Wie Chefs ihre Vertriebler trainieren können

Auf dem Weg zum Spitzenverkäufer

03.06.2014 von Ralph Guttenberger
Wie können Unternehmen die Kompetenz ihrer Verkäufer im Außendienst erhöhen? Ein bewährtes Instrument hierfür sind die so genannten Bordstein-Konferenzen. Am Parkplatz oder im Auto coacht der Chef seinen Vertriebler für den nächsten Kundenbesuch.

Ein bewährtes Instrument zur Außendienst-Schulung sind Coaching-Gespräche, die die Führungskräfte im Vertrieb mit ihren Mitarbeitern unmittelbar vor und nach gemeinsamen Kundenbesuchen führen. Sie werden Bordstein-Konferenzen genannt, weil sie meist nicht in einem Büroraum stattfinden, sondern auf einem Parkplatz im Auto des Außendienstmitarbeiters. Dabei gilt es zwischen der Bordstein-Konferenz vor dem Kundenbesuch, dem Kundenbesuch selbst und der Bordstein-Konferenz nach dem Kundenbesuch zu unterscheiden.

Die Bordstein-Konferenz vor dem Kundenbesuch

Bei diesem Coachinggespräch soll primär gecheckt werden, ob der Außendienstmitarbeiter adäquat auf den Kundenbesuch vorbereitet ist und mit einem klaren Ziel ins Kundengespräch geht. In ihm sollte sich die Führungskraft zunächst die Kundenhistorie schildern lassen:

Dies zu erkunden, ist wichtig, damit die Führungskraft einschätzen kann: Hat sich der Mitarbeiter ausreichend mit dem Kunden befasst, um eine kundenspezifische Verkaufsargumentation zu entwickeln?

Danach sollte die Führungskraft mit dem Mitarbeiter klären:

Mit diesen Fragen soll gecheckt werden: Kann der Verkäufer ein anspruchsvolles und zugleich realistisches Ziel für das Kundengespräch formulieren?

Danach sollte die Führungskraft den Mitarbeiter fragen, wie er vorgehen möchte, um das Ziel zu erreichen:

Ralph Guttenberger ist Autor des Buches „Punktlandung im Vertrieb: Wie Sie den Kunden zielsicher zum Abschluss führen“.
Foto: Ralph Guttenberger

Gegen Ende der Bordstein-Konferenz sollte die Führungskraft mit dem Mitarbeiter ein, zwei Punkte vereinbaren, auf die dieser besonders achten sollte - mehr nicht. Sonst konzentriert sich der Verkäufer im Gespräch primär auf die Vorgaben statt den Kunden.

Der Kundenbesuch

Beim Kundenbesuch sollte der Außendienstmitarbeiter zunächst seine Begleitperson dem Kunden vorstellen. Im Gespräch selbst muss sich die Führungskraft auf die Rolle des Beobachters beschränken. Das fällt vielen Führungskräften schwer - speziell, wenn sie registrieren, dass ihre Mitarbeiter taktische Fehler machen und eventuell gar die Gefahr besteht, dass ihnen ein Auftrag entgleitet. Dann übernehmen sie oft die Gesprächsführung. Die Folge: Ihr Mitarbeiter steht wie ein dummer Junge da. Und ein Coachen des Mitarbeiters ist eigentlich nicht mehr möglich, weil die Führungskraft weitgehend das Kundengespräch führte.

Nach dem Kundenbesuch

Die Führungskraft sollte sich vergegenwärtigen: Was ist das Ziel dieses Coachinggesprächs? Den Verkäufer in seiner Entwicklung fördern. Außerdem sollte sie sich in Erinnerung rufen, wer ihr gegenüber sitzt: ein Junior-Verkäufer oder ein "alter Hase" mit jahrzehntelanger Vertriebserfahrung? Das erleichtert es der Führungskraft, ihr Feedback so zu gestalten, dass es personenbezogen, realistisch und aufbauend ist.

Zu Beginn dieser Bordstein-Konferenz sollte die Führungskraft ihren Mitarbeiter bitten, aus seiner Warte zu schildern, wie das Kundengespräch verlief; außerdem was gut und was verbesserungsfähig war. Eine weiterführende Frage ist: "Haben Sie das gesteckte Ziel erreicht. Wenn ja, warum? Wenn nein, warum?"

Danach sollte die Führungskraft dem Mitarbeiter zunächst ein allgemeines Feedback geben, das positiv beginnt: "Sehr gut gefiel mir, dass Sie stets den Blickkontakt mit dem Kunden suchten. Stark war auch, wie Sie auf den Einwand '…' reagierten." Erst danach sollte die Führungskraft das Gespräch zu den weniger guten Punkten überleiten und zwar möglichst unter Bezug auf die Analyse des Mitarbeiters: "Sie sagten, Sie hätten den Eindruck gehabt, dass die Aufmerksamkeit des Kunden erlahmt. Was waren die Ursachen hierfür?" Oder: "Wie Sie selbst registrierten, zog das Kaufargument '…' beim Kunden nicht. Warum?" Wichtig ist, dass die Führungskraft die Schwachpunkte in Frageform anspricht. Das Coaching soll einen Erkenntnis- und Lernprozess beim Mitarbeiter in Gang setzen. Deshalb sollte sich die "kritische Rückmeldung" auch auf die zwei, drei zentralen Knackpunkte konzentrieren, die für den nächsten Entwicklungsschritt des Verkäufers von Bedeutung sind.

Verkaufstricks von unseriösen IT-Vertrieblern -
Die Katze im Sack verkaufen
Der Anbieter belegt die Qualität seines Produkts mithilfe vorgeblich neutraler Tests. Was der potenzielle Käufer jedoch nicht weiß: Die Fabelwerte wurden unter irregulären und praxisuntauglichen Bedingungen ermittelt.
"Veredeln" von IT-Produkten
Angeblich unabhängige Tests von Beratungsfirmen und Testlabors zeigen, dasss die Produkte des Anbieters besonders gut abschneiden. In Wirklichkeit handelt es sich um Tests, die im Auftrag des Herstellers erstellt wurden und alles andere als neutral sind.
"Alte Krücken" als neuwertige Produkte deklarieren
Alte beziehungsweise bereits abgekündigte Produkte werden als "neu" angeboten. Ein Vertriebsmitarbeiter will dem Käufer also ohne dessen Wissen statt eines Neugeräts ein überholtes Produkt "unterjubeln".
Klassische Lockvogel-Angebote
Bei diesem Trick bietet der Verkäufer ein Produkt zu einem höchst attraktiven Preis an. Doch wenn ein Interessent zuschlagen möchte, erfährt er, dass das Sonderangebot bereits ausverkauft sei. Stattdessen könne er ein besseres, allerdings teureres Produkt ordern.

Hat der Verkäufer die zentralen Lernfelder erkannt, kann die nächste Frage lauten: "Wie können Sie das künftig besser machen?". Nun beginnt die Führungskraft mit dem Verkäufer Maßnahmen zu definieren, die darauf abzielen, dessen Kompetenz zu erhöhen. Diese sollten schriftlich fixiert werden.

Wichtig für den Erfolg von Bordsteinkonferenzen ist, dass sich Führungskraft und Mitarbeiter bewusst sind: Spitzenverkäufer fallen nicht vom Himmel; sie entwickeln sich. Deshalb sollten auf den gemeinsamen Kundenbesuch weitere folgen, bei denen gecheckt wird, wie sich die Kompetenz des Verkäufers entwickelt hat. (rw)