden, zählen Starbucks und Disney. Groupon integriert Apple Pay in seine App. Zu weiteren Ländern machte Apple bezüglich Kooperationen und Verfügbarkeit keine konkreten Angaben, außer dass weitere Länder folgen sollen.

Dass der US-Konzern von seiner bisherigen Linie abweicht und nun ebenfalls auf NFC baut, dürfte den Fortschritt des mobilen Bezahlens dennoch weltweit deutlich beschleunigen. Mit Samsung, HTC, LG und Sony setzen wichtige Apple-Konkurrenten schon seit längerer Zeit auf NFC-Übertragung. Gleiches gilt für Visa und MasterCard. MasterCard allein nutzt weltweit bereits mehr als 1,6 Millionen Terminals im Rahmen des hauseigenen Paypass-Systems. Und auch die großen Mobilfunkanbieter wie Vodafone, die Deutsche Telekom oder auch E-Plus über die Tochter Base verwenden bei ihren „Wallet“-Lösungen NFC.

Bus-Ticket via Handy lösen
In London ist Mobile Payment laut VISA schon so verbreitet, dass in den U-Bahnen und Bussen (siehe Bild) kein oder kaum noch Bargeld angenommen wird. Bezahlt wird via Smartphone und NFC.
Kontaktloses Bezahlen mit MasterCard
Immer mehr Kreditkarten wie die von MasterCard und VISA kommen mit einem NFC-Funklogo und erlauben das kontaktlose Bezahlen an einem entsprechend ausgerüsteten Kartenterminal.
Vodafone Smartpass
SmartPass ist als Teil von Vodafone Wallet das Mobile Bezahlsystem des Mobilfunkanbieters, entwickelt in Kooperation mit VISA und Wirecard. Für Kunden, die kein NFC-fähiges Smartphone haben, wird die Lösung auch mit NFC-Sticker angeboten.
Kontaktlos bezahlen mit Vodafone Wallet
Mit Vodafone Wallet (alias Vodafone SmartPass), 2013 zunächst in Düsseldorf gestartet, wird das Smartphone zur digitalen Geldbörse. Die Übertragung erfolgt per Near Field Communication, kurz NFC.
Vodafone Wallet auf Samsung Galaxy S3
NFC wurde zunächst für das kontaktlose One-Touch-Bezahlen mit NFC-Handys und NFC-Kreditkarten konzipiert. Schon seit 2006 laufen viele regional begrenzte Pilotprojekte rund um den Globus. Das Foto stammt aus einer Messedemo vom Oktober 2012. Ende 2013 ist Vodafone Wallet alias SmartPass nun regional in Düsseldorf gestartet. 2014 soll es sich über ganz Deutschland verbreiten
NFC und andere Nahfunk-Technologien im Vergleich
NFC im Vergleich zu anderen Nahfunktechnologien
Top-Smartphones alle mit NFC
Im Gegensatz zu den Modellen Anfang 2014 waren 2015 alle Top-Smartphones mit NFC und LTE ausgestattet. Die von Telekom und Vodafone 2014 vorgestellte LTE-Advanced Kategorie 6 wird jedoch nicht von allen Geräten unterstützt.
NFC-BT-WLAN-Funk-Ausstattung von Top-Smartphones
Auswahl von Top-Smartphones Anfang 2014: Alle hatten Bluetooth (BT) Version 3.0 oder 4.0, alle hatten WLAN-11n, fast alle hatten NFC und knapp die Hälfte hatte Gigabit-WLAN-11ac unter der Haube.
Apple iPhone s6 mit NFC-Logo
Smartphones mit NFC haben auf der Rückseite oft ein kleines N für NFC. Apple hat sich lange verweigert, beim iPhone 6s dann aber doch NFC integriert und das Logo hinten angebracht.
Sony One-touch
Unter dem Motto One-touch vertreibt Sony eine Reihe von Lösungen, um über NFC verschiedene Geräte mit dem Smartphone zu koppeln. Die hier nennt sich One-touch listening. Für Fernseher der BRAVIA-Familie gibt es zum Beispiel auch One-touch Mirroring.
