Belege für den Kostenabzug sammeln

Arbeitsecke in der Wohnung steuerlich absetzen?

02.04.2015 von Renate Oettinger
Wer Wohnraum beruflich oder betrieblich nutzt, sollte die Kosten anteilig geltend machen, um von einem steuerzahlerfreundlichen Urteil zu profitieren. Torsten Lambertz nennt Details.

Viele Erwerbstätige arbeiten teilweise oder ganz von zu Hause aus. Nicht immer bieten die eigenen vier Wände Raum für ein separates Arbeitszimmer. Oft werden Räume sowohl beruflich als auch privat genutzt. Bisher mauerten die Finanzämter bei "gemischt genutzten" Zimmern und lehnten einen anteiligen Kostenabzug ab. Dies könnte sich künftig ändern, denn es steht eine neue Entscheidung des Bundesfinanzhofs an (BFH, Az. IX R 23/12).

Bei der steuerlichen Anerkennung eines Home Office legt das Finanzamt die Messlatte hoch.
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Wer eine Arbeitsecke in der Wohnung eingerichtet hat, sollte jetzt den Steuerabzug prüfen, rät die Wirtschaftskanzlei WWS in Mönchengladbach. Bislang erkennen die Finanzbehörden ein häusliches Arbeitszimmer nur an, wenn eine private Nutzung als Wohnraum so gut wie ausgeschlossen oder von untergeordneter Bedeutung ist. Bereits eine Couch oder ein Fernseher im Arbeitszimmer können den Steuerabzug verbauen. Die Privatnutzung darf nicht zehn Prozent oder mehr betragen. Allerdings berücksichtigt die Finanzverwaltung derzeit nicht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2009. Danach ist die Aufteilung gemischter Aufwendungen in einen betrieblichen und einen privaten Anteil grundsätzlich erlaubt. Es ist unerheblich, wie hoch der Privatanteil ist.

Künftig erkennen die Finanzämter möglicher Weise auch die Arbeitsecke in der Wohnung an. Steuerzahler sollten jetzt die anteiligen Kosten für ein gemischt genutztes Arbeitszimmer in der Steuererklärung geltend machen. Aufgrund der derzeitigen Rechtsprechung besteht die begründete Hoffnung, dass der BFH an seiner steuerfreundlichen Rechtsauffassung festhält. Unter Umständen lassen sich damit jährlich durchaus stattliche Beträge steuerlich geltend machen.

Finanzamt legt Messlatte hoch

Grundsätzlich legt der Fiskus die Messlatte für ein häusliches Arbeitszimmer aber sehr hoch. Entweder muss das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit bilden. Dann erkennt das Finanzamt die Kosten in unbegrenzter Höhe an. Oder aber Erwerbstätigen steht für ihre Arbeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. In diesen Fällen gewährt der Fiskus jährlich ein Kostenabzug von 1.250 Euro. Hierbei handelt es sich nicht um eine Pauschale, sondern einen maximalen Kostenrahmen. Steuerzahler müssen die tatsächlich entstandenen Kosten genau nachweisen. Der Betrag wird je Arbeitszimmer nur einmal gewährt und nicht mehrfach für verschiedene Personen oder Tätigkeiten. Abzugsfähige Kosten sind gegebenenfalls aufzuteilen.

Nicht jeder Raum wird von den Finanzbehörden als häusliches Arbeitszimmer anerkannt. Das Zimmer muss aufgrund seiner Lage, Funktion und Ausstattung in die häusliche Sphäre eingebunden sein. Zudem sollte das Arbeitszimmer so eingerichtet sein, dass es der Erledigung gedanklicher, schriftstellerischer, verwaltungstechnischer oder organisatorischer Arbeiten dient. Sind die Voraussetzungen erfüllt, lassen sich vielfältige Positionen geltend machen. Der Fiskus erkennt sowohl die Miete als auch die Finanzierungskosten für eine Immobilie anteilig an. Des Weiteren können auch Grundsteuern, Gebäudeabschreibungen sowie Kosten für Energie, Reinigung und Wohnungsrenovierung anteilig in die Berechnung einbezogen werden.

Tipp für die Praxis

Steuerzahler sollten für alle Ausgaben rund um das Arbeitszimmer Belege sammeln. Als Nachweis dienen nicht nur Rechnungen und Quittungen, sondern auch Kontoauszüge oder Zinsabrechnungen. Zur Dokumentation der beruflichen Nutzung empfiehlt es sich, den Grundriss der Wohnung zu kopieren und den Arbeitsbereich mit Büroeinrichtung einzuzeichnen. Detailfragen sollten grundsätzlich mit dem steuerlichen Berater geklärt werden.

Auch wenn der BFH wider Erwarten die bisherige Praxis der Finanzbehörden bestätigen sollte, müssen Steuerzahler nicht gleich aufgeben. Sie können nach Möglichkeiten suchen, den Anteil der Privatnutzung des Arbeitszimmers auf ein Minimum zu reduzieren. Alternative: Falls die Wohnungsgröße es zulässt, sollten Erwerbstätige ein kleineres Arbeitszimmer beziehen, das nicht privat genutzt wird.

Weitere Infos: Torsten Lambertz ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei WWS Wirtz, Walter, Schmitz GmbH, www.wws-gruppe.de

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