Angefressene Aktionäre

Arques beteuert, Tiscon-Verkauf war "kein Scheingeschäft"

05.08.2009
Eigentlich hätte der bisherige Actebis-Eigner Arques auf seiner diesjährigen Hauptversammlung in Starnberg seine trostlose Bilanz detailliert begründen müssen. Stattdessen mauerte das Management bei konkreten Fragen der Aktionären und wusch im Fall der insolventen Tiscon erneut seine Hände in Unschuld.
Luftnummer Arques? Einige Aktionäre waren auf der Hauptversammlung dieser Meinung.

Wer rund 200 Aktionären erklären muss, warum sie das Geschäftsjahr 2008 abhaken müssen, vielleicht sogar das Unternehmen selbst, hat es naturgemäß schwer. Das musste Arques-Vorstand Hans Gisbert Ulmke auf der diesjährigen Hauptversammlung der Starnberger Beteiligungsgesellschaft erfahren. Denn die Handvoll Sprecher der Kleinaktionäre zeigten sich deutlich erbost über die Geschäftsentwicklung des vergangenen Jahres und dann auch über die Aussichten für dieses Jahr, die ihnen Ulmke, gerade seit einem Tag Vorstandvorsitzender, präsentierte.

Dabei hatte Ulmke sich das Büßerhemd vorsorglich schon angezogen und in seiner nahezu wörtlich vom Blatt abgelesenen Rede von fatalen Fehlern seiner Vorgänger in den Jahren 2005 bis 2007 gesprochen. Er monierte "mehrere Fehlkäufe", "verkehrte Bewertungen von Firmen" und anderes mehr, um dann, nach "dieser Aufarbeitung der Vergangenheit", auf die Gegenwart und Zukunft von Arques zu kommen. Die an der Börse brutal abgestürzte Firma habe im letzten Jahr dank verlustreicher Verkäufe den Turnaround" geschafft und kehre nun wieder zu ihrem alten Geschäftsmodell zurück: Marode Firmen für eine symbolischen Preis zu kaufen, sie mit sanfter pekunärer Hilfe der Verkäufer zu sanieren und sie dann "mit einem deutlichen Plus" zu verkaufen.


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Dass diese ausschließlich optimistische Darstellung Ulmkes einige Aktionäre mit Zahlen und Fakten untermauert haben wollten, scheint das Arques-Management bei seiner Vorbereitung auf die Hauptversammlung allerdings übersehen zu haben.

Denn als beispielsweise ein Vertreter der DWS (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz) Näheres zu dem vollkommen missglückten Verkauf des Distributors Tiscon mitsamt der Töchter COS an den russischen Investor KCK Association wissen wollte, beispielsweise eine Kopie des Verkaufsvertrages sehen wollte oder eine Erläuterung dazu, was mit den zirka 2,5 Millionen Darlehen passiert sei, die Arques in den vergangenen sechs Monaten Tiscon notgedrungen gewährt hatte, griffen die Vorstände Felix Frohn-Bernau (Akquisitionen, Exits) und Michael Hütten (Operations) in die Trickkiste überkommener Unternehmensrhetorik. "Tiscon wurde zu einem immer schwierigerem Fall", sagte Frohn-Bernau - angesichts der weltweiten Finanzkrise, aber auch der Geschäftszahlen 2008 eine wenig überraschende Erkenntnis. Dass es sich bei dem Verkauf um den "Versuch einer Rettung" gehandelt habe, wie der Finanzvorstand beteuerte, wollte den Aktionärsvertretern ebenso wenig einleuchten wie die Versicherung, es sei "kein Scheingeschäft" gewesen.

Tiscon-Verkauf war "kein Scheingeschäft"

Um diese Behauptung deutlicher zu machen: Zwar ist Investor KCK trotz umfassender Bemühungen von ChannelPartner, ihn zu finden, abgetaucht, zwar hat die Tiscon AG, die insgesamt rund 300 Mitarbeiter beschäftigt, zwei Wochen nach ihrem Verkauf den Antrag auf Insolvenz gestellt, zwar bestreiten Hans Halbach und Jochen Strack, die am 20. Juli offiziell zu Tiscon-Vorständen bestellt wurden, dass sie überhaupt davon in Kenntnis gesetzt wurden - doch trotz dieser Umstände, dieses undurchsichtigen Gemenges um Verträge, Posten und mittlerweile Schuldzuweisungen weiß Ulmke ganz genau, dass es sich bei dem Fall Tiscon um eine reguläre Veräußerung handelt - wenn er auch weder den Verkaufspreis nennen noch Verträge zeigen wollte. Schließlich sei zwischen den Vetragsparteien Stillschweigen vereinbart worden - ein Umstand, den man offensichtlich als Arques -Aktionär hinnehmen muss.

Immerhin brachten die Fragen der Aktionäre soviel zu Tage: Tiscon wurde zu einem "äußerst niedrigen Preis verkauft" (Frohn-Bernau), wobei die Vermutung unwidersprochen blieb, dass der Verkaufspreis einen Euro betragen hat; dass Arques auf die Zurückzahlung der Darlehen verzichtet hat, und dass schließlich die Umstände der Insolvenz von Arques nicht werbewirksam vermarktet werden können. "Es fällt auf uns zurück", gab sich der Finanzvorstand zerknirscht.

Gewiss.

Dass Ulmke, der zweimal gefragt wurde, warum er sich Arques "antue", dann wieder die Vokabeln Transparenz und solide Finanzstruktur anführte, um die neue Arques zu beschreiben, quittierten manche Aktionäre mit grimmigen Kommentaren. Andere aber machten keine Hehl aus ihrer Enttäuschung: Sie bezeichneten das Unternehmen und dessen Strategie schlicht als "Luftnummer". (wl)