Warten auf den Herbst

Apple Watch 2: Welche neuen Funktionen wir erwarten

18.08.2016 von Peter Müller
Viele Varianten der Apple Watch sind im Apple Store ausverkauft - untrügliches Zeichen für eine Renovierung der Produktreihe.
Neue Armbänder statt Apple Watch 2: Warten auf den Herbst
Foto: Apple

In der ersten Septemberhälfte hält Apple traditionell ein Special Event ab, auf dem das Unternehmen neue Versionen des iPhone zeigt – und manchmal auch ein bisschen mehr. So hatte vergangenes Jahr das iPad Pro zusammen mit dem iPhone 6S (Plus) Premiere und vor zwei Jahren kündigte Apple an, erstmals seit Jahren in eine neue Produktkategorie einzustellen: Am 9. September 2014 gab es den ersten Blick auf die Apple Watch. Diese war zu dem Zeitpunkt noch nicht fertig, exakt ein halbes Jahr später kündigte Apple erstmals einen Termin für die Veröffentlichung an, seit April 2015 kann man die Apple Watch kaufen – nach Lieferschwierigkeiten zu Anfang längst zu jeder Zeit jedes Modell. Doch stehen anscheinend jetzt wieder Lieferschwierigkeiten ins Haus, die Apple Watch wird zum Auslaufmodell, die zweite Generation steht an. Der Apple Store online zeigt bei einigen Modellen bereits an, dass sie ausverkauft sind, das betrifft vor allem die Apple-Watch-Sport-Modelle in silber, rosegold oder gold mit neueren Armbändern, etwa dem gelben Sportarmband oder dem aus gewebtem Nylon. Auch zahlreiche Hermès-Watches gelten als ausverkauft. Für einige Modelle gibt Apple eine Lieferzeit von vier bis sechs Wochen an. Stand heute sind von den 22 im deutschen Online Store angebotenen Konfigurationen der Apple Watch Sport vier ausverkauft, vier weitere schwer lieferbar, in den USA sind deutlich mehr Modelle laut Apple ausverkauft. Bei der Apple Watch Sport sind in Deutschland mehr Modelle (10) ausverkauft als sofort lieferbar (9), bei der Apple Watch Hermès steht es 5:5. Alle Anzeichen deuten also darauf hin, dass Apple Anfang bis Mitte September eine zweite Generation der Apple Watch vorstellen wird, eine bloße Überarbeitung der Armbandkollektion dürfte keine plausible Erklärung für den weiträumigen Ausverkauf zu sein. Was wir von einer Apple Watch 2 erwarten, lesen Sie in den folgenden Abschnitten.

Viel Neues in watchOS 3, aber keine Hinweise auf Apple Watch 2

Auf seiner Entwicklerkonferenz WWDC zeigte Apple am 13. Juni etliche Neuheiten für die Apple Watch in Form eines Updates des Betriebssystems. WatchOS 3 soll im Herbst in finaler Version vorliegen, bis dahin können sich Entwickler und Normalnutzer bereits mit einer Public Beta vertraut machen. Das neue Betriebssystem kann man getrost als einen Neustart für die Apple Watch ansehen, Apple hat zwar wenig Neues implementiert, dafür bestehende Funktionen nach Userfeedback umarrangiert. Am auffälligsten ist dabei die neue Aufgabe für den Knopf an der Seite der Apple Watch. Ruft man bisher damit einen Schirm auf, auf den man bis zu zwölf Kontakte als Favoriten arrangieren kann, um sie schneller zu erreichen, erscheint auf Knopfdruck unter watchOS 3 damit eine Art Dock, das die laufenden Apps präsentiert. Der Programmwechsel wird damit einerseits deutlich leichter, andererseits laufen die Apps auch im Hintergrund weiter, man kann sogar schon in der Dock-Ansicht etwa sehen, wie weit der Timer gelaufen ist, ohne dass man ihn aufrufen müsste. Das Konzept der Glances hat damit ausgedient.

Was Apple auch ohne neue Hardware zu schaffen verspricht, ist ein deutlich schnellerer Programmstart. Dauert es bisher etliche Sekunden, gelangt die gewünschte App nun in einem gefühlten Wimpernschlag in den Vordergrund. Derartige Leistungssteigerung waren in der Vergangenheit nur mit Erneuerungen der Hardware möglich, in watchOS 3 will das Apple allein durch Optimierung des Codes bewerkstelligen. Es sei denn, auf der WWDC war ein getarnter Prototyp der Apple Watch 2 im Einsatz...

