Oracle-Deutschland-Chef Frank Obermeier im Interview

"Das Cloud-Business ist wie ein Marathon"

21.10.2015 von Martin Bayer
Wie Oracle die Weichen seiner Geschäftsstrategie in Richtung Cloud stellt und wie der US-amerikanische Softwarekonzern auf den Ärger der deutschen Anwender über die Lizenzmodelle für virtualisierte Server-Umgebungen reagieren will, erläutert Deutschland-Geschäftsführer Frank Obermeier im Gespräch.

Frank Obermeier ist seit Februar 2015 als Country Leader Oracle und Head of Technology Sales für das Deutschland-Geschäft von Oracle verantwortlich. Er berichtet direkt an seinen Vorgänger Jürgen Kunz, der als Senior Vice President Northern Europe Oracle in Nordeuropa führt. Obermeier blickt auf eine über 20-jährige Karriere in leitenden Funktionen innerhalb der IT -Industrie zurück und war in dieser Zeit unter anderem für Dell und Hewlett-Packard tätig.

Frank Obermeier, Country Leader Oracle und Head of Technology Sales für das Deutschland-Geschäft von Oracle
Foto: Oracle

Zuletzt führte er als Vice President Worldwide Channel Sales das weltweite Channel-Geschäft der Firmenkunden-Sparte von HP (Enterprise Group). Von 2011 bis 2013 war er dort als General Manager und Vice President für den Geschäftsbereich Personal Systems Group in Deutschland verantwortlich. Vor seinem Einstieg bei HP leitete Frank Obermeier als Executive Vice President den internationalen Vertrieb und das Marketing beim Service Provider Teleplan International. Von 2007 bis 2010 war er bei Dell beschäftigt, zunächst als General Manager & Sales Director Global Segment Germany, ab 2009 als Area Vice President Global500 Central Europe. Frank Obermeier studierte an der Berufsakademie Stuttgart Wirtschaftsinformatik.

Sie sind seit einem guten halben Jahr Deutschland-Chef von Oracle. Was stand für Sie am Anfang im Fokus?

Frank Obermeier: Die ersten Monate habe ich genutzt, um die Teams, die Kunden und die Partner kennenzulernen – und von deren Seite so viel Feedback wie möglich aufzunehmen. Da gibt es sicher die eine oder andere Herausforderung. Mir war zunächst wichtig zu verstehen: Wo steht die Mannschaft, wo stehen die Kunden, was läuft gut, was läuft weniger gut.

Und wie sieht Ihre erste Bilanz aus?

Obermeier: Es steckt unglaublich viel Energie in dem Laden. Das muss man zwar an der einen oder anderen Stelle herauskitzeln, aber wenn man offen auf die Menschen zugeht, dann merkt man schnell, was da an Potenzial da ist. Wir haben uns überlegt: Für was steht Oracle hier in Deutschland? Und welche Themen, wollen wir treiben?

Welche sind das?

Obermeier: Das erste, wofür Oracle in Deutschland steht, ist: Wir wollen unsere Kunden auf dem Weg in die Cloud begleiten. Das ist unser oberstes Ziel. Daran schließt der zweite Punkt an: unsere Kunden stehen im Fokus. Wir wollen ihre Business-Ziele verstehen und und sie mit unserem Oracle Portfolio unterstützen. Drittens wertschätzen wir unsere Mitarbeiter, und kommunizieren offen, klar und authentisch. Und der letzte Punkt ist: Wir sind ein amerikanisches Unternehmen – all das tun wir im Rahmen unserer Corporate Strategy und konzentrieren uns darauf, was wir auch beeinflussen können.

US-Firmen werden meist sehr zentralistisch gesteuert. Inwieweit haben Sie überhaupt Freiräume, um auf die Besonderheiten des deutschen Markts und der deutschen Kunden eingehen zu können?

Obermeier: Wenn Sie ein Land wie Deutschland vertreten, dann liegt es an Ihnen, dass Sie in der Corporation die Bedürfnisse dieses großen Marktes auch entsprechend nachhaltig darstellen und repräsentieren. Sie müssen ein klares Bild des Marktes und der Bedürfnisse der Kunden zeichnen. Dann bekommen Sie auch den entsprechenden Support.

