Benchmark von Experton

Big Data Analytics auf dem Prüfstand

09.04.2014 von Holm Landrock
Die Analyse von Massendaten jeder Art weckt in der Branche bereits heute Begehrlichkeiten. Doch gibt es überhaupt schon Lösungen, die die Hoffnungen auf ein reges Zusatzgeschäft rechtfertigen? Experton-Analyst Holm Landrock hat die Angebote durchkämmt.

Im vergangenen Jahr hat Experton Group den ersten Big Data Vendor Benchmark für Deutschland vorgestellt. Wir werfen im heutigen ICT-Newsletter einen genaueren Blick auf den Quadranten der Kategorie "Analytics", in der Anbieter bewertet wurden, die für die Big-Data-Aufgaben der Anwender Dienstleistungen rund um den Rechenzentrumsbetrieb und den Betrieb von IT-Systemen anbieten. Außerdem weisen wir auf die Kontinuität im Thema "Big Data" hin, die vielfältig zum Ausdruck kommt.

Häufig fußen Analytics-Lösungen auf einer bereits existierenden Software, die um Analyse-Tools erweitert wurde.
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Die Angebote im Bereich der Analytics-Software zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie um eine bereits existierende Software weitere Analyse-Tools entwickeln. Um diese Offerings werden dann vielfach Beratungsangebote entwickelt, die mit der Komplexität der Anwenderprobleme auch selbst an Komplexität zunehmen. Das kann auf Anwender mit unter verwirrend wirken.

Einzelne Anbieter liefern ihre Lösung zusätzlich als Appliances, die die eigentliche Analytics-Anwendung in ein vorkonfiguriertes System mit Server, Storage, Netzwerk, Datenbank und Middleware integriert.

Die betrachteten Big-Data-Analytics-Lösungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Unterschied zu den bisherigen klassischen Business-Analytics/Business-Intelligence-Lösungen nicht nur größere Datenmengen, sondern mehr unterschiedliche Formate verarbeiten können und Berechnungsergebnisse schneller liefern.

Im "Big Data Vendor Benchmark 2014" bewertete Experton das Herstellerangebot anhand folgender Kriterien:
1. Big-Data-Infrastruktur (Datenspeicherungslösungen, Verknüpfung von Daten und Datenbanken, Appliances, Computerhardware)
2. Big-Data-Aggregation (Zusammenführung von Daten aus unterschiedlichen Quellen, Integration, Data Quality)
3. Big Data Analytics (Business-Intelligence-Lösungen, Data Warehouses, Advanced Analytics)
4. Big-Data-Syndizierung (Visualisierung und Ausspielen von Berechnungsergebnissen an viele Benutzer, einschließlich Konzepten wie Linked Open Data)
5. Data Security und Data Integrity
6. Big-Data-Consulting und -Services

Historisch bedingt und auf Basis der ersten großen Erfolge liegt der Schwerpunkt häufig in einem bestimmten Marktsegment wie zum Beispiel dem Handel. Oft liegt der Fokus noch stark auf dem Datenvolumen, aber möglicherweise werden von der Anwendung auch schon stark diversifizierte Daten aus unterschiedlichen Quellen und in unterschiedlichen Formaten verarbeitet.

Bewertungskriterien

Ein maßgebliches Kriterium für die Beurteilung des Offerings ist die Fähigkeit der Verarbeitung von Daten aus den unterschiedlichsten Quellen. Das können viele Lösungen in der Theorie belegen. Die meisten praktischen Anwendungsbeispiele kommen jedoch noch aus Einsatzgebieten, deren Daten in der Regel sehr gut strukturiert sind - beispielsweise Maschinendaten oder Textdaten mit begrenzten Textlängen und Strukturelementen wie URL-Kurzformen bzw. durch Sonderzeichen markierte Bestandteile.

Die Verteilung der Unternehmen im Wettbewerbsfeld zeigt, dass eine ganze Reihe von Unternehmen technologisch sehr gut aufgestellt ist. Diese Unternehmen haben jetzt die Chance, mit neuen komplexen Anwendungsszenarien und einer Stärkung ihrer (Service-) Organisation weit nach vorn zu drängen, wobei sie auch große internationale Unternehmen verdrängen können.

Oracle weit vorne

Oracle Advanced Analytics, Oracle OLAP und Oracle RT Decision Server sind Lösungen, die zur Spitze der aktuell im Markt verfügbaren Offerings gehören. Bemerkenswert und durch positive Rückmeldungen von Anwendern bestätigt, ist Oracles eigene Distribution von R für die Oracle-Datenbanken 11g und 12c. Mit R wird eines der leistungsfähigsten Analytics-Tools mit leistungsfähigen Hardware-Lösungen verknüpft. Dadurch ist Oracle sicherlich auch für die engere Auswahl interessant. Die Existenz der entsprechenden Speicherlösungen (Oracles Engineered Systems) wirkte sich unterstützend auf diese Positionierung aus, weil Oracle dadurch insgesamt eine fortschrittliche Grundlage für Big-Data-Analysen liefern kann.

