Halbleiterindustrie

Chipmargen erreichen 10-Jahreshoch

16.03.2010
Die globale Halbleiterindustrie hat im vierten Quartal mit 21,4 Prozent eine Profitabilität erreicht wie seit dem vierten Quartal 2000 nicht mehr, sagen die Analysten von iSuppli.
Von minus 5,3 auf plus 21,4 Prozent hat die Chipindustrie ihre Margensituation im Laufe des Jahres 2009 mächtig verbessert.

Die globale Halbleiterindustrie hat im vierten Quartal mit 21,4 Prozent eine Profitabilität erreicht wie seit dem vierten Quartal 2000 nicht mehr, sagen die Analysten von iSuppli und führen dies unter anderem auf ein intensives Kosten- und Kapazitätsmanagement zurück.

Ende 2000 konnte die Chipindustrie sich noch in einer Profitabilität von 24,7 Prozent sonnen, doch schon im ersten Quartal 2001 ist die Rate mit Ausbruch der Dotcom-Krise auf einen Minuswert von über 12 Prozent abgerutscht. Dagegen war der Einbruch von 5,3 Prozent Anfang 2009 ein Kindergeburtstag, und das trotz weltweiter Wirtschaftskrise.

Dass die Halbleiterindustrie sich 2009 aus der neuen Talsohle so schnell erholen konnte und Ende des Jahres gemessen an der Profitabilität sogar ein 10-Jahreshoch erklommen hat, ist laut iSuppli zum Teil auch ersten Tendenzen einer allgemeinen Erholung der Weltwirtschaft zu verdanken. Aber den eigentlichen Anstoß gaben den Analysten zufolge strategische und strukturelle Veränderungen innerhalb der Halbleiterindustrie.

"Die Chiphersteller haben 2009 schnell und intentiv daran gearbeitet, den Abwärtstrend durch Kosteneinsparungen und verbesserten Cash-Flow aufzufangen", sagt Derek Lidow, Präsdent und CEO von iSuppli. "Und als die Märkte wieder ansprangen, hat die Industrie sich in Zurückhaltung geübt, ihre Produktion zu erhöhen, um zu vermeiden, dass es zu Überkapazitäten kommt. Das hat den Herstellern erlaubt, ihre Preismacht wiederzuerlangen und ihre Profitabilität anzutreiben", fügt Lidow hinzu.

Obwohl erwartet wird, dass die Halbleiterhersteller nach drei Jahren der Zurückhaltung wieder verstärkt in Produktionsanlagen investieren, geht iSuppli davon aus, dass die Ausgaben nur weniger als die Hälfte dessen ausmachen werden, was sie 2007 und 2008 einmal waren.

Hinzu komme, dass die erwarteten Mehrausgaben vor allem in verbessertes Packaging für neue Produkttypen fließen und weniger in den Ausbau der Wafer-Produktionskapazitäten. Das wiederum heiße, dass von der Angebotsseite wenig Wachstum zu erwarten sei, womit die Hersteller in der Lage sein werden, die Preise unter Kontrolle zu halten.

Nachdem die Preise für elektronische Komponenten einschließlich Halbleiter im ersten Quartal 2009 um 5,4 Prozent eingebrochen sind, haben sie sich im zweiten Quartal des Vorjahres schon wieder deutlich erholt und sind dann in der zweiten Jahreshälfte stark gestiegen.

Abgesehen vom Kapazitätsmanagement spiegelt die Rückkehr zur Profitabilität in der Industrie laut iSuppli auch einen "fundamentalen Wandel" innerhalb der Wettbewerbsstrukturen derselben wieder.

"Die Halbleiterindustrie hat fast vollständig das Broad-Line-Modell abgelegt, das einst das Markenzeichen der größten Player in dem Geschäft war. Stattdessen konzentrieren sich die Chiphersteller heute auf bestimmte Marktsegmente, in denen sie die Preismacht und einen Wettbewerbsvorteil haben. Das erlaubt ihnen wiederum, ihre Gewinnmargen zu verbessern und den Overhead zu reduzieren", erläutert Lidow die neue Wettbewerbssituation in der Halbleiterindustrie.

Als ein Beispiel von Unternehmen, die sich den Bauchladen eines möglichst umfassenden Produktspektrums abgeschnallt haben und den Fokus auf Marktsegmente gesucht haben, nennt iSuppli die deutsche Infineon Technologies AG, die unter anderem in Speicher- und Kommunikationsmärkte diversifiziert hat, womit sie sich auf Kernbereiche konzentrieren kann. Das sind Halbleiter auf der einen Seite und integrierte Schaltkreise auf Systemebene, wie sie in den Bereichen Automotive, Industrieelektronik, Wireless-Technologien und Sicherheitslösungen gebraucht werden.

Lidow sagt voraus, dass sich der Trend in den kommenden Jahren fortsetzen wird, wenn auch japanische Halbleiteranbieter die Diversifizierung von verschiedenen Produktsegmenten suchen werden, um sich mehr auf bestimmte Produktlinien zu konzentrieren. (kh)