Die Geschichte von Oracle
Eine Zeitreise durch die Oracle-Geschichte
Oracle ist das Werk von Ellison, und es passt zu dem ehrgeizigen und charismatischen Gründer, dass er sein Hobby, das Segeln, professionalisiert. Mit Erfolg: Das Team gewann 2013 den America´s Cup.
Oktober 2015: Erster Oracle-Sparc kommt heraus
Auf der Kundenkonferenz OpenWorld stellt Larry Ellison mit dem M7 die erste Sparc-CPU vor, die komplett unter der Ägide Oracles geplant und gebaut wurde. Mit speziell für den Prozessor entwickelten und tief in der Hardware verankerten Security-Funktionen will der Hersteller die Sicherheit von Anwendungen und Daten verbessern - vor allem in Cloud-Umgebungen.
Februar 2015: Neuer Deutschlandchef
Frank Obermeier wird neuer Country Leader von Oracle in Deutschland. Obermeier kommt von Hewlett-Packard und löst Jürgen Kunz ab, der künftig als Senior Vice President Northern Europe die Geschäfte von Oracle in Nordeuropa verantwortet.
September 2014: Ellisons Paukenschlag
Nach 37 Jahren an der Spitze von Oracle gab Larry Ellison überraschend seinen Rücktritt als Konzernchef bekannt. Gründe nannte der 70-jährige nicht, Ellison will aber weiterhin als CTO für das Unternehmen wirken. Die bisherigen Stellvertreter Mark Hurd und Safra Catz sollen als Doppelspitze das Ruder übernehmen. Zugleich kündigte Oracle Aktienrückkäufe über 13 Milliarden Dollar an.
2011: Investition ins Cloud Computing
Hat Larry Ellison seine Spürnase für Erfolgstechnologien verloren? Ende 2011 hatte Oracle zwar den Cloud-CRM-Anbieter RightNow Technologies für 1,5 Milliarden Dollar gekauft, doch im Vergleich zu agileren Wettbewerbern wie Salesforce hängt das Unternehmen aus Redwood Shores hinterher. <br/><br/>Die „Computerwoche“ schreibt: „Nachdem Gründer und CEO Lawrence "Larry" Ellison noch vor wenigen Jahren über die IT-Wolke gelästert hatte und das Ganze als schnell vorübergehenden Hype abgetan hatte, muss er heute sehen, dass er nicht den Anschluss verliert“. Konkurrent SAP hatte sich 2011 für 3,4 Milliarden Dollar den Cloud-HR-Anbieter Successfactors einverleibt. Oracle legte mit der Übernahme von Successfactors-Wettbewerber Taleo an für 1,9 Milliarden Dollar nach.
2010: Mark Hurd wechselt von HP zu Oracle
Nur einen Monat nach seinem unrühmlichen Ausscheiden als CEO bei Hewlett-Packard (HP) kommt Mark Hurd zu Oracle. Ellison hatte zuvor Hurds Rauswurf heftig kritisiert "Das war die dümmste Personalentscheidung, seitdem die Idioten im Apple- Verwaltungsrat vor vielen Jahren Steve Jobs gefeuert haben." <br/><br/>In der Folge gab es einen erbitterten Streit zwischen den beiden Unternehmen, wobei es nur vordergründig um den Wechsel von Hurd ging: Oracle hatte die Unterstützung von Intels Itanium-Chips durch die eigene Software beendet und damit den Verkauf von HP-Server mit diesen Chips geschadet.
2009: Oracle kauft Sun Microsystems
Sun heißt jetzt Oracle. Der Datenbankspezialist hatte den Hardwarehersteller für 7,4 Milliarden Dollar eingekauft. Dabei ging es Ellison jedoch weniger um die etwas aus der Mode gekommene Hardware, sondern um die Software: Java und MySQL gehören jetzt Oracle.
2008: Übernahme von Bea Systems
Das Siebel On Demand CRM Release 15 kommt auf den Markt und Oracle kauft weiter ein, größter Brocken ist BEA Systems, ein Anbieter für Sercive-oriented Architecture, für 8,5 Milliarden Dollar. (Im Bild: Bea-CEO Alfred Chuang)
2007: Konsolidierung im BI-Markt
Der Markt für Business Intelligence ist auf Konsolidierungskurs, die großen Player werden geschluckt. Oracle macht im März den Anfang und kauft Hyperion für 3,3 Milliarden Dollar. Im Oktober schlägt SAP bei BusinessObjects zu und IBM im November bei Cognos. Der Kampf mit Rivale SAP spitzt sich zu: Oracle reicht in den USA eine Klage gegen wegen Urheberrechtsverletzung ein. Der Vorwurf: SAP habe Diebstahl geistigen Eigentums in großem Stil begangen und unerlaubt von einer Kundenbetreuungs-Web-Site „Tausende Softwareprodukte“ sowie anderes vertrauliches Material heruntergeladen. Erst in 2010 ist klar: SAP muss Oracle 1,3 Milliarden Dollar Schadensersatz zahlen.
2005: Siebel, die nächste Großakquisition
Kundenbeziehungs-Management wird immer wichtiger und Oracle schnappt sich den CRM-Marktführer Siebel Systems. Für rund 5,85 Milliarden Dollar wechseln Anfang 2006 die 5.500 Siebel-Mitarbeiter zu Oracle.
2004: Übernahme von Peoplesoft
Oracle übernimmt nach 18-monatigem erbitterten Widerstand Peoplesoft für 10,3 Milliarden Dollar und wird damit zum zweitgrößten Business-Software-Anbieter nach SAP. Erst 2003 hatte Peoplesoft den ERP-Hersteller J.D. Edwards für 1,7 Milliarden Dollar übernommen.
2000: Oracle entdeckt Linux
Die Open-Source-Bewegung nimmt Fahrt auf: “Im Jahr 2000 haben wir ein Linux-Engineering-Team gebildet. Dessen Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, dass Linux ein Betriebssystem wird, das sich für unsere Kunden im Rechenzentrum eignet”, erinnert sich Ed Screven, Chief Corporate Architect bei Oracle.