Neuheiten gibt es auch bei den Faces genannten Zifferblättern, die Premiere von Minnie Mouse auf der Uhr ist dabei nur kosmetischer Natur. Weit wichtiger ist, dass sich die meisten Zifferblätter mit mehr der Complications genannten Elementen bestücken lassen, vor allem die Aktivitätsringe geraten so auf weit mehr Ansichten als bisher. Eine Verbesserung der Fitnessfunktionen versprechen auch neue Algorithmen für Rollstuhlfahrer. Diese werden nun nicht mehr aufgefordert, aufzustehen und ein paar Schritte zu laufen, sondern ihren Rollstuhl zu rollen. Die Uhr will nun auch besser die Rollstrecke - statt der Schritte - erkennen. Mehr Details zu watchOS 3 haben wir hier für Sie zusammengetragen.

WatchOS 2.2.1 mit Fehlerbereinigungen, Preissenkung kurbelt Verkauf an

Wer schon vor dem Herbst die neuen Funktionen von watchOS 3 ausprobieren möchte, kann ab Juli am öffentlichen Beta-Test teilnehmen. Zuletzt hatte watchOS 2.2 im März einige Neuerungen gebracht. So lassen sich seither mehrere Apple Watches mit einem iPhone verknüpfen, auch hat das seit iOS 9 in Apples Karten bekannte Feature "In der Nähe" Einzug gehalten. Im Mai hatte Apple mit watchOS 2.2.1 ein Wartungsupdate nachgeliefert, das lediglich " kleine Bugfixes und Verbesserungen" brachte.

Ebenso im März hatte Apple den Preis für das Einsteigermodell Apple Watch Sport um 50 Euro gesenkt, derartige Preisnachlässe sind normalerweise ein sicheres Zeichen dafür, dass ein Hardwareupgrade unmittelbar bevorsteht. Das dürfte in diesem Fall anders sein, der günstigere Preis soll Apple wohl vor allem dazu dienen, den Verkauf der Uhr anzukurbeln. Der Plan scheint aufzugehen, nach Ansicht der Marktbeobachter von Slice Intelligence hat die Preissenkung kurzfristig zu einem starken Anstieg der Verkaufszahlen geführt. Steigerung von bis zu 250 Prozent seien an der Tagesordnung gewesen. IDC schätzt, Apple werde im Jahr 2016 insgesamt 14 Millionen Apple Watches verkaufen und damit die Marktführerschaft im Smartwatchessegment erringen, mit einem Anteil von 49,4 Prozent. Laut IDC werde der Wearables-Markt in den nächsten Jahren kräftig wachsen und vor allem Apple die Umsätze treiben. Im Jahr 2020 werde Apple trotz aufholender Konkurrenz noch Marktführer sein, mit einem Anteil von 37 Prozent und 31 Millionen verkauften Exemplaren pro Jahr.

Apple nennt nach wie vor keine absoluten Verkaufszahlen der Apple Watch, sondern versteckt die damit generierten Umsätze im Bereich "Sonstiges". Die Marktforscher von Canalys schätzen jedoch, Apple habe im Kalenderjahr 2015 zwölf Millionen Apple Watches verkaufen können.

Mehr Eigenständigkeit der Uhr

Was aber nun wird die Apple Watch 2 bringen? Die Uhr soll unabhängiger vom iPhone werden, so viel scheint klar zu sein. Die zweite Generation wird gewiss neue Sensoren und Prozessoren bekommen, um diesem Ziel näher zu kommen, seitens der Software stellt Apple nun entscheidende Weichen. Seit dem 1. Juni müssen in den App Store eingereichte Apps nativ auf der Apple Watch (unter watchOS 2.x) laufen können, also auch unabhängig von einem iPhone in der Nähe funktionieren. Ursprünglich konnten Apps für Apples Uhr diese nur als Anzeige und für einige Interaktionen nutzen, die App selbst lieft auf dem iPhone. Mit watchOS 2 hatte Apple erstmals ermöglicht, die Apple Watch auch für die Ausführung der Programme zu nutzen. Zugleich öffnet Apple den Entwicklern Schnittstellen, sie können mit dem SDK für watchOS 3 nicht nur auf alle Sensorendaten zugreifen, sondern auch den Sprachassistenten Siri nutzen. Dieser könnte dann endlich bestimmte Workouts in den Apps Dritter starten.