IBM punktet mit Unabhängigkeit

Gleich drei Analytics-Engines kann IBM in die Waagschale werfen: Da ist das Hadoop-basierende BigInsights, die InfoSphere Streams für die Verarbeitung von Streaming Data und die PureData-Systeme für Analysen oder DB2-Lösungen. Information Management und Data Governance, wie von manchen Anbietern im Markt fast schon als eigenständige Big-Data-Lösung angepriesen, werden von IBM als unterstützende Lösungskomponenten zugrunde gelegt. Bereits an anderer Stelle erwähnt wurde IBMs BLU-Technologie, die SQL-Abfragen nicht nur "in-memory", sondern auch auf komprimierte Daten gestattet, was einen enormen Leistungsschub bringt, wobei dieses Leistungsmerkmal hier nur unterstützend bewertet wurde. Die Bewertung unterstützt hat ebenfalls die weitgehende Unabhängigkeit IBMs von Dritten hinsichtlich des Produktportfolios ebenso wie hinsichtlich der Wettbewerbsstärke.

Blue Yonder, SAP, HP, Microsoft und SAS

Blue Yonder

Blue Yonder erlangte für die Predictive-Analytics-Suite eine Bewertung, die für eine führende Position in der Gruppe der Product Challenger reicht. Das Unternehmen hat ein solides Verständnis von einer komplexeren Big-Data-Vision, verknüpft seine Lösungen mit konkreten Nutzungsszenarien und kann diese mit Referenzbeispielen belegen. Das Unternehmen hat große Erfolge vor allem mit Lösungen für die Absatzvorhersagen im Handel erzielt.

SAP macht Tempo

Die Akquise von Sybase war ein sehr guter Schritt seitens SAP. Mit diesen Hochleistungsdatenbanken können auch komplexere Analysen auf großen Datenmengen gerechnet werden. Die Realtime Data Platform von SAP kombiniert HANA, Sybase IQ und ASE sowie Hadoop mit den dahinter liegenden analytischen Verfahren und erlaubt z.B. Predictive Analytics, wie sie derzeit einen Schwerpunkt von Big-Data-Szenarien bilden. Außerdem verfügt diese Plattform über Technologien zur Volumenreduzierung, wodurch bestimmte Analytics beschleunigt werden können.

Die Stärken SAPs spiegeln sich auch in der Positionierung ausgewählter Unternehmen des SAP-Partnernetzwerks wider. Ebenso wie die Hadoop-Integration spielte auch die Unterstützung von HANA eine Rolle bei der Bewertung der Anbieter.

HP setzt auf Integration

HP besitzt mit seiner Big Data Discovery Experience eine vorintegrierte Lösung auf der Basis von Autonomy, Vertica und Hadoop - allerdings als Cloud-gestützte Lösung. Mit der Akquisition von Vertica bietet HP selbst auch eine Analytics-Lösung an. Im Analytics-Bereich tragen außerdem die langjährigen strategischen Partnerschaften HPs mit Softwareanbietern wie SAP und SAS zur positiven Positionierung in diesem Benchmark bei. Ergänzt wird das Produkt-Offering durch ein umfangreiches Service-Angebot.

Top 100: Big Data -
Big Data Vendor Benchmark 2013
Big Data beschreibt die Datendimensionen für die Business-Intelligence- und Business-Analytics-Aufgaben der Zukunft. Dabei wohnt Big Data ein Erkenntniskreislauf inne.
Big Data Vendor Benchmark 2013 – Deutschland – PROJECTS & CONSULTING
Die Anbieter für Projects & Consulting (Projektberatungsgeschäft) <br>Quelle: Experton Group
Big Data Vendor Benchmark 2013 – Deutschland – OPERATIONS
Die Anbieter im Bereich Big Data Operations<br>Quelle: Experton Group
Big Data Vendor Benchmark 2013 – Deutschland – DATENBANKEN
Die Anbieter von Datenbanklösungen für Big-Data- Projekte<br>Quelle: Experton Group
Big Data Vendor Benchmark 2013 – Deutschland – APPLIANCES
Die Anbieter von Big-Data- Appliances<br>Quelle: Experton Group
Big Data Vendor Benchmark 2013 – Deutschland – ANALYTICS
Die Anbieter von Big-Data-Analytics- Softwarelösungen<br>Quelle: Experton Group

Microsofts starke BI-Basis

Ein umfangreiches und auch leistungsfähiges Produktportfolio hat Microsoft. Microsoft stellt bei seiner Big-Data-Strategie die Weiterentwicklung der Data-Warehouse- und Business-Intelligence-Stacks hinsichtlich der Integration neuer Big Data-Technologien in den Vordergrund. Als beteiligte Produkte werden HDInsight, Parallel Data Warehouse und PolyBase-Engine genannt.

