BGH entscheidet für Kapitalanleger

31.05.2006
Rechtschutzversicherungen müssen Prozesskosten übernehmen.

Klagt ein Kapitalanleger auf Rückabwicklung einer Fondsbeteiligung wegen eines fehlerhaften Anlageprospektes, ist die Rechtsschutzversicherung zur Übernahme der Prozesskosten verpflichtet. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Urteil vom 03. Mai 2006 (Az: IV ZR 252/04) entschieden. Darauf weist die Augsburger Anwaltskanzlei JuS Rechtsanwälte Schloms und Partner hin, die als Prozessbevollmächtigte mit dieser Klage in dritter Instanz ein rechtskräftiges Urteil erstritten hat.

Der Kläger hatte sich mit einem Betrag von seinerzeit 1,6 Millionen Mark als Kommanditist an einem Medienfonds beteiligt, der in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG (Publikums-KG) geführt wurde. Die Beteiligung entwickelte sich jedoch nicht wie im Prospekt prognostiziert, sondern geriet in eine finanzielle Schieflage. Deshalb verklagte der Anleger ein Unternehmen, das als Berater und Vertriebsgesellschaft des Fonds fungierte, wegen fehlerhafter Prospektangaben (Prospekthaftung) zur Rückzahlung seiner Beteiligungssumme.

Die Rechtsschutzversicherung des Anlegers lehnte eine Übernahme der Prozesskosten für dieses Verfahren ab. Begründung: Einerseits läge nach den zugrunde liegenden Allgemeinen Rechtschutzbedingungen (ARB 1994) ein so genannter Ausschlusstatbestand vor, da durch die Klage das Recht der Handelsgesellschaften betroffen sei. Andererseits, so der Versicherer, handele es sich bei der Kapitalbeteiligung des Anlegers um eine selbständige Tätigkeit, da der Anleger als Kommanditist Mitunternehmer der Gesellschaft geworden sei. Eine selbständige Tätigkeit aber sei gemäß ARB 1994 nicht vom Versicherungsschutz erfasst.

Der Anleger verklagte daher seine Rechtsschutzversicherung auf Übernahme der Prozesskosten. In erster und zweiter Instanz hatten das Landgericht Wiesbaden beziehungsweise das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Rechtsschutzversicherung zur Übernahme sämtlicher Prozesskosten verurteilt.

Gegen die Entscheidung des OLG Frankfurt legte die Rechtsschutzversicherung Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Der BGH hat jetzt (Az: IV ZR 252/04) die Auffassung der Vorinstanzen in vollem Umfang bestätigt und die Revision der Rechtsschutzversicherung zurückgewiesen. Das Urteil des OLG Frankfurt ist somit rechtskräftig.

Der BGH schloss sich der Auffassung des OLG Frankfurt an, dass die Prospekthaftungsklage nicht im Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit des Anlegers stehe. Denn für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit sei ein berufsmäßiger Geschäftsbetrieb mit der Absicht dauernder Gewinnerzielung notwendig. Die Verwaltung eigenen Vermögens gehöre aber grundsätzlich zum privaten Bereich, so das OLG Frankfurt in seiner Begründung. Entscheidend sei dabei auch nicht die Frage der Höhe der Beteiligung, sondern allein die Tatsache, ob der Umfang der Vermögensverwaltung einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordere, wie zum Beispiel die Unterhaltung eines Büros. Dies sei aber hier nicht der Fall gewesen. Dabei spiele es keine Rolle, so das Gericht, dass ein Bürobetrieb heutzutage durch den Einsatz technischer Mittel einfacher gestaltet werden könne, denn im vorliegenden Fall sei er in der Sache grundsätzlich nicht notwendig.

Unerheblich sei ebenfalls, dass der Anleger zwar im steuerrechtlichen Sinne als Mitunternehmer zu betrachten sei. Denn ausschlaggebend sei, dass die Abgrenzungskriterien "selbständig", "freiberuflich2 und "gewerbetreibend" bei der Auslegung der ARB nicht anhand des

Steuerrechts beurteilt werden könnten. Im Recht gebe es weder einen einheitlichen Begriff des Gewerbetriebes noch den des Unternehmens.

Darüber hinaus sei der Anleger als Kommanditist von der Geschäftsführung ausgeschlossen gewesen und habe somit keinen herrschenden Einfluss auf die Gesellschaft gehabt. Dies aber sei Voraussetzung für eine selbständige Tätigkeit. Die Stellung des Anlegers sei vergleichbar mit der eines Aktionärs.

Darüber hinaus war das Gericht auch der Auffassung, dass mit der Prospekthaftungsklage des Anlegers keine Interessen aus dem Bereich des Rechts der Handelsgesellschaften betroffen seien. Denn dieser Ausschlusstatbestand betreffe nur solche Streitigkeiten, bei denen

spezifisch gesellschaftsrechtliche Fragen im Vordergrund stünden. Die Klage, für die der Anleger Rechtsschutz begehrt, betreffe jedoch nicht seine Stellung als Kommanditist der Gesellschaft. Vielmehr beziehe sich die Klage auf Vorgänge, die erst zum Erwerb der Gesellschafterstellung des Anlegers geführt hätten und damit vor der Begründung dieser

Gesellschafterstellung lägen. Der IV. Senat des BGH bestätigte damit eine eigene Entscheidung aus dem Jahr 2003 zur Prospekthaftungsklage eines Telekom-Aktionärs.

"Diese Entscheidung ist für viele Anleger von Bedeutung", kommentiert Rechtsanwalt Rainer J. Kositzki von der Augsburger Kanzlei JuS Rechtsanwälte Schloms und Partner, die den Kapitalanleger anwaltlich vertreten hatte, das BGH-Urteil. "Die Entscheidung schafft ein gutes Stück Rechtssicherheit, ein Anleger muss sich in Anbetracht der bei solchen Verfahren teilweise beträchtlichen Prozesskosten zumindest hinsichtlich des Kostenrisikos keine Gedanken mehr machen."

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