Mehr für die Gesundheit

Alles, was Apple bisher für die Weiterentwicklung der Apple Watch eingefallen ist, sind einige neue Armbänder, wie dei luxuriösen von Hermès, will man meinen. Doch darf man die Apple Watch nicht auf Äußerlichkeiten reduzieren und auch nicht auf die eine "Killer-Anwendung" warten, die alles verändere, sondern die Uhr vor allem unter Gesundheitsaspekten betrachten, meint unsere Macworld-Kollegin Caitlin McGarry. Die Uhr zeigt schon jetzt ihren Nutzen bei der Überwachung des Gesundheitszustands ihrer Träger und ist ein ideales Mess- und Anzeigeinstrument für Apples Medizin-Kits: Das HealthKit, das ResearchKit und das CareKit. Hier werde die Uhr auch noch weitere Verbesserungen bringen, ist sich McGarry sicher. Vor allem dann, wenn eine zweite Version der Apple Watch zusätzliche Sensoren bringe, die auch an einem Armband angebracht sein könnten, wie es Apple erst vor kurzem hat patentieren lassen. Komme zu den Bewegungssensoren und dem Pulsmesser noch ein Blutdruckmessgerät dazu oder eines, das den Cortisolgehalt im Schweiß und damit das Stresslevel bestimmen könne, würde die Apple Watch zu einem Must-Have-Gerät für Gesundheitsbewusste werden. Wie Apple auf der WWDC gezeigt hat, alarmiert die Apple Watch mit watchOS 3 unter bestimmten Umständen automatisch den Notarzt - und einen zuvor definierten Kontakt eines Angehörigen. Können nun Apps alle Daten der Sensoren auslösen, wären vielerlei Arten von Frühwarnsystemen in App-Form denkbar. Diese müssen ja nicht gleich die 911 oder 112 anrufen, sondern können einfach nur zu einem baldigen Arztbesuch raten.

Die Gesundheitsfunktionen erfreuen aber nicht nur Apple und seine Kunden freuen, sondern noch mehr deren Arbeitgeber und Krankenversicherer. Zumindest könnte dies in den USA funktionieren, wird hier Gesundheit immer mehr als Ware begriffen: Wer zahlt, bekommt bessere Vorsorge, wer Hardware und Software zur Überwachung und Kontrolle von die Gesundheit erhaltenden Maßnahmen einsetzt, zahlt weniger. Aber in Deutschland hat es schon eine Gesundheitskarte schwer, mit der man sinnlose Doppelbehandlungen oder den gleichzeitigen Einsatz miteinander nicht kompatibler Medikamente verhindern könnte. Vielleicht spricht Apple mit schicken Armbändern ja doch mehr Kunden an als mit smarten.

Let us loop you in

Schon für den März hatten Beobachter wesentliche Neuerungen für die Apple Watch erwartet, als Apple zum Special Event mit dem Titel "Let us loop you in" am 21. März nach Cupertino geladen hatte. Doch hatte der Hersteller bezüglich seines Wearables nur neue Armbänder und eine geringfügige Preissenkung im Gepäck.

Nicht mehr rechtzeitig zur Keynote am 21. März hat es indes die Ankündigung neuer Armbänder für die Apple Watch Hermès geschafft. War das Sondermodell bisher nur mit drei Armbandvarianten als Komplettpaket nur in der von Hermès so genannten Farbe Fauve erhältlich – eine Art orange-braun. Dazu konnte man noch Armbänder in Noire, Capucine und Etain extra erwerben. Im Frühjahr 2016 kommen nun die Armbänder Single Tour und Double Tour in zusätzlichen Farbvarianten daher. Nur das Cuff-Armband gibt es weiterhin nur in Fauve. Die neuen Farben für die einmal oder zweimal um das Handgelenk zu schlingenden Ledergurte heißen Blue Paon (grün), Blanc (weiß), Bleu Saphir (dunkelblau) und Feu (feuerorange). In der Varianten Single Tour kosten die Armbänder 350 Euro und sind bis auf die Varianten Capucine (38 mm) und Etain (42 mm) für beide Uhrengrößen erhältlich. Das Double-Tour-Band kostet 500 Euro und gibt es ausschließlich für die "Damenuhr" in 38 Millimetern. Enzeln ist auch das Cuff in Fauve zu haben, es kostet immerhin 750 Euro. Das Sondermodell Apple Watch Hermès trägt jeweils gut 1000 Euro zum Gesamtpreis bei.