1998: Oracle Applications 11i
1998: Schon ein Jahr später geht der Hersteller in puncto Internet aufs Ganze: Oracle Applications 11i soll den Wandel von Client-Server- hin zu Internet-Computing einleiten, kurz darauf bekommt auch die Datenbank ein “i” für „Internet“ angehängt. “Wenn sich herausstellt, dass die Zukunft des Computings nicht im Internet liegt, sind wir erledigt. Aber wenn es die Zukunft ist, liegen wir goldrichtig“, sagte Ellison über die forsche Internet-Strategie von Oracle.
1997: Java kommt
1997 stellt Larry Ellison die neue Version Oracle8 der Datenbank vor, die mit dem Network-Computer (NC) arbeitet und die Daten an Thin-Clients liefert. Mit dem Application Server 4.0 stellt Oracle eine Lösung vor, die das Management von Business-Software zentralisiert und damit effizienter machen soll. Vor allem aber schlägt die Stunde der Programmiersprache Java. Der Hersteller kündigt mit Oracle Applications Release 10.7 NCA die weltweit erste Enterprise-Applications-Suite an, die auf offenen Standards basiert.
1995: Business Intelligence
1995 investiert der Datenbankriese in Business Intelligence und kauft die OLAP-Produktlinie (Express Server) von Information Resources Inc. für 100 Millionen Dollar. Außerdem beginnt das kalifornische Unternehmen nicht nur, seine Produkte über das Internet zu verteilen, sondern verkündet als einer der ersten Anbieter eine Internet-Strategie. Mit parallel queries lassen sich jetzt deutlich komplexere Datenbankabfragen gestalten.
1990: CFO Henley kommt an Bord
Nachdem sich bisher der Umsatz jedes Jahr verdoppelt hatte, geriet das Unternehmen 1990 das erste Mal in schwereres Fahrwasser. Oracle baute sein Management-Team um und ernannte Jeff Henley zum CFO. Henley brachte das Unternehmen wieder auf Spur und blieb bis 2004 CFO, danach wurde er Vorstandsvorsitzender. 1991 stellt Oracle eine Datenbank vor, die auf MPP (massively parallel processing) basiert und mit der sich deutlich schneller und billiger in Datenbeständen suchen lässt als mit dem Mainframe. 1993 kam Oracles Cooperative Development Environment (CDE) auf den Markt.
1989: Oracle zieht um
Neuer Firmensitz wird Redwood Shores. Ab jetzt unterstützt die Datenbank auch OLTP, Online Transaction Processing. Anders als zuvor bei der Batch-Verarbeitung ist die Echtzeit-Transaktionsverarbeitung Grundlage der modernen Geschäftsanwendungen, bei denen die Verarbeitung von Transaktionen direkt erfolgt. Zu sehen sind Bilder aus der Bauphase des Headquarters.
1987: Entwicklung von Applikationen
1987 beginnt Oracle, eigene Enterprise-Applikationen zu entwickeln, die auf der Datenbank basieren. In der Folge setzt der Datenbankhersteller jedoch auf Übernahmen im Bereich der Business-Software und konzentriert sich auf deren Adaption für die eigenen DBMS-Produkte. (Im Bild "Oracle Financials").
1986: Der Börsengang
Am 15. März 1986 ging Oracle an die Börse. 450 Leute arbeiten für den Datenbank-Hersteller. Auf dem Bild feiern unter anderem Ellison (Mitte) und Charles Phillips (damaliger Co-President, rechts) das 20-jährige Listing von Oracle an der Nasdaq.
1983: Die erste Datenbank
1982 benannte sich RSI nach seinem Produkt: Oracle. Ein Jahr später kam das neu in C programmierte Oracle V3 für Mainframes, Minicomputer und PCs auf den Markt. „Damals kamen die Datenbanken vom Hardware-Anbieter. Oracle bot als eines der ersten Unternehmen ein Datenbankmanagementsystem an, das auf unterschiedlichen Hardware-Plattformen und Betriebssystemen laufen konnte“, sagt Ken Jacobs, Vice President Product Strategy bei Oracle über die Anfänge. Als erstes DBMS unterstützt die Version 5.1 von 1986 verteilte Abfragen und läuft in Client-Server-Umgebungen.
1977: Das erste Büro
Das allererste Büro hatte viel Ähnlichkeit mit Bill Gates Garage. 1979 benannte sich das Unternehmen kurz in Relational Software Inc. (RSI) um, Firmensitz wurde Menlo Park, Kalifornien. Zu den ersten Projekten gehörte eine Oracle-Datenbank für die Wright-Patterson Air Force Base. “Wenn du innovativ bist, musst du darauf vorbereitet sein, dass alle dir sagen, du spinnst”, sollte Larry Ellison später sagen.
1977: Die Gründung
Im August 1977 gründen Larry Ellison, Bob Miner und Ed Oates Software Development Laboratories (SDL). Ellison hatte sich zuvor durch eine theoretische Arbeit von Edgar F. Codd über relationale Datenbanken daran gemacht, ein zu IBMs System R Database kompatibles System zu schaffen. SDL schuf die allererste Version des Datenbanksystems Oracle. Auftraggeber: der Geheimdienst CIA. 1978 feiern die Gründer ihren ersten Firmengeburtstag. Von links nach rechts: Ed Oates, Bruce Scott, Bob Miner und Larry Ellison.

