Auswirkungen der GmbH-Reform auf die Gründung mittelständischer GmbH

10.12.2007
Am 23.05.07 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) beschlossen. Das Gesetzgebungsverfahren soll jetzt in der ersten Hälfte des Jahres 2008 abgeschlossen werden.

I. Ziel des MoMiG

Am 23.05.07 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) beschlossen. Das Gesetzgebungsverfahren soll jetzt in der ersten Hälfte des Jahres 2008 abgeschlossen werden.

Das MoMiG soll das GmbH-Recht flexibilisieren und deregulieren sowie zugleich Missbräuche, insbesondere solche der "Firmenbestattungen", bekämpfen. Hierdurch soll der Mittelstand gestärkt werden und die deutsche GmbH gegenüber ausländischen Rechtskapitalgesellschaften, insbesondere der englischen Limited, attraktiver gemacht werden, ohne die bestehenden Vorzüge der jetzigen GmbH zu beseitigen.

II. Auswirkungen auf die Gründung mittelständischer GmbH

Durch die Reform des GmbH-Rechts soll insbesondere die Gründung mittelständischer GmbH erleichtert werden. Dabei werden vor allem vier Aspekte der Reform relevant:

Von besonderer Bedeutung ist die Herabsetzung des Mindeststammkapitals auf 10.000,00 Euro sowie die Einführung einer "Unternehmergesellschaft". Zudem soll die Eintragung ins Handelsregister durch Abkoppelung von einer eventuell notwendigen verwaltungsrechtlichen Genehmigung beschleunigt werden. Schließlich ermöglicht ein Mustergesellschaftsvertrag die GmbH-Gründung ohne Beratung oder Belehrung durch einen Notar.

1. Herabsetzung des Mindeststammkapitals und "Unternehmergesellschaft"
a) Bedeutung ausländischer Kapitalgesellschaften bei Unternehmensgründung

Der Europäische Gerichtshof hat bekanntermaßen in den Jahren 2002 und 2003 entschieden, dass ausländische Kapitalgesellschaften ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegen können. Gestützt wurden diese Entscheidungen auf die so genannte Niederlassungsfreiheit. Seit diesen Entscheidungen steigt insbesondere die Zahl der englischen Ltd. mit Verwaltungssitz in Deutschland, die bereits mit einem englischen Pfund gegründet werden können. Die Anzahl der niedergelassenen Ltd. ist zwar nicht exakt ermittelt, lag aber im Jahr 2005 zwischen 20.000 und 30.000. Angesichts der Gesamtzahl der deutschen GmbH von ca. 1 Mio. ist das zwar relativ wenig. Betrachtet man dagegen die Neugründungen, spielt die Ltd. eine nicht unerhebliche Rolle. Die Reform des GmbH-Gesetzes soll auch die GmbH im Verhältnis zur ausländischen Kapitalgesellschaft, wie der Ltd., attraktiver machen.

b) Herabsetzung des Mindeststammkapitals
Der Referentenentwurf sieht in § 5 Abs. I GmbHG eine Herabsetzung des derzeitigen Mindeststammkapitals von 25.000,00 auf 10.000,00 Euro vor. Die Höhe des Stammkapitals entspricht in etwa dem europäischen Durchschnitt. Aus Wissenschaft und Praxis gab es bereits seit längerer Zeit Kritik über 1die jetzige Höhe des Stammkapitals, wodurch insbesondere bei Neugründungen ein Wettbewerbsnachteil zu anderen europäischen Kapitalgesellschaften gesehen wurde. Insbesondere im Dienstleistungssektor (inzwischen der größte Teil der Neugründungen von Kapitalgesellschaften) erscheint eine Ausstattung der GmbH mit einem hohen Stammkapital nicht unbedingt erforderlich. Durch die Herabsetzung des Stammkapitals auf 10.000,00 Euro soll insbesondere Kleinunternehmern die Existenzgründung erleichtert werden.

Der Gesetzgeber beabsichtigt, mit diesem Stammkapital von 10.000,00 Euro die Seriositätsschwelle noch einzuhalten, obwohl in Wissenschaft und Praxis nicht unerhebliche Stimmen vorhanden sind, die eine weitere Herabsetzung auf 1,00 € befürworten. Auf der anderen Seite gibt es auch nicht unerhebliche Stimmen, die bereits die Herabsetzung auf 10.000,00 Euro für übertrieben erachten, da dieses Mindeststammkapital nicht nur als Puffer für Verluste, sondern auch als Ausgleich für die fehlende persönliche Haftung der Gesellschafter zu betrachten ist. Der Gesetzgeber hat versucht, mit dem neu geplanten Mindeststammkapital von 10.000,00 Euro den guten Ruf der deutschen GmbH aufrecht zu erhalten, da in der Bevölkerung der Ruf der englischen Ltd. aufgrund des fehlenden Stammkapitals "angekratzt" ist.

