„Schockstarre“ ist die schlechteste Variante

Blaulicht und Martinshorn – wie verhalte ich mich richtig?

01.06.2015 von Renate Oettinger
Das oberste Gebot lautet: Ruhe bewahren und sich orientieren, woher die Signale kommen, in welche Richtung sie sich bewegen und wie viele Fahrzeuge im Einsatz sind. Weitere Verhaltensregeln nennen die Arag-Experten.

Was tun, wenn plötzlich Rettungsdienste, Feuerwehr oder Polizei mit Blaulicht und Martinshorn über die Straße donnern? Immer wieder wissen Autofahrer nicht wohin oder bleiben in einer Art Schockstarre mitten auf der Fahrbahn stehen. Andere geraten sogar in Panik.

Blaulicht und Martinshorn gemeinsam gewähren einem Einsatzwagen laut Straßenverkehrsordnung das Wegerecht.
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Das oberste Gebot lautet: Ruhe bewahren und sich orientieren, woher die Signale kommen, in welche Richtung sie sich bewegen und wie viele Fahrzeuge im Einsatz sind. Weitere Verhaltensregeln nennen ARAG Experten.

Blinker setzen und Ausweichrichtung anzeigen

Wer den Blinker setzt, um die Ausweichrichtung anzuzeigen, gibt anderen Verkehrsteilnehmern die Möglichkeit, es ihm gleichzutun bzw. ihr Verhalten anzupassen. Dabei sollte man selbst natürlich auch auf andere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger oder Radfahrer achten. Zeigt eine Ampel Rotlicht, sollte man immer nach rechts ausweichen und gegebenenfalls vorsichtig die Haltelinie überfahren, wenn es der Verkehr zulässt.

Rechts ran oder Rettungsgasse

Auf einspurigen Straßen sollten Autofahrer beim Herannahen der Rettungskräfte das Tempo drosseln, nach rechts an den Fahrbahnrand ausweichen und wenn nötig anhalten. Auf mehrspurigen Straßen und Autobahnen besteht die Pflicht, eine Rettungsgasse zu bilden - bei zwei Fahrstreifen pro Richtung in der Mitte. Autos auf dem linken Fahrstreifen müssen also an den linken Fahrbahnrand fahren, die auf der rechten Spur an den rechten. Bei drei und mehr Fahrstreifen muss die Rettungsgasse zwischen der äußersten linken und der direkt rechts daneben liegenden Fahrspur freigehalten werden. Bei Verstößen droht ein Bußgeld. Schlaumeier, die direkt nach dem Blaulichtfahrer durch die Gasse preschen, riskieren viel. Sie können wegen Straßenverkehrsgefährdung den Führerschein verlieren. Im Extremfall endet die Fahrt sogar im Gefängnis.

Gerichtsurteile aus dem Verkehrsrecht
Beschädigung beim Abschleppen
Alexander Rilling stellt die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.2.2014 (IV ZR 383/12) vor und erörtert die Ausführungen im Detail.
Was das Überholverbot umfasst
Ein Überholverbot verbietet nicht nur den Beginn, sondern auch die Fortsetzung des Überholvorgangs. Dies wirkt sich auf das potenzielle Bußgeld aus.
"Schneeflöckchen" und Tempo 80
Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung mit Zusatzschild "Schneeflocke" auch dann gilt, wenn es nicht schneit.
Bußgeld von 40 Euro hinfällig
Eine Pkw-Fahrerin war wegen verbotswidriger Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons zu einer Geldbuße von 40 Euro verurteilt worden. Dieses Urteil wurde nun aufgehoben.
Drogen auf der Silvesterparty
Wer mit Amphetamin am Steuer seines Autos erwischt wird, muss damit rechnen, dass sein Führerschein eingezogen wird.
Warnblinkanlage ersetzt Warndreieck nicht
Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden: Wird ein Warndreieck nicht aufgestellt, zahlt die Haftpflichtversicherung nicht voll, sondern macht eine hälftige Mithaftung bei einem Autobahnunfall geltend.
Kein Freibrief für Radler im Kreisverkehr
Das Verkehrszeichen "Vorfahrt gewähren" gilt nicht nur für Autos am Kreisverkehr, sondern auch für Radfahrer.
Fahrer haftet für Anschnallen der Mitfahrer
Ein vierjähriges Kind schnallte sich während der Autofahrt ab. Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte den Kraftfahrzeugführer zu einer Geldbuße.
Schutzkleidung und Versicherungsansprüche
In der rechtlichen Diskussion ist die Frage aufgetreten, ob das Nichttragen von Schutzkleidung (Helm, Motorradbekleidung usw.) im Falle eines Unfalls zu einem Mitverschulden und damit zu einer Kürzung von Ansprüchen des Verletzten führt.
Im Auto telefoniert – Führerschein weg
Ist ein Verkehrsteilnehmer vorbelastet, was die Handynutzung im Fahrzeg berifft, kann ihm ein einmonatiges Fahrverbot drohen.
Abschleppkosten zu hoch? Keine Zahlungspflicht
Das unberechtigte Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Kundenparkplatz stellt eine Besitzstörung beziehungsweise eine teilweise Besitzentziehung dar und erlaubt ein Abschleppen des Fahrzeugs.
Fahrradfahrer haftet für Unfall mit Pkw
Ein Radfahrer, der schuldhaft mit einem Auto kollidiert, muss für den entstandenen Schaden einstehen und darüber hinaus dem Autofahrer Schmerzensgeld zahlen.
Parkverbot an Elektroladestation
Das Parken auf einem Abstellplatz, an dem kurz zuvor eine Elektroladestation installiert worden und der deswegen mit dem Parkplatzschild und dem Zusatzschild mit der Aufschrift "Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs" versehen worden war, ist verboten.
Kein Schadensersatz beim "So-Nicht-Unfall"
Einem geschädigten Unfallbeteiligten steht kein Schadensersatzanspruch zu, wenn ein Verkehrsunfall trotz nachgewiesener Kollision die anspruchsbegründenden Fahrzeugschäden nicht herbeigeführt haben kann.

