iPhone und iPod Touch als Spielkonsolen

Apple greift den Markt mobiler Spielkonsolen an

27.11.2008 von Patrick Woods
Wenn Apples Marketingmaschine klotzt, dann richtig: Die Anbieter von Spielekonsolen könnten ihre Gadgets zum Alteisen legen. Allein dem iPod Touch und dem iPod gehörte die Zukunft, erklärte jetzt Greg Joswiak, Apples Marketingchef für iPhone und iPod.

Wenn Apples Marketingmaschine klotzt, dann richtig: Die Anbieter von Spielekonsolen könnten ihre Gadgets zum Alteisen legen. Allein dem iPod Touch und dem iPod gehörte die Zukunft, erklärte jetzt Greg Joswiak, Apples Marketingchef für iPhone und iPod.

Mit dem iPhone, iPod Touch und dem App Store hat Apple gleich mehrere Eisen im Feuer, um etablierten Spieleherstellern Konkurrenz zu machen. Apple setzt jetzt offensiv auf die Spielefähigkeiten, um iPhone und iPod für Verbraucher attraktiver wirken zu lassen. Mit der Einführung des neuen iPod Touch hat Apple erstmals gezielt die Spieler angesprochen. Pressebilder und Werbespots zeigen den iPod als Spielkonsole - nicht als Musikplayer. Gleichzeitig nutzt man Synergien: "iPod" ist weit bekannter Eigenname, gleichzeitig sollen iPod Touch und iPhone Alltagshelfer, Mediaplayer und Spielkonsole in einem sein.

In einem Interview mit der britischen Branchenzeitschrift "MVC" verriet Apples Marketingchef für iPhone und iPod, Greg Joswiak, den Hintergrund zu Apple aktueller Kampagne. Nintendo DS und Playstation Portable seien "last Gen"-Geräte. Das einzige "next Gen"-Handheld sei der iPod Touch, so Joswiak. Apple spricht erstmals offen über den Eintritt in den Spielemarkt. Der iPod Touch habe für Unruhe bei der Konkurrenz gesorgt: "Dieses Produkt kann so viel mehr, wir haben gewaltige Synergien zwischen dem iPod und den Spieleentwicklern", schwärmt Joswiak.

Nur der iPod ist "next Gen"

Spricht eher klassische Zocker an: Die Sony PSP
Foto: SCEE

Ob der iPod auch die Casual-Spieler der DS oder die klassischen Spieler der PSP ansprechen kann: "Der iPod Touch steht eher für ein zukunftsorientiertes Spielen, vielleicht ist er eine Kategorie für sich", sagt Greg Joswiak. "Es gibt nichts anderes, das das gleiche kann". Die Zielgruppe liegt hier jedoch nicht bei klassischen Spielern, für die Videospiele ein Hobby sind. Die Spiele aus den App Store passen meist in das typische "Casual"-Schema, den netten "Zwischendurch"-Spielen für Gelegenheitszocker. Spiele sind kostenlos oder für wenige Euro zu haben. Vollpreis-Spiele für 30 Euro gibt es im App Store nicht.

Der Umfang und die Genres der Games liegen meist zwischen typischen Handyspielen und dem Nintendo DS. Touchscreen und Neigungssteuerung machen Shooter und Jump'n'Runs schwer, schaffen jedoch neue Möglichkeiten bei anderen Genres. Für Rätsel, Geschicklichkeitsspiele und andere Zeitvertreibe bietet die intuitive Steuerung auch typischen Spielemuffeln einen leichten Zugang. "Core-Gamer", die anspruchsvollen Zocker, werden jedoch präsize Eingabegeräte wie ein Steuerkreuz oder Tasten vermissen.

50 Millionen Spieledownloads

Apple hat mit dem iPhone und iPod Touch nicht nur eine Geräteplattform vorgestellt, mit dem App Store hat sich der Computerhersteller auch eine eigene, exklusive Distributionsplattform geschaffen. Im App Store gibt es derzeit weit über 1.500 Spiele zum Download, viele davon sind kostenlos, kaum eines kostet mehr als sechs Euro. In den ersten vier Monaten seit dem Start des App Stores im Juli haben die Nutzer laut Steve Jobs über 50 Millionen Spiele heruntergeladen. Der bisherige Erfolg liegt wohl größtenteils an den Synergieeffekten zwischen den Produkten von Apple. "iPod" ist ein weltweit bekannter Eigenname, Millionen Nutzer weltweit haben einen iPod oder iPhone, noch mehr nutzen die Software iTunes. Hier ist es ein Leichtes, diesen Kunden zusätzlich Spiele anzubieten, wenn sich die Nutzer in Apples Produktkreislauf bewegen.

Apple verkauft das iPhone und den iPod und verdient daran. Apple liefert eine proprietäre Software mit - iTunes - und verkauft darüber Musik und Videos - verdient daran. Apple stellt den Vertrieb für Tausende Entwickler im App Store, bekommt dafür einen Teil des Umsatzes. und erhält viele interessante Programme, die die eigene Plattform attraktiver machen. Mit knapp 100 Euro ist das iPhone-Entwicklungskit eine relativ günstige Einsteigsmöglichkeit für Entwickler. Die Kosten und den Aufwand für den Vertrieb übernimmt Apple, behält dafür 30 Prozent des Umsatzes ein.

Nachschub für Spieler

Dieser einfache Einstieg hat Tausende Entwickler weltweit zu iPhone-Entwicklern gemacht. Sie müssen weder viel Zeit noch viel Geld investieren und bekommen die theoretische Möglichkeit, ein selbst geschriebenes Programm auf jedes iPhone und jeden iPod Touch zu bekommen. Für die Spielebranche ist dies ähnlich. Zwar sind die Preise im App Store niedrig, dafür ist die Reichweite große und die Schwelle niedrig, drei oder fünf Euro für ein nettes Spiel auszugeben. Die digitale Distribution bringt Spiele direkt auf das Endgerät. Sony und Nintendo bieten diesen Komfort derzeit noch nicht. Sonys Playstation Store ist nur über den PC oder die Playstation 3 erreichbar, Nintendo hat den DSi Store für Anfang 2009 angekündigt.

In der Werbung mach Apple auf die Spieletauglichkeit des Touch aufmerksam
Foto: Apple

Im direkten Vergleich zu PSP und DS sieht der iPod alles andere als schlecht aus. Die Spieleauswahl ist gut, die Preise sind günstig. Zudem ist der iPod in erster Linie ein Multimediabegleiter und wird von vielen auch als solcher gekauft. Spiele sind hier nur ein zusätzlicher Kaufanreiz. Echte Gamer werden sich in nächster Zeit eher nicht bei Apple umsehen, sondern bei den bekannten Markennamen bleiben. James McQuivey, Analyst von Forrester, sagte dem Magazin Macnews World: "Wenn der iPod Potenzial im Spielebereich hat, dann bei den Gelegenheitsspielern, die sich keine PSP oder DS kaufen würden, aber dennoch gelegentlich ein paar Spiele spielen wollen." (Macwelt; pw) (wl)