Das Cloud-Business ist ein Marathon

Sie sprachen das Cloud-Geschäft an. Oracle ist hier erst spät eingestiegen – warum?

Obermeier: Für mich ist das Cloud-Businessvergleichbar mit einem Marathon. Es geht nicht darum, schnell aus den Blöcken zu kommen und die Kunden schnell in die Cloud zu führen. Es geht darum, die gesamte Strecke in einer guten Zeit und gut trainiert zu bewältigen. Tatsache ist, dass unsere Kunden – ob groß oder mittelständische – natürlich die Flexibilität und die Möglichkeiten einer Cloud nutzen wollen.

Aber jeder steht bezogen auf sein On-Premise-Business vor einer individuell anderen Situation. Und genau darauf haben wir uns sehr gut vorbereitet. Wir bieten eine komplette Suite an. Diese Suite erlaubt es unseren Kunden, zwischen On-Premise und Cloud hin- und her zu manövrieren. Das erlaubt unseren Kunden absolute Flexibilität und Optimierung ihres Businesses.

Wie wichtig ist das Cloud-Geschäft für Sie?

Obermeier: Wir sind an dieser Stelle sehr gut unterwegs. Wie man in den Quartalsberichten sieht, zeigen wir schnelles Wachstum. Wir haben unsere Hausaufgaben sehr solide gemacht und sind breit aufgestellt – wir haben eine ganze Palette an Lösungen angefangen bei Finance, Marketing und Sales. Wir wollen unsere Kunden bei der Transformation nachhaltig und umfassend begleiten und nicht schnell vorne wegpreschen – sondern sauber vorbereitet.

Ist die Situation hier in Deutschland hinsichtlich der Cloud eine besondere?

Obermeier: Es gibt bestimmt Länder, in denen die Cloud-Adaption schneller passiert. Wir sind in Deutschland vorsichtiger, das gilt für die Kunden wie auch für unser Unternehmen. Wir schauen genau, ob das auch alles funktioniert, und man diesen Schritt gehen kann. Wenn wir diesen Schritt dann aber machen, dann gehen wir ihn auch richtig. Das sehen wir auch bei unseren Kunden.

Die Cloud bedeutet auch eine Transformation für Oracle selbst – vor allem vom Business-Modell, das hier dahintersteckt. Von den Margen, die Oracle beispielsweise im Wartungsgeschäft erzielt, kann in der Cloud überhaupt keine Rede sein – ein Problem?

Obermeier: Auch wenn Sie ein Business-Modell haben wie das Lizenz-Wartungs-Geschäft, das die vergangenen Jahre hervorragend funktioniert hat, müssen Sie sich dem Neuen stellen. Das heißt natürlich auch, dass sich mit dem Cloud-Geschäft unsere Geschäftsbasis verändern wird. Wir haben im vergangenen Jahr rund 1,5 Milliarden Dollar Umsatz in der Cloud gemacht. Ein Dollar im Cloud-Geschäft bedeutet aber auch, auf zehn Jahre gesehen, den zehnfachen Umsatz, weil es wiederkehrender Umsatz ist. Damit bauen wir auch unser Geschäft Schritt für Schritt um.

In welchen Zeitdimensionen denken Sie hier – gerade auch vor dem Hintergrund der Sicherheitsdiskussionen?

Obermeier: Ein Zeitrahmen ist nur schwer absehbar. Wir Deutsche werden uns das Thema sehr genau anschauen und dann Schritt für Schritt vorgehen. Aber ich glaube auch, dass uns die Anforderungen der Kunden an dieser Stelle überrollen werden. Das sehen Sie auch an den Wachstumsraten der reinen Cloud-Wettbewerber.

Trotz der aktuell heiß diskutierten Security-Thematik wollen die Unternehmen eher schneller in Richtung Cloud gehen. Ich glaube, dass die Private Cloud mehr als etabliert ist, die Hybrid Cloud ist auch da. Beim Thema Public Cloud gibt es einfach noch Bedenken. Was der IT Branche in Deutschland hilft, sind Statements wie beispielsweise von Bundesinnenminister Thomas de Maizière über die Entwicklung einer Bundes-Cloud.

Für wie realistisch halten Sie das Szenario einer Bundes-Cloud? Die Bundesregierung hat sich zuletzt in Sachen IT-Sicherheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Obermeier: Wenn verschiedene Ministerien in ihren Bereichen Cloud-Services anbieten, kann ich mir gut vorstellen, dass das Thema Cloud den Status des 'Neuen' bald überkommen wird und die Leute das immer mehr annehmen werden. In der Diskussion vergessen wir auch gerne eines: Die nachkommende Generation geht ganz anders mit diesen Services um.

Das sind junge Menschen, die diese Themen sehr schnell adaptieren und weniger in diesem Sicherheitsgedanken leben. In fünf bis zehn Jahren stehen diese Menschen mit ihrem Zugang zu Cloud, Big Data und Co. mitten im Leben. Ich davon überzeugt, dass das Ganze auch eine Generationsfrage ist.

Und wie sieht es heute aus? Wo stehen aus Ihrer Sicht aktuell die Anwenderunternehmen mit dem Thema Cloud Computing?