Nokia Lumia 920-NFC
Handy kurz Dranhalten - und die Verbindung baut sich von selber auf: So einfach kann man NFC-fähige Kopfhörer, aber auch Lautsprecher, Headsets, Navi-Systeme, Freisprechanlagen, Fitnessarmbänder, Laptops, Tablets, Drucker und Fernseher mit NFC-fähigen Smartphones verkoppeln
NFC-Tags
NFC dient neben dem kontaktlosen Bezahlen auch der bediener-freundlichen One-Touch-Kopplung von zwei Handys untereinander, aber auch von NFC-Handys mit NCF-Aufklebern, NFC-Anhängern, NFC-Lautsprechern und vielen weiteren NFC-fähigen Geräten
Das NFC-Prinzip
Der aktive NFC-Initiator, etwa ein Handy, generiert ein magnetisches Feld. Damit versorgt er das passive Ziel, etwa ein NFC-Tag, mit Energie. Damit kann das passive Ziel auch ohne eigene Stromversorgung dem aktiven Kommunikations-Initiator antworten. Das Verfahren funktioniert aber nur auf kurze Distanz bis maximal vier Zentimeter. Die Grafik stammt aus dem Buch von Vedat Coskun et.al: Professional NFC Application Development for Android, Wiley, 2013
NFC-Tags
Links klebt der NFC-Tag Topaz 512 von Androidbands mit einem Speichervolumen von 512 Bytes noch auf seiner Unterlage. Rechts offenbart er, nach dem Abziehen, sein Innenleben und die kreisförmigen NFC-Antennen an seiner Unterseite.
NFC-Tags
Passive NFC-Partner mit eingebauten NFC-Chips und NFC-Antennen, aber ohne eigene Stromversorgung, findet man in NFC-Aufklebern, NFC-Schlüsselanhängern, NFC-Armbändern oder in NFC-Kärtchen im Visitenkartenformat.
NFC im Vergleich
Das schmalbandige NFC dient oft nur der Einschaltung und Kopplung von schnelleren Bluetooth (BT)- oder WLAN-Verbindungen. Bei den angegebenen BT- und WLAN-Reichweiten wurde eine einheitliche Sendestärke von 100 Milliwatt und freie Sichtverbindung ohne dämpfende Hindernisse unterstellt.
Sony Xperia Z1 Compact
Smartphones mit NFC haben auf der Rückseite oft ein kleines N für NFC. Beim Sony-Handy Xperia Z1 Compact etwa sitzt das NFC-Logo im oberen Drittel zwischen dem SONY-Schriftzug und der 20-Megapixel-Kamera
NFC-Handys
Die meisten Tophandys hatten Anfang 2014 schon NFC unter der Haube: Zum Beispiel das Nokia Lumia 925 mit Windows Phone 8 oder die beiden Android-Top-Phones LG G2 und Sony Xperia Z1, ganz rechts. Dagegen hat Apples iPhone 5s, ganz links, noch kein NFC.
NFC-Tags
In unseren Tests haben alle NFC-Tags erst auf den letzten ein bis vier Zentimetern die Kommunikation mit den Handys aufgenommen und die selber programmierten Befehle auf den Handys ausgeführt. Hier ein NFC-Tag von Nokia mit dem NFC-fähigen Top-Smartphone LG G2. Wir konnten den NFC-Aufkleber auch beliebig oft überschreiben, sprich umprogrammieren.
NFC-Drucken
Auch im Nach-PC-Zeitalter wollen viele User wichtige Dokumente von Ihren mobilen Apps heraus drucken. Dazu müssen die Schnittstellen von den mobilen Geräten über die mobilen Netze bis hin zu stationären Druckern und Cloud-Druckern erst noch harmonisiert werden (Grafik: MOPRIA Alliance).
NFC-Drucker
Wie kann der normale Privat- oder Business-User ein spontanes Foto vom Samsung Galaxy S4 ohne langwierige Installation von Treibern auf zwei verschiedenen NFC-Druckern von Samsung und von Xerox ausdrucken? Zum Beispiel mittels NFC und dem MOPRIA-Standard.
NFC-Drucker
Karl Dueland, Vice President bei Xerox, legte das NFC-fähige Samsung Galaxy S4 auf den NFC-fähigen MOPRIA-Drucker von Xerox. Ein paar Sekunden später kam das Handy-Foto als Laserfarbdruck aus den Walzen.
