Gängiges Mittel in Krisenzeiten

Bürgschaft - ein großes Risiko

07.04.2009
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten bekommen kleine Firmen oft nur dann einen Kredit von der Bank, wenn jemand für die Rückzahlung des Geldes bürgt. Wer als Bürge dafür geradesteht, kann schnell in Schwierigkeiten geraten - und die Firma bekommt kein Darlehen.

Dr. Renate Oettinger

Die unabsehbaren Konsequenzen, die aus einer Bürgschaftserklärung entstehen und den Bürgen bis an den Rand der finanziellen Belastbarkeit bringen können, sind den meisten Unterzeichnern oftmals gänzlich unbekannt. Sie sind sich über die Risiken der Erteilung einer Bürgschaftserklärung nicht im Klaren, und auch die Nutznießer der Bürgschaft, die Firmen, die einen notwendigen Kredit absichern wollen, gehen oftmals blauäugig vor. Darauf weisen die Arag-Experten hin.

Bürgschaft - wofür?

Wer sich von der Bank Geld leihen will, muss bekanntlich Sicherheiten vorweisen. Eine solche Kreditsicherung kann beispielsweise durch die Übernahme einer Bürgschaft durch eine dritte Person erfolgen. Der Bürge verpflichtet sich gegenüber dem Darlehensgeber, zum Beispiel der Bank, für die Erfüllung der Schuld des Darlehensnehmers einzustehen. Das heißt: Kann der Schuldner nicht mehr zahlen, bittet die Bank den Bürgen zur Kasse!

Bürgschaftsvertrag

Am Anfang steht der Bürgschaftsvertrag, den zum Beispiel die Bank und der Bürge schließen. Für die Erklärung des Bürgen ist in aller Regel die Schriftform erforderlich. Letztere hat auch das Ziel, dem Bürgen die Risiken vor Augen zu führen: Schnell schleicht sich die trügerische Annahme ein, aus der Bürgschaft nicht in Anspruch genommen zu werden, da der Bürge in dem Moment der Vertragsunterzeichnung keine Zahlungen leisten muss. Doch die Arag-Experten mahnen zu Vorsicht: Es kann schnell anders kommen. Daher ist es wichtig, sich vor Erteilung einer Bürgschaftserklärung zu überlegen, wie hoch der Haftungsumfang ist und ob das eigene Vermögen für diese Haftung überhaupt ausreichen wird.

Konsequenzen

Im Ernstfall, wenn der Darlehensnehmer nicht mehr zahlungsfähig ist, muss der Bürge den fälligen Betrag aus eigener Tasche zahlen. Das Risiko: Auch wenn die Bürgschaft die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bürgen übersteigt, bleibt der Vertrag grundsätzlich wirksam. Nur in bestimmten Ausnahmefällen hat die Rechtsprechung Bürgschaftsverträge als sittenwidrig und folglich für unwirksam erklärt. Hierauf sollte sich aber kein Bürge verlassen, denn die Gerichte entscheiden immer von Fall zu Fall. Hinzu kommt: Die Einschaltung des Gerichts kostet Zeit und noch mehr Geld!

Bürgschaftsformen im Überblick

Wer sich auf eine Bürgschaft einlässt, sollte unbedingt darauf achten, das eigene Risiko soweit wie möglich zu reduzieren. Hier einige mögliche Varianten.

- Ausfallbürgschaft - Einen Ansatz bietet die sogenannte Ausfallbürgschaft. Dabei wird der Bürge erst dann zur Haftung herangezogen, wenn alle anderen Maßnahmen, wie Zwangsvollstreckung und Verwertung weiterer Sicherheiten beim Hauptschuldner, ausgeschöpft sind.

- Höchstbetragsbürgschaft - Alternativ dazu schützt den Bürgen die Höchstbetragsbürgschaft. Hier wird die betragsmäßige Grenze festgelegt, bis zu welcher der Bürge maximal zu haften bereit ist.

- Mitbürgschaft - Ferner gibt es noch die Mitbürgschaft, bei der sich das Risiko auf mehrere Bürgen verteilt. Im Fall der Falles haften sie als Gesamtschuldner. Der Kreditgeber kann die gesamte, fällige Kreditsumme von einem Bürgen verlangen. Letzterer kann diesen Betrag anteilig von den anderen Bürgen einfordern.

- Zeitbürgschaft - Bei der sogenannte Zeitbürgschaft wird der Bürge unter bestimmten Voraussetzungen von seiner Pflicht wieder frei, wenn er nicht innerhalb des festgelegten Zeitraums in Anspruch genommen wird.

Die Existenz verschiedener Bürgschaftsmodelle soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch diese Verträge gegebenenfalls unabsehbare finanzielle Einbußen auf dem Konto des Bürgen nach sich ziehen können. Auch hier ist Vorsicht geboten, so die Arag-Experten.

Sittenwidrige Bürgschaften

Besonders problematisch und häufig sind Bürgschaften innerhalb der Familie, das heißt wenn zwischen dem Bürgen und dem Hauptschuldner eine emotionale Verbundenheit besteht. Zu dieser Gruppe gehören Ehepartner, Verlobte, Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, Eltern und Kinder. Liegt eine krasse Überforderung der Angehörigen durch die übernommene Bürgschaft vor - Beispiel: eine Ehefrau ohne eigenes Einkommen ohne Vermögen bürgt für den Kredit, den der Ehemann für seine Firma aufnimmt -, so ist diese oftmals sittenwidrig und damit nichtig. Davon haben beide Seiten nichts: Der Bürge kann nicht helfen, und die Firma bekommt keinen Kredit von der Bank.

Eine krasse Überforderung liegt laut den Arag-Experten beispielsweise dann vor, wenn der Bürge nicht einmal die laufenden Zinsen für die Hauptschuld aufbringen kann. Aber auch außerhalb der Familie kann eine übernommene Bürgschaft nichtig sein - etwa dann, wenn die übernommene Bürgschaft die Leistungsfähigkeit des Bürgen erheblich übersteigt und die Entscheidungsfreiheit des Bürgen wegen einer engen persönlichen Bindung zum Schuldner durch den Gläubiger beeinflusst wird.

Fazit: Bürgen will gut überlegt sein

Die Arag-Experten raten: Vergegenwärtigen Sie sich die zentralen Kriterien: Für wen und von wem soll die Bürgschaft geleistet werden? In welcher Höhe? Reicht das Vermögen des Bürgen, um die Bürgschaft übernehmen zu können, das heißt, wird die Firma den Kredit erhalten können? Unterzeichen Sie nichts, ohne sich vorab gründlich zu informieren! So groß kann die Krise einer Firma gar nicht sein, dass nicht ein geschärfter Blick auf sittenwidrige Bürgschaften lohnt - sowohl aus der Sicht des kreditnachfragenden Unternehmens als auch aus der Perspektive des Bürgen. Nur in bestimmten Ausnahmefällen hat die Rechtsprechung Bürgschaftsverträge für unwirksam erklärt. Hierauf sollte sich niemand verlassen, denn die Gerichte entscheiden immer von Fall zu Fall!

Weitere Informationen und Kontakt:

Brigitta Mehring, Arag Allgemeine Rechtsschutz-Versicherungs-AG, Tel.: 0211 9632560, E-Mail: brigitta.mehring@arag.de, Internet: www.arag.de