Obermeier: Meine Wahrnehmung aus den Gesprächen mit CIOs ist folgende: Es ist eine sehr individuelle Thematik für jede einzelne Firma. Es lässt sich nicht pauschal sagen: Diese Branche macht das, die andere Industrie geht so vor. Abhängig vom jeweiligen Setup der Firmen ist es meist eine Integration: Der Anspruch, die Cloud-Lösung schnell testen zu können – in wenigen Wochen live zu stellen und zu pilotieren, um zügig entscheiden zu können, wie die Lösung weiter skalieren soll. Eine Abhängigkeit zur Gesamtstrategie eines Unternehmens ist nicht von der Hand zu weisen.

Firmen, die viel akquirieren, sind meist sehr offen für Cloud-Lösungen, weil sie damit schnell skalieren können und keine langen Projekt-Vorlaufzeiten haben. Und es gibt die ganz jungen Unternehmen: Wenn sie in der Startup-Szene in Berlin unterwegs sind, reden Sie mit diesen Unternehmen nur über ganzheitliche Cloud-Lösungen. Die interessiert weniger, Server aufzustellen oder Lizenzabkommen auszuhandeln. Die sagen: Ich möchte das haben, wenn ich es brauche.

Oracles Wurzeln liegen im Datenbankgeschäft. Werden denn Datenbanken als Cloud-Services nachgefragt?

Obermeier: Absolut - was oft nachgefragt wird, sind Test- und Development-Umgebungen. Und hier gehört auch die Datenbank eindeutig dazu. Die Unternehmen wollen eine IaaS-Umgebung mit Compute und Storage, sie wollen einen Database-Layer as a Service. Optimalerweise noch Middleware as a Service, um in diesem Umfeld ganzheitlich entwickeln und pilotieren zu können.

Gibt es denn über Test- und Entwicklungsumgebungen hinaus Bestrebungen, auch komplette Datenbanklandschaften inklusive geschäftskritischer Daten in eine Cloud zu verlagern?

Obermeier: Es gibt Unternehmen, die kurz davorstehen, das in die Tat umzusetzen. Das ist zwar noch nicht referenzierbar, aber die Überlegungen gehen dort weit über Test und Development hinaus.

Oracle will den gesamten Cloud-Stack anbieten

Die jüngsten Cloud-Ankündigungen Oracles zielten vor allem in Richtung IaaS und PaaS. Hier sind Wettbewerber wie AWS und Microsoft gesetzt. Außerdem ist der Preisdruck hoch. Warum will Oracle hier mitspielen?

Obermeier: Ich würde das Ganze von der Kundenseite betrachten. Kunden wollen heute Zugriff auf das gesamte Technologielayer und zwar in der Cloud. Wenn ich mir unsere Kernklientel ansehe, dann stehen dort vor allem folgende Fragen im Vordergrund: Ist das ganze durchgängig vertikal skalierbar? Optimiert das meine Performance? Habe ich die notwendige Sicherheit? Bei diesen Themen bin ich mir nicht ganz sicher, ob der Wettbewerb das kann.

Aber ich will hier nicht das Angebot des Wettbewerbs kommentieren. Die Kunden fragen das nach, und deshalb werden wir das auch zur Verfügung stellen. Ob wir immer in dem Preissegment spielen, wie das kolpoltiert wird, ist eine ganz andere Frage. Wichtig ist, dass unsere Lösungen integriert, durchgängig und durchdacht sind.

Dann legt Oracle seinen Fokus also auf den gesamten Cloud-Stack inklusive Integration?

Obermeier: Die Kunden transformieren nicht von heute auf morgen in die Cloud. Das ist ein Prozess, der mehrere Jahre dauern kann und teilweise auch muss. Auf diesem Weg begleiten wir unsere Kunden, damit sie die Möglichkeit haben, von On-Premise in die Cloud zu migrieren, möglicherweise auch wieder zurück, eventuell auch Akquisitionen mit dazu nehmen. Es geht darum, die Architektur der Zukunft für unsere Kunden zu bauen.

Das ist kein Thema, das Sie von heute auf morgen entscheiden. Wenn Sie dagegen mit Startup-Unternehmen reden, ist das natürlich etwas ganz anderes. Die bauen ihre IT-Architektur von vornherein in die Cloud. Warum? Es gibt keine Legacy-Altlasten. Dann können Sie natürlich auf die modernste Architektur bauen, die Ihnen zur Verfügung steht. Es geht im Grunde nur darum, den richtigen Cloud-Provider auszusuchen und zu überlegen, mit welchem Schwerpunkt gestartet werden soll. Es wird aber nur wenige Firmen geben, die in allen Bereichen ein Angebot vorlegen können. Das zeichnet uns gegenüber dem Wettbewerb aus.

Frank Obermeier, Oracle: "Wir verfolgen den Anspruch, das Cloud-Portfolio in der ganzen Breite anbieten zu wollen."
Foto: Oracle

Oracle will sich also als One-Stop-Vendor positionieren?