NFC-Drucker
Nur wer sich an den proprietären MOPRIA-Standard hält, darf auch das MOPRIA-Logo für extrem einfaches, mobiles Drucken auf seinen Drucker kleben. Im Bild einer der MOPRIA-Sprecher, Karl Dueland, Vice President bei der Xerox Corp. im Staat New York an einem MOPRIA-Drucker von Xerox.
NFC-Drucker
Auch Samsung hat schon Business-Drucker mit NFC und MOPRIA für User-freundliches Drucken direkt aus mobilen Geräten und mobilen Betriebssystemen. Im Bild Brent Richtsmeier, einer der MOPRIA-Sprecher und Senior Director of Software Development im Samsung-Forschungszentrum Kalifornien
Nokia Lumia 920-NFC
Durch einfaches Tappen, also kurzes Draufhalten, wurde das gelbe NFC-Smartphone Nokia Lumia 920 mit dem roten NFC-Kopfhörer von Monster gekoppelt. Danach wurde die Musik nicht via NFC, sondern via Bluetooth vom Handy zum Kopfhörer gefunkt. Das Handy kann nach erfolgter BT-Kopplung auch in der Akten-, Sakko- oder Hosentasche liegen bleiben.
NFC-Lautsprecher
Alle drei mobilen Akku-Lautsprecher Rapoo, JBL-Nokia und Bose sowie alle vier Smartphones Apple 5s, Nokia 925, LG G2 und Sony Z1 beherrschen Bluetooth. Nur Apple links vorne und Bose rechts hinten hatten im Test noch kein NFC. Bei denen muss der User die Bluetooth-Audio-Kopplung noch selber vornehmen.
Nokia Lumia 925-NFC
Das Nokia Lumia 925 hat sich im Test dank NFC supereinfach via Bluetooth mit dem mobilen Lautsprecher Rapoo A500 verbunden. Danach konnten wir Katy Perrys Dark Horse auf dem externen Speaker hören.
Nokia Lumia 925-NFC
Im Gegensatz zum Rapoo-Lautsprecher hat der Nokia-JBL-Speaker nach erfolgreicher NFC- und BT-Kopplung auch gleich noch eine eigene JBL-PlayUp-Kachel auf die Startseite des Windows Phone 8 Handys gelegt. Hier zeigt sie die restliche Akkulaufzeit des JBL mit 9 Stunden an.
Nokia Lumia 925-NFC
Genau wie der Rapoo-Lautsprecher hat auch der Nokia-JBL-Speaker nach erfolgter NFC- und BT-Kopplung die Musik aus dem Nokia Lumia 925 Handy abgespielt.
Sony-Android-NFC-App
Diese beiden Screenshots der Sony-App "NFC-Schnellverbindung" entstanden auf einem Android-Smartphone LG G2. Auf dem Sony Xperia Z1 sah die App fast identisch aus. Auf beiden Handys funktionierte sie bestens.
Sony-Android-NFC-App
Solange die Musik vom NFC-Handy an den NFC-Lautsprecher übertragen wird, darf man die Bluetooth-Verbindung in den Android-Einstellungen nicht unterbrechen, denn die Musik wird nach erfolgreicher NFC-Kopplung ja nicht via NFC, sondern via BT drahtlos gestreamt.
Sony SBH80
Hier koppeln wir gerade das Sony Xperia Z1 Compact mit dem Sony SBH80 Stereo Bluetooth Headset. Die BT-Kopplung der Beiden wurde durch einfaches Dranhalten von hinten per NFC ausgelöst. Der User muss nur noch die BT-Verbindung im Display vorne mit Ja bestätigen.
Sony Core & SmartBand - Sony Xperia Z1 Compact
Das zur CES 2014 erstmals gezeigte Fitness-Tracking-Gespann Sony Core & SmartBand rechts im Bild hat auch schon NFC verbaut. Es lässt sich daher sehr bequem per One-Touch mit NFC-Handys wie den beiden Sony Xperia Z1 Compact links im Bild verkoppeln. Beim weißen Handy sieht man das NFC-Symbol über dem Sony-Schriftzug.