Betrachtet man die Praxis, so stellt sich natürlich schon die Frage, ob ein Stammkapital von 10.000,00 Euro noch Sinn macht. Auch das jetzige Stammkapital von 25.000,00 Euro ist im Rahmen von wirtschaftlichen Anfangsschwierigkeiten oder auftretenden Krisen der Kapitalgesellschaft sehr schnell verbraucht, so dass die Frage der Insolvenzantragspflicht bei einer GmbH mit 10.000,00 Euro Stammkapital sich sehr schnell stellen kann. Auf der anderen Seite ist auch zu berücksichtigen, dass das jetzige Stammkapital von 25.000,00 Euro tatsächlich keinen sonderlichen Schutz der Gläubiger darstellt. Aus Gläubigersicht spielt es daher wohl keine große Rolle, ob das Stammkapital 25.000,00 Euro oder 10.000,00 Euro beträgt.

Ob das Ziel des Gesetzgebers damit erreicht wird, die deutsche GmbH, beispielsweise im Verhältnis zur englischen Ltd. attraktiver zu gestalten, wird sich zeigen. Gewisse Zweifel sind aber anzumerken, da es ein nicht unerheblicher Unterschied ist, ob eine englische Ltd. mit einem englischen Pfund gegründet wird oder eine deutsche GmbH mit 10.000,00 Euro Stammkapital. In der Praxis wird bei der englischen Ltd. allerdings oft übersehen, dass diese relativ hohe laufende Kosten hat, da in England der Hauptsitz zu verwalten ist und dort auch Jahresabschlüsse gefertigt werden müssen.

c) Die Unternehmergesellschaft

Um die Attraktivität der deutschen GmbH im Verhältnis zu ausländischen Kapitalgesellschaften zu erhöhen, gleichzeitig aber den Ruf der deutschen GmbH nicht zu schwächen, sieht der Regierungsentwurf einen neuen § 5 a GmbHG vor, in dem die so genannte "Unternehmergesellschaft" eingeführt wird. Nach dieser Neugestaltung ist bei einer Neugründung ein Stammkapital von nur 1,00 € erforderlich. Dieses Stammkapital muss aber als Bareinlage erbracht werden. Eine Sacheinlage ist ausgeschlossen. Als Ausgleich für dieses geringe Haftungskapital dürfen die Gewinne des Unternehmens nicht voll ausgeschüttet werden, sondern müssen zu mindestens 25 Prozent thesauriert werden. Mit der Zeit soll so ein ausreichendes Eigenstammkapital geschaffen werden. Diese Gewinnrücklage darf nur zu einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden. Von einer solchen Thesaurierungspflicht kann sich die Unternehmergesellschaft nur befreien, wenn sie aufgrund einer Kapitalerhöhung - sei es aus Gesellschaftsmitteln oder Gesellschaftereinlagen - ein Stammkapital von zumindest 10.000,00 Euro erreicht hat.

Weiterhin muss zwingend der Rechtsformzusatz "Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" bzw. "UG (haftungsbeschränkt)" geführt werden. Eine weitergehende Abkürzung ist nicht möglich. Auf diese Weise kann der Rechtsverkehr die möglicherweise niedrigere Kapitaldecke erkennen.

Gerade für kleinere Gründungen scheint diese Variante attraktiv zu sein, wobei eine Gründung mit einem Stammkapital von 1,00 Euro nicht praktikabel erscheint, da die Gesellschaft alleine durch die Gründungskosten überschuldet ist. Die Reduzierung des ausschüttbaren Bilanzgewinnes bei neu gegründeten Unternehmen erscheint hinnehmbar, da zumindest in den meisten Fällen die Gesellschafter auch gleichzeitig Geschäftsführer sind und so über das Geschäftsführergehalt ausreichend über Einnahmen verfügen.

Ob diese Unternehmergesellschaft sich auf dem Markt durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Sicherlich ist die Idee begrüßenswert, als Alternative zur englischen Ltd. eine deutsche Gesellschaft anzubieten. Begrüßenswert erscheint auch, dass das Stammkapital nur am Anfang nicht voll einbezahlt sein muss und durch Gewinnrücklagen gebildet werden kann. Die Praxis zeigt allerdings, dass die meisten GmbH-Insolvenzen in den Anfangsjahren zu beklagten sind. Die Ausfallquote wird daher voraussichtlich steigen, wobei der Rechtsverkehr durch den zwingenden Zusatz ausreichend geschützt scheint.