Obermeier: Absolut – wir haben ein klares Statement abgegeben, dass wir 95 Prozent unserer Services über die Cloud anbieten wollen, und das bis Ende des Jahres. Wir sind auf einem guten Weg. Hier fließen auch enorme finanzielle Mittel hinein. Es ist ja nicht damit getan, dass Sie etwas Cloud-fähig machen. Sie müssen auch sicherstellen, dass der Wechsel zwischen der Cloud und On-Premise funktioniert. An dieser Stelle ist hoher Forschungs- und Entwicklungsaufwand notwendig.

Wie aufwendig ist es denn, die Oracle-Software Cloud-fähig zu machen?

Obermeier: Wir betreiben hier einen hohen Aufwand – vor allem, um die Interoperabilität zwischen On-Premise und der Cloud zu gewährleisten. Wir haben angekündigt, dass unsere Kunden quasi auf Knopfdruck zwischen On-Premise und der Cloud hin- und herschalten können. Das funktioniert nur, wenn Sie die Lösungen entwicklungsseitig entsprechend angepasst haben. Das bedeutet am Anfang natürlich einen sehr hohen Invest.

Noch scheint aber das Cloud-Profil von Oracle etwas unscharf.

Obermeier: Das höre ich oft. Ich glaube, das lag daran, dass wir erst im letzten Jahr zur Oracle Open World (die alljährlich im Herbst stattfindende Kundenkonferenz in San Francisco, Anm. d. Red.) die verschiedenen Bereiche IaaS, PaaS und SaaS sehr klar positioniert und dargelegt haben, wie unsere Company in der Cloud agieren will und welche Pakete wir dort anbieten.

Das haben wir erst getan, als wir auch soweit waren, diese Dinge konkret im Markt offerieren zu können. Es war ein sehr bewusster Schritt an dieser Stelle. Sie können natürlich auch mit weniger Aufwand etwas in die Cloud stellen. Ob das dann immer die Erwartungen der Kunden erfüllt, steht auf einem anderen Blatt.

Den richtigen Cloud-Service für Ihre Anwendung finden
Der richtige Cloud-Service für Ihre Anwendung
Ein neuer Bericht von Verizon mit dem Titel "Matching Applications to the Right Cloud" (Anwendungen der richtigen Cloud zuordnen) liefert einen leicht umsetzbaren Ansatz, nach dem Scorecard-Prinzip. Der Report hilft IT-Führungskräften, verschiedene Cloud-Lösungen mit den Anforderungen jedes beliebigen Workloads abzugleichen. Alexander Schlager, Area Vice President DACH bei Verizon, zeigt die Schritte auf, wie Unternehmen ihre Anwendungen bewerten und eine Cloud-Strategie für ihre Auslagerung entwickeln.
Geschäftseinheiten befragen und User-Anforderungen definieren
Zunächst gilt es, zu den verschiedenen Einheiten im Unternehmen in Kontakt zu treten, um kritische Anwendungsanforderungen exakt zu erfassen und die richtige Cloud-Lösung zu definieren. Die ersten Fragen in diesem Kontext lauten: Welches sind die Hindernisse, die einer erfolgreichen Anwendungsmigration entgegenstehen? ...
Verfügbarkeiten und Ausfallzeiten
Wie wichtig ist die Verfügbarkeit der Anwendung und wie teuer werden Ausfallzeiten? ...
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Welche Richtlinien müssen die Anwendung und die von ihr verarbeiteten Daten erfüllen? ...
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Wie häufig muss die IT die Anwendung upgraden, damit der Wettbewerbsvorteil erhalten bleibt?
Anwendungen bewerten und Risikoprofil erstellen
Die sorgfältige Beurteilung der technischen Anforderungen seitens der Anwendungen kann über Erfolg oder Misserfolg der Cloud-Migration entscheiden. Deshalb gehört zum neuen Report von Verizon eine Checkliste, die den IT-Abteilungen hilft, Fallstricke zu vermeiden. Die Punkte dieser Liste: Ermitteln Sie die Belastung für das Netzwerk...
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Den Anforderungen das richtige Cloud-Servicemodell zuordnen
Das Auswählen des für die Unternehmens-IT besten Cloud-Modells erfordert ein tief reichendes Verständnis der technischen Spezifikationen und der Workload-Anforderungen. Durch Beantwortung der nachfolgenden Kernfragen können IT-Verantwortliche gemeinsam mit den Kollegen der Geschäftseinheit die Belange des Unternehmens definieren und das richtige Cloud-Modell auswählen: Lässt das Risikoprofil zu, dass die Anwendung auf gemeinsam genutzter Infrastruktur läuft? ...
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In welchem Umfang befinden sich die Anwendung und die dazugehörigen Daten derzeit in firmeneigenen Einrichtungen, wie viel ist beim Provider? ...
Do it yourself
Wie viel Cloud-Management können Sie selbst übernehmen?<br /><br />Die Cloud verleiht der IT größere Bedeutung, wenn es darum geht, einen maßgeblichen Beitrag zu den Geschäftsergebnissen zu leisten. Parallel zur Kooperation mit den Geschäftseinheiten des Unternehmens sollte der CIO eng mit den Cloud-Serviceprovidern zusammenarbeiten, um auf diesem Weg ganzheitliche Multi-Cloud-Lösungen zu entwickeln und zu supporten, die interne Workload-Anforderungen erfüllen. Denn die richtige Cloud-Umgebung, ermöglicht operative Effizienz, gesteigerte Performance, stringente Sicherheitsmaßnahmen und robuste Netzwerk-Konnektivität.

