Kurseinbruch und Insolvenzgerüchte

Bei Getgoods schrillen die Alarmglocken

13.11.2013 von Matthias Hell
Die Kurse von Aktie und Unternehmensanleihe der Getgoods AG befinden sich seit Mittwoch im Sinkflug. Im Internet macht sich eine unheilvolle Mischung aus Fakten und Spekulationen breit, die nur eine Konsequenz zu kennen scheint: die baldige Insolvenz des Elektronikversenders.
Wie es wirklich um Getgoods steht, weiß nur er: Firmenchef Markus Rockstädt-Mies

Eine gewisse Dramatik gehörte schon immer zum Elektronikversender Getgoods und auch in den letzten Wochen sorgte das Unternehmen mit widersprüchlichen Meldungen für Aufsehen: Erst dementierte Firmenchef Markus Rockstädt-Mies Gerüchte über Kreditschwierigkeiten, dann meldete der Online-Händler Ende letzter Woche für das dritte Quartal 2013 ein Umsatzplus von 81 Prozent. Die Börsen schienen sich für die Meldungen zu der Aktiengesellschaft allerdings kaum zu interessieren – konstant setzten Aktie und Unternehmensanleihe von Getgoods ihren Weg nach unten fort.

Seit Beginn des heutigen Tages (13.11.) hat sich die Negativbewertung der Getgoods AG an den Finanzmärkten aber noch einmal gewaltig verschärft. Die Aktie des Unternehmens unterschritt am Morgen den Wert von 1 Euro, durchschlug zu Mittag die Schwelle von 0,50 Euro und befindet sich aktuell am Nachmittag bei unter 40 Cent. Ähnliches lässt sich bei der Firmenanleihe beobachten: Lag diese zu Monatsanfang noch bei knapp 60 Euro, rangiert diese im Moment zwischen 15 und 20 Euro-Cent.

Der massive Vertrauensverlust der Anleger scheint nur eine Konsequenz zuzulassen: die bevorstehende Insolvenz von Getgoods – und genau darauf haben sich mittlerweile auch verschiedenste Internetquellen mit einer Mischung aus Fakten uns Spekulation eingeschossen.

Fehlende Kapitalinformationen, entzogene Shop-Zertifizierung, gestrichene Kreditlimiten

Klar ist zunächst, dass die Finanzsituation bei dem Elektronikhändler derzeit zuhöchst unklar ist. Die Ende letzter Woche veröffentlichte Umsatzmeldung enthielt keinerlei Angaben zur Ertragslage. Eine für Montag angesetzte Session von Getgoods beim „Eigenkapitalforum“ der Deutschen Börse wurde abgesagt, nach Unternehmensangaben wegen Krankheitsgründen. Am 16. November muss Getgoods jedenfalls Quartalszinsen auf seine Anleihe zahlen. Die Unternehmensanleihe hat inzwischen ein Volumen von 60 Millionen Euro, fällig werden Kuponzahlungen in Höhe von knapp 1,2 Millionen Euro.

Um eine belastbare Information handelt es sich auch bei der Nachricht, dass Trusted Shops seine Zertifizierung für den Elektronikversender zurückgezogen hat. Auf Anfrage von ChannelPartner bestätigte Carsten Föhlisch, Executive Director Audit & Legal bei Trusted Shops: „Wir haben dem Online-Shop Getgods.de das Trusted Shops Gütesiegel entzogen, weil der Shop nicht mehr unseren Qualitätskriterien entsprach. Details können wir leider nicht nennen, da hierüber Vertraulichkeit vereinbart wurde.“ Doch lässt sich jedenfalls festhalten, dass der Shop-Zertifizierer mit seinem Käuferschutz nicht bereit ist, weiter für Getgoods gerade zu stehen. Zu der Meldung passen auch bei ChannelPartner eigegangene Informationen aus Distributionskreisen, wonach Getgoods heute Morgen sämtliche Kreditlimiten gestrichen worden sein sollen.

Gerüchte um Getgoods-Chef Rockstädt-Mies

Ins Reich der Gerüchte verweisen muss man derzeit noch die von dem Anlagen-Magazin Bondguide verbreitete Information, „einige Leute möchten mit CEO Rockstädt-Mies nicht zusammenarbeiten“. Das Magazin spielt damit auf das Szenario an, eine bevorstehende Insolvenz von Getgoods könnte nur der Versuch einiger Großanleger sein, den schillernden Unternehmens-Chef loszuwerden. Genauso wahrscheinlich bzw. unwahrscheinlich ist auch eine bevorstehende Übernahme von Getgoods – schließlich ist das gesamte Unternehmen derzeit an den Börsen nur noch mit wenigen Millionen Euro bewertet.