Einsatzwagen haben Wegerecht

Nur Blaulicht und Martinshorn gemeinsam gewähren einem Einsatzwagen laut Straßenverkehrsordnung das Wegerecht, das heißt, andere Verkehrsteilnehmer müssen sofort freie Bahn schaffen. Das Wegerecht darf nur in Anspruch genommen werden, um beispielsweise Menschenleben zu retten, schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden oder flüchtige Personen zu verfolgen, so ARAG Experten. Auch Fußgänger und Radfahrer müssen Einsatzfahrzeuge passieren lassen. Für die Fahrer von Rettungs- und Einsatzwagen gibt es spezielle Fahrsicherheitstrainings. Dort lernen die Teilnehmer neben dem Umgang mit den meist besonderen Fahrzeugtypen auch kritische Situationen rechtzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Wenn es trotzdem mit einem Einsatzwagen zum Crash kommt, entscheidet der Einzelfall. Es kann für den Autofahrer aber sehr teuer werden, da er ja verpflichtet ist, einem Einsatzfahrzeug sofort Platz zu machen.

Interessante Gerichtsurteile zum Thema

Mitschuld für Einsatzfahrer

Lenker von Feuerwehr- oder Polizeiautos dürfen sich nicht auf ihre im Verkehr geltenden Sonderrechte verlassen und ohne Rücksicht auf eine Kreuzung fahren, erklären ARAG Experten. Demgemäß bekam zwar eine Dame, die aufgrund verspäteter Wahrnehmung des Signals mit einem Feuerwehrauto zusammenstieß, die Hauptschuld an dem Unfall zugesprochen, der Einsatzwagenfahrer aber auch eine Mitschuld von 20 Prozent (OLG Jena, Az.: 4 U 259/05).

Kein Blaulicht fürs Ordnungsamt

Das Ordnungsamt der Stadt Wuppertal scheiterte mit seinem Antrag auf Blaulichter und Einsatzhörner für seine Einsatzwagen. Die Polizei hat hier den Vorzug, denn sie ist gerade dann für die Gefahrenabwehr zuständig, wenn andere Behörden nicht rechtzeitig tätig werden können. Ziel der Behörden ist es außerdem, die Zahl der mit Blaulicht ausgestatteten Fahrzeuge möglichst gering zu halten, um die bei einem Blaulichteinsatz entstehende Gefahrenlage soweit wie möglich zu begrenzen (VG Düsseldorf, Az.: 14 K 2548/08).

Blaulicht allein reicht nicht

In einem Einsatz war ein Polizeiwagen nur mit Blaulicht bei Rot in eine Kreuzung eingefahren. Ein Autofahrer aus dem Querverkehr, der ganz regelkonform bei Grün losgefahren war, konnte gerade noch bremsen, als er das Polizeifahrzeug sah. Doch für seinen Hintermann kam die Vollbremsung zu plötzlich und er krachte ihm ins Heck. Da das Polizeifahrzeug nur mit Blaulicht und ohne Martinshorn unterwegs war, klagte der Angefahrene und bekam zum Teil recht. Auch wenn sich der Polizist auf einem Einsatz befunden habe, müsse er das Martinshorn einschalten, wenn er von seinen Sonderrechten Gebrauch machen wolle. Beide Parteien hafteten zu jeweils 50 Prozent (KG Berlin, Az.: 12 U 15/04).

Zusammenstoß mit Einsatzfahrzeug

Eine Autofahrerin hatte nachts auf der Suche nach einem Parkplatz ihr Fahrzeug gewendet und war mit einem sich mit hoher Geschwindigkeit nähernden Polizeiwagen kollidiert. Sie war bei dem Vorfall verletzt worden. Vor Gericht ging sie von einer Mitschuld der Polizisten aus, da diese fast ungebremst mit ihr zusammengestoßen waren. Die Richter waren jedoch anderer Ansicht. Bei einem Wendemanöver sei eine besondere Sorgfaltspflicht gegeben, eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer müsse dabei ausgeschlossen werden. Eine Mithaftung der Beklagten schied aus, da die Klägerin nicht beweisen konnte, dass sie vor dem Wenden den linken Blinker gesetzt hatte. Auch die erhöhte Geschwindigkeit des Einsatzfahrzeuges führt nicht zu einer Mitschuld. ARAG Experten weisen darauf hin, dass ein Dienstfahrzeug allein mit Blaulicht fahrend aber nicht generell schuldfrei davon kommt (KG Berlin, Az: 12 U 206/08).

Download des Originaltexts: www.arag.de/rund-ums-recht/rechtstipps-und-urteile/auto-und-verkehr