Die Optionen für die Optik der Apple Watch erweitern sich also beträchtlich, neue Technik gibt es erst einmal nicht. Es wird zwar gewiss eine zweite Generation geben, aber sicherlich nicht vor dem Herbst oder gar erst dem nächsten Frühjahr.

Längerer Produktzyklus

Die Apple Watch sei das "persönlichste Gerät, das wir je gemacht haben", wird Apple nicht müde zu betonen. Welche Uhr man sich an das Handgelenk bindet, ist in der Tat eine weit persönlichere und vom Geschmack bestimmte Entscheidung als die für das Smartphone in der Jacken- oder Hosentasche. So gibt es auch für die Apple Watch derart viele Konfigurationsmöglichkeiten für Gehäuse, Armband und Ziffernblatt, dass man schon fast behaupten möchte, keine der bisher verkauften Apple Watches würde einer anderen gleichen.

Das ist natürlich Unfug. Apple hat zwar bis dato keine Verkaufszahlen für die Apple Watch genannt, doch kann man davon ausgehen, dass Apple bereits mehr als zehn Millionen Apple Watches verkauft hat. Welches Modell in welchem Style aber bei welcher Zielgruppe am Besten ankommt und welche Rückschlüsse für kommende Generationen der Uhr daraus zu ziehen sind, weiß Apple womöglich noch nicht einmal selbst. Vergangenen Herbst hatte Apple mit dem Sondermodelle Apple Watch Hermès eine weitere Modellvariante aufgelegt, auch andere Modemarken dürften an Kooperationen interessiert sein. Sprich: Apple ist noch in der Testphase, eine zweite Generation mit verbesserter Technik ist daher erst einmal nicht wahrscheinlich. iPhone und iPad hatten von Anfang an einen Produktzyklus von einem Jahr, auch Macbooks stattet Apple alle zwölf Monate zumindest mit neuen Chips aus. Für die Apple Watch wird es aber einen längeren Produktzyklus geben, muss ja nicht in der Größenordnung von Mac Mini und Mac Pro sein, die Apple schon seit über zwei Jahren nicht mehr aktualisiert hat. Aber weniger als 18 Monate wird die Zeit zwischen zwei Generationen der Apple Watch auch nicht sein. Die Apple Watch 2 wird also frühestens im Herbst erscheinen und dann einige neue oder zumindest verbesserte Funktionen bringen.

Der gleichen Ansicht sind auch die Marktforscher von IDC: Die zweite Generation der Apple Watch komme im Verlauf des Jahres - also wohl im Herbst. Was jedoch in der ersten Jahreshälfte in Erwartung der neuen Hardware einen leichten Rückgang bei den Verkaufszahlen auslösen werde - jenen Zahlen wohlgemerkt, die Apple nicht nennen will. IDC kann daher auch nur den Markterfolg der Apple Watch schätzen, für das Jahr 2016 sieht die Prognose 14 Millionen verkaufte Apple Watches vor die Apple Watch 2 werde im Herbst schließlich wieder für ein kräftige Plus sorgen. Apple katapultiere sich damit an die Spitze des Marktes und halte 49,4 Prozent der Anteile. Mit deutlichem Abstand folge dann die Konkurrenz der Android Wear, die ja vorwiegend von Samsung getrieben wird. 6,1 Millionen verkaufte Smartwatches bedeuteten einen Anteil von 14,1 Prozent. Doch bis zum Jahr 2020 werde die Android Wear mit der Apple Watch annähernd gleichziehen, 28,8 Millionen verkaufte Android Watches stünden dann 31 Millionen Apple Watches gegenüber, die Marktanteile: 35 Prozent zu 37,6 Prozent.