Gegenüber ChannelPartner gab sich Rockstädt-Mies Ende Oktober noch zuversichtlich und verwies auf bevorstehende strategische Partnerschaften und Investorenbeteiligungen. Wie ernst es dem Getgoods-Chef damit war, weiß wohl nur er selbst. Schon seit längerem war jedenfalls klar, dass die Mischung aus explosiven Wachstum und immer prekärerer Finanzierung bei Getgoods zunehmend einer Wette auf die Zukunft gleicht und komplett offen ist, ob dem Unternehmen die Zeit bleibt, diese einzulösen. (mh)

Die größten Pleiten in der ITK-Branche in den verg
IDS Scheer Consulting (September 2014)
Das IT-Beratungshaus IDS Scheer Consulting, das erst im Juni von der Software AG an die Scheer Group verkauft wurde, steht vor der Insolvenz. Jeder vierte Mitarbeiter muss gehen.
Printer Care (Juli 2014)
Einer der wichtigsten Online-Händler für Drucker und Zubehör hat Insolvenz angemeldet. Geschäftsführer Claus Grünig glaubt aber fest an eine Zukunft von Printer Care.
mStore (Juli 2014)
Gegen den Apple-Händler mStore wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die zunächst angestrebte Sanierung in Eigenverantwortung ist damit gescheitert. Noch in dieser Woche sollen die meisten Filialen der Kette geschlossen werden.
Vitec (Juli 2014)
Der britische AV-Distributor Imago will alle Mitarbeiter des insolventen Multimediaspezialisten Vitec übernehmen. Die Geschäfte sollen unter Vitec-Gründer Dr. Wilhelm Mettner am Standort Mainz weitergeführt werden.
ACI Supplies (März 2014)
Die Telefone stehen still bei ACI Supplies in Ratingen. Grund: Die Unternehmensmutter ACI Adam BV mit Sitz in Maastricht, hat Insolvenz angemeldet. Der Distributor ist in Zahlungsschwierigkeiten geraten.
DiTech (März 2014)
Mit weit über 100 Millionen Euro Umsatz ist der österreichische Multichannel-Händler DiTech alles andere als ein Leichtgewicht. Im März 2014 musste das Unternehmen ein Sanierungsverfahren zur Abwendung einer Insolvenz einleiten.
Getgoods (November 2013)
Nachdem sich die Hinweise auf eine bevorstehende Insolvenz des Elektronikversender Getgoods gehäuft hatten, hat das Unternehmen Mitte November seine Zahlungsunfähigkeit offiziell bestätigt. Der Geschäftsbetrieb soll allerdings aufrechterhalten werden.<br>
BHS Binkert (November 2013)
Der auf das Imaging-Segment spezialisierte Distributor BHS Binkert hat einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Wie es weitergeht, ist derzeit noch ungewiss.<br>
Loewe (Juli 2013)
Nur wenige Wochen vor der IFA in Berlin ist Aushängeschild der deutschen Fernsehproduktion, Loewe, in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten geraten: Um einer Insolvenz vorzubeugen, hat sich das Unternehmen nun für ein Schutzschirmverfahren entschlossen.<br>
Chips and More (Juli 2013)
Der Freiburger Distributor Chips and More musste im Sommer 2013 Insolvenz anmelden. Der Grossist war unter anderem durch seine Eigenmarke CnMemory bekannt.
Niedermeyer (Mai 2013)
Sanierungskosten von bis zu 10 Millionen Euro – so viel war auch dem deutschen Onlinehändler Cyberport sein österreichischer Partner im stationären Handel nicht wert: Die Investorensuche für die Elektronikkette Niedermeyer blieb erfolglos, die verbleibenden 45 Filialen des einst 98 Standorte starken Filialnetzes mussten schließen.
Devil und COS (April 2013)
Nachdem die Kreditversicherer sowohl für Devil als auch für COS die Limits gekürzt hatten, mussten die beiden Distributoren im April 2013 Insolvenz anmelden.<br> Sechs Wochen später war die Zukunft von COS in Pohlheim gesichert: Der Api-Konzern wird das Unternehmen unter dem Namen COS Computerhandels GmbH weiterführen. Und im Juli 2013 wurde bekannt, dass der polnische Distributor Action S.A. den Braunschweiger Grossisten Devil übernehmen wird.<br>
b.com (März 2013)