Wie offen ist denn die Integration in Nicht-Oracle-Systeme?

Obermeier: Auch unser geschätzter Wettbewerb entwickelt schließlich auf unseren Tools und Datenbanken. Das setzt natürlich voraus, dass es dort Offenheit gibt. Heißt das, dass man heute auf Knopfdruck von der Cloud eines Herstellers A in die Cloud des Herstellers B wechseln kann? Nein, das ist nicht so. Für uns ist wichtig, dass wir nach offenen Standards entwickeln. Wir sehen, dass die Wettbewerber mit unseren Tools entwickeln.

Über Schnittstellen und Web Services lassen sich die Lösungen also herstellerübergreifend miteinander verknüpfen?

Obermeier: Nicht auf Knopfdruck, das muss man fairerweise sagen. Das ist mit einem gewissen Aufwand verbunden und hier muss man natürlich auch auf die Details achten. Wir verfolgen den Anspruch, das Cloud-Portfolio in der ganzen Breite anbieten zu wollen.

Wenn sich Anwender bewusst auf einen Anbieter festlegen – quasi das Rundum-Sorglos-Paket buchen - bedeutet das freilich auch eine gewisse Abhängigkeit.

Obermeier: Wenn ein CIO die IT-Strategie für sein Unternehmen verantwortet, überlegt er genau, wie er sein Risiko ausbalanciert. Ein Sammelsurium an Anbietern kommt da eher selten vor. Meist sind es ein, zwei maximal drei Anbieter, auf die die Kunden setzen. Haben wir das Ziel der alleinige Anbieter für unsere Kunden zu sein? Selbstverständlich - sonst wären wir nicht überzeugt von unseren Produkten. Aber ich sehe durchaus die Tendenz, dass CIOs zweigleisig fahren, was ich auch durchaus verstehen kann. Das hält uns aber nicht davon ab, unsere Kunden tagtäglich davon zu überzeugen, dass ein integrierter Stack seine Vorteile hat. Aber die Kunden gehen damit natürlich in eine gewisse Abhängigkeit und wollen dann auch dort sehr langfristig abgesichert sein.

Klassische Lizenzmodelle passen nicht für die Cloud

Was bieten Sie Ihren Kunden denn an dieser Stelle?

Obermeier: Es gibt mehr und mehr CIOs, die sagen: Ich möchte dann bezahlen, wenn ich es wirklich brauche. Wenn man den Cloud-Gedanken richtig zu Ende denkt, dann sind nicht die klassischen Lizenzmodelle das Modell der Zukunft. Kunden wollen Leistungen, bezahlen diese auch gerne, aber dann, wenn sie wachsen. Das sehe ich ganz deutlich und dem muss man sich als Anbieter auch stellen.

Wie flexibel sind Ihre Lizenzmodelle denn in dieser Hinsicht?

Obermeier: Unsere Lizenzpolitik im On-Premise-Umfeld bleibt unverändert. Das ist sehr klar und nachvollziehbar für die Kunden. Das Cloud-Business wird natürlich nach anderen Gesetzmäßigkeiten abgerechnet. Im Übrigen sehen wir hier auch bei größeren Unternehmen zunächst kleinere Lösungen entstehen. Es sind nicht immer die riesigen Deals auf einen Schlag.

Sind es dann auch in der Cloud eher längerfristige Verträge, die Sie hier abschließen?

Obermeier: Das Cloud-Thema schließen Sie auf einen Zeitraum ab. Das ist ein Total Contract Value, der dann 12, 24 oder 36 Monate läuft, aber auch speziell auf den Use-Case ausgerichtet ist. Ein Beispiel: Ein Kunde braucht ein bestimmtes Volumen für die nächsten 12 Monate. Während er das aufbracht, geht es dann um Fragen: Wird es verlängert oder erweitert etc. Andere Kunden wählen eine längere Laufzeit.

Letztlich legt sich der Kunden dann aber wieder fest, also auf ein fixes Volumen?

Obermeier: Richtig – als Einstieg. Aber in einem wesentlich überschaubareren Rahmen, so wie wir das momentan erleben. Es ist zu beobachten, dass der Zeitraum eher kürzer ist, die Zahl der User eher kleiner. Viele fangen mit diesen kleinen Paketen an. Wenn das dann läuft, kommen Fragen, die User-Zahl zu erweitern und das Ganze längerfristig auszurollen.

Das widerspricht doch aber im Grunde dem eigentlichen Cloud-gedanken – beliebig nach oben, aber eben auch nach unten skalieren zu können?

Obermeier: Das geht durchaus – nehmen Sie die Energiekonzerne. Das ist ein klassisch saisonales Geschäft. Die haben ihre Peak-Zeiten im Winter. Dann knirscht und knarzt es natürlich an allen Ecken und Enden. Das ist ein klassisches Thema für eine Cloud-Lösung. Da spricht auch vom Lizenz-Modell gar nichts dagegen. Natürlich brauchen Sie als Cloud-Anbieter aber von den Kunden eine Einschätzung, wie viele Nutzer er in welchen Zeiträumen braucht, um das dann auch abbilden zu können.

