Rechtsbeziehungen und Rechtsansprüche

Bewerbungen – das Wichtigste in Kürze

15.03.2011
Michael Henn und Christian Lentföhr zeigen auf, welche arbeitsrechtlichen Normen zu beachten sind.
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Michael Henn und Christian Lentföhr zeigen auf, welche arbeitsrechtlichen Normen zu beachten sind.

1. Allgemeines zur Bewerbung

Mit einer Bewerbung bringt der Arbeitnehmer sein Interesse an der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck. Mit jeder Bewerbung entstehen mehr oder weniger verdichtete Rechtsbeziehungen, die dann auch zu Rechtsansprüchen führen können, wenn es nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrages kommt.

2. Bewerbungsunterlagen

Bewerbungsunterlagen sind regelmäßig das Bewerbungsschreiben, Lebenslauf, Arbeitszeugnisse, Schul- oder Hochschulbescheinigungen, Ausbildungsnachweise, Referenzen usw. Die Beschaffungskosten (Kopien, Lichtbild) trägt der Arbeitnehmer, einschließlich der erforderlichen Vermittlungskosten. Das gilt auch für ein vom Arbeitgeber verlangtes Führungszeugnis.

3. Verwahrung und Rücksendung

Auf unverlangt eingehende Bewerbungen braucht der Arbeitgeber nicht zu reagieren, die Bewerbungsunterlagen sind nur zurückzusenden, wenn der Bewerber einen Freiumschlag beigelegt hat. Eine Rechtspflicht besteht allerdings nicht. Meldet sich der Bewerber innerhalb angemessener Frist nicht erneut, können die Unterlagen vernichtet werden. Das dürfte auch für Originale gelten.

Anderes gilt bei Bewerbungen, zu denen der Arbeitgeber, wenn auch allgemein über Inserat oder Agentur für Arbeit, aufgefordert hat. Neben einer üblichen Eingangsbestätigung sind dem Arbeitnehmer die Unterlagen vollständig nach Abschluss des erfolglosen Bewerbungsverfahrens auf Kosten des Arbeitgebers zurückzusenden. In der Zwischenzeit sind die Unterlagen sorgfältig zu verwahren, bei Beschädigungen oder Verlust ist Ersatz zu leisten. Führt die Bewerbung zur Einstellung des Arbeitnehmers, werden die Unterlagen Gegenstand der Personalakte.

4. Vorstellungskosten

Fordert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf, sich persönlich vorzustellen, werden die damit verbundenen Aufwendungen auch ohne besondere Vereinbarung verkehrsüblich vom Arbeitgeber von vornherein übernommen oder gegen Beleg erstattet.

Hierzu ist er nach ganz herrschende Meinung verpflichtet, auf die Vorschriften des Auftragsrechts wird zurückgegriffen §§ 662 bis 676 BGB. Das gilt auch dann, wenn die Aufforderung des Arbeitgebers auf eine Initiativbewerbung des Arbeitnehmers zurückgeht. Unerheblich ist, ob es zur Einstellung des Bewerbers kommt. Der Arbeitgeber kann den Anspruch dadurch ausschließen, dass er vorher den Bewerber ausdrücklich darauf hinweist, dass etwaige Kosten nicht übernommen werden.

Art und Höhe der zu tragenden Kosten bestimmen sich nach angemessener Billigkeit und Erforderlichkeit. Dazu gehören Fahrtkosten, allerdings nur von dem dem Arbeitgeber bekannten Anreiseort des Arbeitnehmers. Regelmäßig sind bei Benutzung des PKW die gefahrenen Kilometer zu erstatten, auf die steuerliche Pauschale kann zurückgegriffen werden. Angesichts der Üblichkeit der Pkw-Benutzung beschränkt sich der Anspruch des Arbeitnehmers auf die niedrigeren Kosten öffentlicher Verkehrsmitteln nur bei einem entsprechenden vorherigen Hinweis des Arbeitgebers. Flugkosten sind i. d. R. nur zu erstatten, wenn der Arbeitgeber ihre Übernahme zugesagt hatte. Übernachtungskosten sind zu übernehmen, wenn dem Arbeitnehmer nach der zeitlichen Lage des Vorstellungsgesprächs erkennbar am gleichen Tag eine An- und Abreise nicht zumutbar ist. Regelmäßig ist der Verpflegungsaufwand nach Beleg oder steuerliche Pauschale zu erstatten. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, § 195 BGB.

Der dem Arbeitnehmer entstehende Zeitaufwand ist nicht auszugleichen, und zwar weder ein genommener Urlaubstag noch ein etwaiger Verdienstausfall. Mit derartigen Kosten braucht der Arbeitgeber i. d. R. nicht zurechnen, sie sind nicht verkehrsüblich, zumal der Arbeitnehmer von seinem bisherigen Arbeitgeber bezahlte Freizeit zur Stellensuche beanspruchen kann.

5. Lohnsteuerrecht

Bewerbungskosten sind vorweggenommene Werbungskosten, die nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz abziehbar sind, auch wenn es nicht zu den erstrebten Einnahmen kommt. Zu den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen des Arbeitnehmers gehören neben den dem Einstellungsgespräch vorausgehenden Kosten (Fertigungskosten, Schicken von Unterlagen, Telefon usw., die mit dem Einstellungsgespräch verbundenen Reisekosten, so weit diese nicht übernommen werden. So weit der künftige Arbeitgeber Reisekosten steuerfrei ersetzt, ist der Werbungskostenabzug nach § 3c Einkommensteuergesetz ausgeschlossen. Für den Arbeitgeber sind die erstatteten Reisekosten abzugsfähige Betriebsausgaben.

Weitere Informationen zum Thema und Kontakt:

Michael Henn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Präsident des VdAA, c/o Dr. Gaupp & Coll, Stuttgart, Tel.: 0711 305893-0, E-Mail: stuttgart@drgaupp.de, Internet: www.drgaupp.de und www.vdaa.de

Christian Lentföhr, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Mitglied im VdAA, c/o W. Schuster und Partner GmbH, Schuster, Lentföhr & Zeh, Tel: 0211 658810, E-Mail: lentfoehr@wsp.de, Internet: www.esp.de