Ob durch dieses erhöhte Insolvenzrisiko das Ansehen der "Unternehmergesellschaft" in Mitleidenschaft gezogen werden wird, bleibt abzuwarten. Das gleiche gilt für die praktischen Insolvenzprobleme (Insolvenzverschleppung, Haftung des Gesellschafters für nicht erbrachte Stammeinlagen).

2. Beschleunigung des Eintragungsverfahrens

Das MoMiG sieht eine vollständige Abkoppelung von verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahren vor. Auch soll gestrichen werden, dass bei einer Ein-Mann-GmbH Sicherheiten zu leisten sind, soweit das Stammkapital nicht sofort voll einbezahlt ist. Bis jetzt musste neben der eidesstattlichen Versicherung, dass das Stammkapital einbezahlt ist und zur freien Verfügung steht, oft ein entsprechender Nachweis (Kontoauszug) erbracht werden. Dieser Nachweis wird zukünftig wahrscheinlich nicht mehr erforderlich sein. Hintergrund dieser Erleichterungen ist, dass ab dem 01.01.07 Handelsregister, Genossenschaftsregister und Unternehmensregister elektronisch geführt werden und so eine Beschleunigung erfolgen soll.

Diese Änderungen sind sicherlich zu begrüßen, da die Vereinfachung auch zu einer Beschleunigung führen wird.

3. Mustergesellschaftsverträge, Vertrag und GmbH-Gründung ohne notarielle Beurkundung

Das MoMiG bietet ein so genanntes "Gründungsset", bestehend aus Mustern für Gesellschaftsvertrag, Handelsregisteranmeldung und Niederschrift für eine Gesellschafterversammlung. Dieser Mustergesellschaftsvertrag bedarf nicht einer notariellen Beurkundung. Nur die Unterschriften müssen noch öffentlich beglaubigt werden.

Es ist zu befürchten, dass die Praxis zeigen wird, dass die fehlende Beurkundung und damit einhergehende fehlende Beratung nicht nur positive, sondern auch negative Effekte hat. Alleine die Auswahlmöglichkeiten der Mustersatzungen zeigen, dass hier nur absolut einfach gelagerte Fälle geregelt werden können. Die Praxis zeigt, dass die Beratung in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht im Vorfeld der Gründung einer Kapitalgesellschaft sehr viel Geld sparen kann. Handwerkliche Fehler bei der Gründung werden in der Regel viel zu spät erkannt, so dass bereits erhebliche Schäden angerichtet wurden.

III. Fazit

Festzuhalten bleibt, dass eine Reform des GmbH-Rechts grundsätzlich zu begrüßen ist. Der Gesetzgeber hat sich bei dieser Reform auch Gedanken gemacht, um "eine Flucht" in die englische Ltd. zu stoppen und gleichzeitig die Seriosität der deutschen GmbH zu bewahren. Ob das gelingt, erscheint allerdings etwas zweifelhaft, da nach wie vor ein Mindeststammkapital von zumindest 10.000,00 Euro geschaffen werden muss und auch durch die "Unternehmergesellschaft" lediglich die Bareinlage bei Gründung reduziert wird, das Stammkapital als solches aber durch die Thesaurierungspflicht verbleibt.

Auf dem Markt ist die englische Ltd. bereits vertreten und wird auch weiterhin vertreten sein. Warum der Gesetzgeber nicht eine neue Kapitalgesellschaft mit einer Stammeinlage von 1,00 Euro geschaffen hat, ist nicht ganz nachvollziehbar. Wer eine solche Kapitalgesellschaft wünscht, hat bereits jetzt die Möglichkeit, eine solche Gesellschaft zu gründen durch Inanspruchnahme ausländischen Gesellschaftsrechts. Die sich hieraus in der Praxis ergebenden erheblichen Probleme, wie beispielsweise die Frage, welches Recht Anwendung findet, würde durch eine neue deutsche Kapitalgesellschaft mit einem entsprechend niedrigen Stammkapital bewältigt werden.

Die vorgesehene "Sparversion" durch Verzicht auf jegliche notarielle Beurkundung, und damit wahrscheinlich auch Beratung, erscheint über das Ziel hinausgeschossen.

Kontakt und weitere Informationen: Der Autor ist Mitglied in der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. Rechtsanwalt Dr. Norbert Gieseler, Fachanwalt für Erbrecht und Steuerrecht. Kanzlei Rechtsanwälte Dr. Scholz & Weispfenning, Königstorgraben 3, 90402 Nürnberg. Tel: 49-911-24437-0, Fax: +49-911-2443799. email: kanzlei@scho-wei.de, www.scho-wei.de. (mf)