Der Kölner Distributor B.com musste beim Amtsgericht Köln einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Ein bereits erarbeiteter Sanierungs- und Restrukturierungsplan sollte an die neue Situation angepasst werden.<br> Kurz Zeit später wurde mit der Wortmann AG ein Retter gefunden.<br>
Jet Computer (März 2013)
Auch der Spezialdistributor Jet Computer Products war in finanzielle Schieflage geraten und musste beim Amtsgericht Hannover einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Vertrieb und Support sollten zusammen mit den Herstellern aufrechterhalten werden.<br>
BT Kopier (Dezember 2012)
Nachdem Büroring angekündigt hat, sich aus dem übernahmegeschäft mit BT Kopier zurück zu ziehen, musste der Büromaschinenspezialist beim Amtsgericht Duisburg Insolvenz anmelden.<br>
H&S (Oktober 2012)
Im Oktober 2012 hatte die H & S Entwicklungsgesellschaft Nettetal GmbH vor dem Amtsgericht Krefeld Insolvenz angemeldet. Besser bekannt war die Firma allerdings unter dem vormaligen Namen Terratec. <br>
Neckermann (Juli 2012)
Während die Rettung von Neckermann scheiterte, gab es zumindest für einen durch die Insolvenz in Bedrängnis geratenen Partner-Shop eine neue Zukunft: Der zum Distributor Wave gehörende Elektronikversender Alternate wollte den Onlinehändler Styleon.de weiterführen.<br>
ADA – Das Systemhaus (März 2012)
Das zu diesem Zeitpunkt siebtgrößte Systemhaus Deutschlands musste im März 2012 Insolvenz anmelden. Zum 1. Juli 2012 übernahm Ricoh das operative Geschäft und machte ADA zu einer Business Unit.<br>
PC live (Januar 2012)
Das Peripherie-Label Typhoon schien dem kein Glück zu bringen: Mit PC live wurde schon die dritte Eigentümerfirma insolvent. <br>
Asdis Software (Juni 2010)
Auch Thomas Benz, Geschäftsführer des Systemhauses Asdis Software, musste im Juni 2010 den Gang zum Insolvenzverwalter antreten.<br>
RZNet (August 2009)
Mit Lothar Papenberg, Vorstand der RZNet AG, musste ein weiterer Systemhaus-Chef im August 2009 den Gang zum Insolvenzgericht antreten.<br>
TDMi (Juli 2009)
Deutschlands drittgrößtes Systemhaus, die TDMi-Gruppe, musste im Juli 2009 Insolvenz anmelden. Betroffen waren die TDMi-Tochter Comparex, die Muttergesellschaften TDMi Deutschland Holding GmbH und die TDMi AG.<br>
COS (Juli 2009)
Besonders wild ging es bei der COS-Pleite im Juli 2009 zu: Erst verkaufte Firmenmutter Tiscon den Distributor an den russischen Investor Green Gold, der COS wohl entgegen den getroffenen Absprachen in die Insolvenz schickte. Als rettender Engel für die COS erwies sich ausgerechnet der Braunschweiger Wettbewerber Devil.<br>
Trekstor (Juli 2009)
Im Juli 2009 mussten auch die Trekstor-Geschäftsführer Daniel und Shimon Szmigiel (Foto) Insolvenz anmelden.<br>
Tandberg Data (April 2009)
Weil der Speicherspezialist Tandberg Data Kredite an den Investor Cyrus Capital nicht zurückzahlen konnte, musste das Unternehmen im April 2009 Insolvenz anmelden. Im Zuge der Restrukturierung verließen Deutschland-Chef Frank Roszyk und eine ganze Reihe führender Manager das Unternehmen und gründeten den direkten Wettbewerber Actidata.<br>
Finanzielle Schieflage
Auf den nächsten Seiten gibt es eine Auflistung der wichtigsten ITK-Distributoren, -Systemhäuser, -Hersteller, und -Händler die in letzter Zeit Insolvenz anmelden mussten oder pleite gingen.<br>
Netsquare (Juli 2015)
Distributor und PC-Fertiger Netsquare ist zahlungsunfähig. Ob der Geschäftsbetrieb weitergehen kann, ist laut Insolvenzverwalter noch nicht absehbar.
Weltbild (Juli 2015)
Also will die aus der Insolvenzmasse der Weltbild erworbenen Logistikaktivität nicht mehr finanziell unterstützen. Damit droht in Augsburg die Insolvenz.
Atelco (Juli 2015)
Das Sparprogramm, das die Atelco-Gruppe nach anhaltenden Umsatzrückgängen und Verlusten eingeleitet hatte, ist gescheitert. Nachdem Investorengespräche nicht schnell genug abgeschlossen werden konnten, beantragte das Unternehmen im Juli 2015 die Insolvenz.