Pioniergeist SAS

SAS hat in Deutschland einen eindrucksvollen Footprint hinsichtlich Advanced Analytics mit Big-Data-Perspektive. Die Nutzungsszenarien sind vielfältig und mit Referenzen belegt. Zudem hat SAS frühzeitig verstanden, dass die klassischen BI-Lösungen weiterentwickelt werden müssen. Das Lösungsportfolio, die Ausrichtung des Unternehmens und die Mannschaftsstärke für Big-Data-Projekte stimmen. Referenzen liefert SAS zum Beispiel für die deutschen Dependancen internationaler Konzerne (zum Beispiel im Bereich Fraud Detection bei Kreditkartenunternehmen).

Software AG, Microstrategy, Teradata, Dell und Datameer

Kluger Schachzug von Software AG

Mit der Akquisition von Terracotta hat die Software AG interessante Big-Data-Analytics-Tools erworben, die auch aktiv im deutschen Markt positioniert werden. Für die Terracotta-Lösungen, hier vor allem die kommerzielle Variante von Ehcache, BigMemory, und das Analytics-Tool In-Genius, stehen die leistungsfähigen Vertriebs- und Supportorganisationen der Software AG zur Verfügung. Terracotta liefert auch die Lösungen, die von Fujitsu/TDS in Big-Data-Projekten benutzt werden.

Microstrategy

Microstrategy verdankt seine Positionierung im Leader-Quadranten unter anderem der Vollständigkeit des Angebots. Das Unternehmen lebt den Trend von "OLTP" zu "OLAP mit großen Datenmengen". Die Cloud-Services für die Arbeit mit großen Datenmengen wurden ergänzend in der Bewertung berücksichtigt. Microstrategy bietet die Funktionalitäten, die Anwender für heutige Big-Data-Probleme erwarten. Dies gilt auch hinsichtlich der Quellen, wobei hier natürlich innerhalb der unstrukturierten Daten neben Text auch Video- und Audio-Daten künftig an Bedeutung für die Anwender gewinnen.

Teradata mit stimmiger Strategie

Teradata hat mit der Unified Data Architecture eine Analyse-Plattform geschaffen, die dem Anwender die, für komplexe Analysen, erforderlichen Komponenten integriert und auch Daten aus Hadoop (als Datenbank) wie auch aus RDBMS verarbeiten kann. Vision und Strategie stimmen bei Teradata überein und das Unternehmen hat verstanden, dass Anwender immer stärker an Lösungen statt an separaten Produkten interessiert sind.

Dell

Das für die Bewertung betrachtete Tool Kitenga von Dell ist eine interessante Analytics-Engine auf Hadoop-Basis. Anwender von Kitenga beschleunigen mit der Lösung auch die Verarbeitung von Betriebsdaten und - den typischerweise sehr gut strukturierten - Maschinendaten. Ergänzend zur Lösung Kitenga wurden das unterstützende Hardware-Portfolio und der gesamte Unternehmensauftritt gut bewertet. Kitenga sollte jedoch noch stärker in das Hardware-Portfolio integriert werden. Dell ist damit ein Unternehmen, in dem Experton ein großes Potential für die Bewältigung von Big-Data-Projekten bei den Anwenderunternehmen sieht.

Analytics made in Germany: Datameer

Ein überaus spannendes Unternehmen ist Datameer. Das Unternehmen hat deutsche Gründer und der Entwicklungsstandort ist Halle in Sachsen-Anhalt. Datameer setzt mit seinen Lösungen direkt auf Hadoop auf und fokussiert stark die direkte Unterstützung der Business User. Zielsetzung ist, dass Anwender auch ohne großes Know-how adhoc-Auswertungen über die unterschiedlichsten Datenquellen fahren können oder on demand verschiedene direkte Views auf die Daten erhalten (self service). Dazu werden eine Vielzahl von Konnektoren und analytische Funktionen für polystrukturierte Daten "off the shelf" bereitgestellt.

Big Data in Zahlen -
Big Data in Zahlen
Karl Valentin hat einmal das Bonmot geprägt, schwer sei leicht was. Das kann man für den Trend Big Data mit Sicherheit auch behaupten. Sinnvoll in der Theorie, schwer in der Realisierung. Wir liefern ein paar Fakten.
Welche Probleme sehen Sie beim Einsatz von Big Data?
Big-Data-Konzepte werden nicht vorangetrieben, weil es an den richtigen Skills fehlt.<br> Angaben in Prozent; n = 206; Mehrfachnennungen möglich; Quelle: BARC

Datawatch beweist Mut

Mit einer soliden technologischen Basis hat Datawatch die Chance, ihre Positionierung durch mehr Sichtbarkeit und Wahrnehmung im Markt zu verbessern. Positiv bewertet wurde unter anderem, dass Datawatch zum Beispiel die Limitierungen ihrer Lösung beschrieben hat. Das trägt erheblich zur Glaubwürdigkeit des Unternehmens bei. Beachtenswert ist dabei auch die Data-Pump-Technologie von DataWatch. (rb)