Sony KD-65X9005A - Sony 4K-TV
Hier hatten wir im Januar 2014 einen 65-Zoll-4K-Ultra-HD-Fernseher Sony Bravia mit einem weißen Sony Xperia Z1 durch kurzes Dranhalten an dessen Fernbedienung verkoppelt. Der Inhalt des NFC-Handys wurde sodann auf das TV-Gerät gespiegelt.
Sony KD-65X9005A - Sony 4K-TV
Wie spiegelt man den Inhalt eines Handys ruckzuck auf einen NFC-Fernseher? Einfach das NFC-Smartphone auf der Couch kurz an die NFC-TV-Fernbedienung Dranhalten. Die restliche Handy-TV-Kopplung läuft dann von selber ab. So einfach kann man auch NFC-fähige Drucker, Lautsprecher, Headsets, etc. mit NFC-fähigen Smartphones verkoppeln.

Mittels NFC lassen sich Daten über kurze Distanzen kontaktlos übertragen. Das Prinzip wird auch bei kontaktlosen Plastikkarten eingesetzt, um einen schnellen und bequemen Bezahlvorgang zu ermöglichen. „Beim mobilen Bezahlen über Wallets kommen jedoch noch weitere Vorteile hinzu, denn so können neben der Plastikkarte auch weitere Karten und Funktionen wie Treue-Programme, Mitgliedsausweise oder auch Fahrkarten zentral verwaltet und genutzt werden“, erklärt Rudolf Linsenbarth, Payment-Experte beim Beratungsunternehmen COCUS. „Außerdem lassen sich die einzelnen Transaktionen sowie der aktuelle Kontostand sofort und jederzeit überprüfen“, nennt Linsenbarth einen zusätzlichen Pluspunkt.

Dass jetzt auch Apple mit dem neuen iPhone und Apple Pay nach langem Zögern auf NFC setzt, darf man Linsenbarth zufolge als wegeisend für mobile Payment werten. „Wie jetzt bei NFC war Apple in der Vergangenheit selten der Erste, der neue Technologien eingesetzt hat. Aber sobald Apple einen Trend aufgriffen und sich zu eigen gemacht hat, hatte das fast ausnahmslos einen großen Einfluss auf den Massenmarkt und das Verhalten von Verbrauchern“, bilanziert der Berater. Ob Apple die Möglichkeiten einer Wallet u.a. auch dazu nutzen will, um etwa Hotelgästen zu ermöglichen, über ihr iPhone ihre Zimmertür öffnen können, wurde bei der offiziellen Vorstellung nicht bestätigt – entsprechende Gerüchte gab es im Vorfeld. Andere Branchengrößen setzen auf zusätzliche Annehmlichkeiten, die NFC-basierte Wallets bieten können, um Kunden fürs mobile Bezahlen zu begeistern. Beispielsweise werden Treuekarten integriert.

Wie Vodafone bereits beim Launch von SmartPass mitteilte, sollen Zusatzfunktionen wie Loyalty-Programme zukünftig Teil des Produkts sein. „Schon bald werden wir unsere digitale Geldbörse um eine wichtige Funktion erweitern; dann können unsere Kunden auch erste digitale Kundenkarten in ihrer Vodafone Wallet verwalten“, so Frank Vahldiek, Director Consumer Services & Innovations bei Vodafone Deutschland. Für Vodafone sei dies ein wichtiger Schritt, um das klassische Portemonnaie langfristig durch das intelligente Smartphone abzulösen. Kunden, die mobiles Bezahlen ausprobieren möchten und über ein NFC-fähiges Smartphone verfügen, können eine entsprechende SIM-Karte anfordern. Alternativ bietet Vodafone spezielle NFC-Sticker an, die sich am Handy befestigen lassen. Beim Bezahlprozess muss das Mobiltelefon dann einfach nur in die Nähe des Bezahl-Terminals gehalten werden. Lediglich für höhere Beträge ab 25 Euro ist eine Bestätigung per PIN erforderlich.

Zurzeit gibt es in Deutschland bereits rund 40.000 NFC-Akzeptanzstellen. Dazu zählen neben Kaufhäusern wie Karstadt und Kaufhof auch weitere namhafte Ketten wie Douglas und Thalia oder Tankstellen wie Aral und Star. Mit dem Einlenken von Apple und dem neuen iPhone hat mobiles Bezahlen einen weiteren, wichtigen Impuls bekommen. (mb)