Apple Watch als Lebensretter

Aus Apple-Patenten werden nicht immer Produkte, doch geben sie oft Hinweise, in welche Richtung Apple entwickelt. So hat der Mac-Hersteller am 10. März beim US-Marken- und Patentamt einen Patentantrag eingereicht, der den Gesundheitsaspekt der Apple Watch weiter in den Vordergrund rücken soll. Die Apple Watch soll demnach das mit ihr gekoppelte iPhone veranlassen, den Notruf zu wählen, wenn die von der Uhr überwachten Vitalsignale des Trägers Anlass zur Sorge geben. Das könnte eine Herzrhythmusstörung sein, die den Alarm auslöst und den Rettungsdienst und/oder Angehörige informiert. Hier spielen aber auch andere Sensoren als nur der Pulsmesser eine Rolle: Messen die Beschleunigungssensoren etwa eine rasche Verzögerung und meldet der Pulsmesser kein Signal mehr, ist die Wahrscheinlichkeit für einen Notfall sehr hoch. Helfen soll das System auch bei Verkehrsunfällen und selbst bei Diebstahl, die GPS-Sensoren oder das Mikrophon als solche erkennen könnten. Wer in welchem Fall benachrichtigt wird, lässt sich auf dem iPhone festlegen. Fehlalarme sollen durch Eskalationsstufen verhindert werden, die erste Nachricht über den vermeintlichen Herzinfarkt gingen dann etwa an Angehörige, erst wenn die Situation weiter eskaliert und die Erstkontakte nicht reagieren, bekommt der Notarzt den Alarm.

Aber schon jetzt hat sich die Apple Watch als Lebensretter bewährt, der jüngste Fall bezieht sich auf einen 62-jährigen Bauarbeiter aus Großbritannien, der sich eines Abends schlecht fühlte, aber erst mit der Apple Watch merkte, dass sei Puls mit 210 bpm förmlich dahinraste. In der Nacht hätte er nach Meinung seiner Ärzte einen zweiten, dann vermutlich tödlichen Herzinfarkt erleiden können, wenn er nicht auf die Warnung seiner Apple Watch reagiert hätte. Eine rührselige Geschichte des britischen Boulevardblattes The Sun, gewiss, doch Berichte über den gesundheitlichen Nutzen der Uhr hat es schon mehrere gegeben, letzten Herbst machte die Geschichte eines 17-jährigen Sportlers die Runde, dem die Apple Watch das Leben rettete. Auch hier waren es Anomalien des Pulses, die Warnsignale gaben. Tim Cook hatte ja die Hoffnung ausgedrückt, die Apple Watch werde einst in der Lage sein, Diabetes und Krebs zu heilen, aber damit das auch nur im Ansatz eintritt, wird die Uhr bedeutend mehr Sensoren benötigen. Die Apple Watch 2 könnte ein Anfang sein.

Mehr Sensoren, mehr Energiehunger

Systeme zu einer besseren Überwachung der Gesundheit und Einleitung rechtzeitiger Notfallmaßnahmen ließen sich zwar auch mit der bestehenden Hardware der Apple Watch realisieren, je mehr Sensoren aber verbaut sind, umso präziser würde das funktionieren. Schon bei der Konzeption der Apple Watch sollen die Ingenieure in Cupertino gute Ideen für weitere Sensoren gehabt haben, verzichteten aber auf deren Einbau. Der Grund ist einfach: Je mehr Sensoren, desto mehr Energiehunger. Apple musste erst Erfahrungen darüber sammeln, wie intensiv Kunden die Apple Watch nutzen und wie viel Ladung am Ende des Tages noch übrig ist. Die Sorge: Eine zu stark beanspruchte Apple Watch fällt schon weit vor Feierabend in die Gangreserve und lässt sich in diesem Energie sparenden Modus nur noch mehr schlecht als recht als Zeitanzeigeinstrument benutzen - alles andere als smart. Zur Überraschung vieler Tester blieb am Ende des Tages aber meist noch reichlich Energie übrig, auch wir waren erstaunt, auch am späten Abend die Apple Watch noch voll nutzen zu können. Der Einbau von weiteren Sensoren ist also nur eine Frage der Zeit, spannend wird es zu sehen sein, welche Prioritäten Apple bei neuen Funktionen setzt.

Wo bin ich?

Wir erinnern uns an das iPhone der ersten Generation: Kein GPS und kein Mobilfunkchip der dritten Generation. Im Juni 2007 zum Verkaufsstart des Ur-iPhones hieß es von Apple noch lapidar, derartige Chips werde man einbauen, wenn sie nicht mehr so viel Energie verbrauchten. Schon mit dem iPhone 3G ein Jahr später waren dann 3G-Mobilfunk und GPS mit an Bord, was die Möglichkeiten des iPhone erheblich erweiterte, man denke nur an präzisere Navigation. Die Sorge war wohl auch beim iPhone, dass der morgens frisch geladene Akku den Feierabend nicht sehen würde, aber auch das erste iPhone hielt überraschend lange durch, weswegen Apple gleich für die zweite Generation deutlich an Sensoren und Funktionen nachlegen konnte. Dabei hielt die Batterie im iPhone 4G mit 1150 Ah sogar weniger Ladung bereit als die im originalen iPhone mit ihren 1400 Ah.

Wäre also ein GPS-Sensor ein logisches Zubehör für die Apple Watch? Das Nutzerversprechen: Die Apple Watch wird unabhängiger vom iPhone, so müsste man zum Joggen oder auf die Fahrradtour nicht unbedingt ein iPhone mitnehmen, um die Strecke genau zu kartographieren. Gleichwohl kann man auch heutige iPhones mit dauerhaftem Einsatz des GPS in einigen wenigen Stunden leer saugen, der eigene GPS-Chip der Apple Watch dürfte nur in bestimmten Fällen zum Einsatz kommen. Zum Beispiel könnte er angeschaltet werden, wenn andere Sensoren vermuten, dass die Apple Watch nicht abgelegt wurde, sondern vom Handgelenk heruntergerissen.

Wie alarmiert aber im Fall eines Raubes die Apple Watch die Polizei, wenn das gekoppelte iPhone sehr schnell außer Reichweite gerät oder gar nicht erst dabei war? Hier könnte eine Lösung Vorbild sein, die der Konkurrent Samsung in Deutschland zusammen mit Vodafone vermarktet: Die eSIM.

eSIM: Telefonie und Internet auch ohne iPhone

Die Embedded SIM oder eSIM ist zweifelsohne die Zukunft der Mobilfunkkarte. Sind alle Sicherheitsfragen zufriedenstellend geklärt, benötigt man in Mobilgeräten keine SIM-Karte mehr, die man etwa auf Reisen außerhalb der EU gegen eine lokale austauscht oder nach Ende des Vertrages beim Providerwechsel. Die eSIM ist fest eingebaut und lässt sich umprogrammieren: Beim Kauf der Apple Watch 2 im Apple Store wäre sie noch nicht aktiv, das würde man dann nebenan im Laden der Telekom, dem von O2 oder Vodafone erledigen. Interesse an der eSIM haben alle Provider, Vodafone ist aber hier der Vorreiter: Seit dem 11. März ist in Deutschland die Samsung-Smartwatch Gear S2 Classic 3G mit eSIM erhältlich, die Karte kostet 20 Euro im Monat. Dafür bekommt die Uhr eine eigene Telefonnummer, wer nur Daten über das Internet laden will, kann auch einen entsprechenden Datentarif buchen. Vodafone rechnet das genutzte Datenvolumen auf die Hauptkarte im Smartphone an, andere Provider werden andere Lösungen präsentieren. Schon im April will auch O2 die Smartwatch mit eSIM anbieten.

Tippt man auf die neuen Chips der Apple Watch 2, dürfte die eSIM ganz vorne mit dabei sein – zumindest als Option etwa in einer Apple Watch 2 Sport & Call. Damit gelänge der Apple Watch ein gewaltiger Schritt in die Unabhängigkeit, um unterwegs Nachrichten zu empfangen oder zu versenden, die Börsenkurse oder die wichtigsten Newsportale zu checken, bräuchte es kein iPhone mehr in der Nähe. Dies wäre auch für den Notfall entscheidend, ereilt einem beim Sport ein plötzlicher Herzinfarkt – die Apple Watch könnte sofort um Hilfe rufen. Und sich vielleicht auch einen Kundenkreis richten, der kein iPhone hat und aus welchen Gründen auch immer keines haben möchte.

Preis, Verfügbarkeit und Veröffentlichungsdatum

Bei Preis wird sich nicht viel tun, womöglich kostet ein eSIM-Modell aber etwas mehr als die gleiche Apple Watch 2 ohne Mobilfunkchip. Noch ist völlig offen, wie oft Apple wirklich seine Smartwatch zu aktualisieren gedenkt, wir rechnen aber nach wie vor damit, das Nachfolgemodell der ersten Apple Watch rechtzeitig für das Weihnachtsgeschäft 2016 in den Läden zu finden. Die Keynote zur Vorstellung des iPhone 7 Anfang September könnte auch eine Apple Watch 2 bringen. (Macwelt)

Zum Video: Apple Watch 2: Welche neuen Funktionen wir erwarten