Die Flexibilität bieten Sie also an?

Obermeier: Natürlich – in dem Umfeld wird dann genau passend die Architektur designt, entsprechend dem, was notwendig ist in diesen saisonalen Spitzen. Das geht man dann flexibel an.

Es geht nicht darum, den Kunden Geld aus der Tasche zu ziehen

Im Umfeld der Lizenzthematik gab es Ärger rund um das Thema Virtualisierung. Wie sehen Sie das und wird sich Oracle an dieser Stelle bewegen?

Obermeier: Wir haben unsere Lizenzpolitik nicht verändert. Das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt. Tatsache ist, dass sich die Lizenzbedingungen auf der VMware-Seite verändert haben, was dann wiederum Veränderungen hinsichtlich der Oracle-Lizenzierung nach sich zog. Wo wir uns allerdings an die eigene Nase fassen müssen, ist die Kommunikation. Wenn unsere Kunden vor einer Herausforderung stehen, und wir kennen diese Herausforderung, dann müssen wir proaktiv auf die Kunden zugehen. Das ist das, was die Kunden von uns erwarten. Diesen Anspruch sollten wir auch haben. Das haben wir in der Vergangenheit jedoch nur begrenzt getan.

Wird das reichen - laut der DOAG-Umfrage ist der Ärger über Oracle sehr groß?

Obermeier: Die Umfrageergebnisse und auch die Interpretation dieser Umfrageergebnisse teile ich nicht unbedingt. Wichtig ist, es geht uns nicht um eine Lizenzoptimierung, um den Kunden Geld aus der Tasche zu ziehen, wie ich es an der einen oder anderen Stelle gelesen habe. Das ist nicht unsere Intention. Noch einmal: Wir haben unsere Lizenzpolitik nicht geändert. Wenn das der Fall wäre, um es in unserem Sinne zu optimieren, dann hätten wir bestimmt eine ganz andere Diskussion. Hier ist es so, dass es auf Seiten eines anderen Herstellers eine Änderung gegeben hat, und der Wunsch der Kunden da ist, dass wir uns dem völlig öffnen. Den Wunsch sehe ich und wir finden auch Lösungen in den Einzelfällen. Wir haben uns aber entschieden, nicht aufzumachen und diese Entscheidung hat Bestand.

Aber es sind doch die seit Jahren bestehenden Oracle-Konditionen, die die Anwender kritisieren - und jetzt auch mit drastischen Konsequenzen drohen, wie der Ablösung von Oracle-Produkten?

Obermeier: Es gibt Oracle-Kunden, die sich nicht richtig abgeholt fühlen und kundtun, dass sie sich auch Alternativ-Szenarien überlegen. Dem treten wir proaktiv entgegen. Ich sehe, dass wir hier Schritt für Schritt vorankommen. Es ist im Übrigen nicht so, dass die Lösung, die wir für ein, zwei oder drei Kunden finden, die Copy-and-paste-Lösung für alle Kunden ist. Die virtualisierten Umgebungen bei den Kunden sind schließlich durchaus unterschiedlich. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung, die Anwender dort abzuholen, wo sie derzeit stehen. Und das tun wir jetzt und arbeiten sehr hart daran.

Big Data kann ganze Industrien aus den Angeln heben

Zu Ihrer Produktstrategie: Gerade im Umfeld der Datenbank und Datenmanagement-Lösungen tut sich derzeit extrem viel im Markt - Beispiel Hadoop. Wie beeinflusst das Oracle in der Produktentwicklung?

Obermeier: Wenn ich mir das Big-Data-Umfeld ansehe, dann glaube ich, dass dies einer der wesentlichen Treiber in den nächsten fünf bis zehn Jahren sein wird. Das liegt daran, dass gerade durch die Unmenge an verfügbarer Information disruptive Business-Modelle entstehen, die ganze Industrien aus den Angeln heben werden. Ich habe in den letzten Jahren viel Zeit im Silicon Valley verbracht und gesehen, dass wenige Leute mit einem kleinen, cleveren Tool ganze Geschäftsmodelle aushebeln beziehungsweise fundamental verändern können. Uber ist nur ein Beispiel. Und jeder hat mittlerweile verstanden, dass das wesentlich weiter geht als ein bloßer Taxi-Service. Ich glaube, dass alle Werkzeuge und Tools die Sie brauchen, um Big Data mit Leben zu füllen, wirklich wichtig sind für Softwareunternehmen - auch für Oracle.

Was bedeutet das dann für ihre Softwareprodukte?

Obermeier: Sie müssen heute in der Lage sein, eine hochperformante Datenbank anzubieten, um Datenmengen in einer Geschwindigkeit verarbeiten zu können, an die sie vor zwei Jahren noch gar nicht zu denken wagten. Und schließlich wächst das Ganze auch noch exponentiell. Deshalb ist das Thema Engineered Systems - also vertiefende Systeme, die die Datenbank optimiert laufen lassen – für uns ganz wichtig.

Auch die Tools, die darauf für die Datenanalyse laufen, haben einen ganz hohen Stellenwert für uns. Das ist schließlich der eigentlich smarte Teil des Ganzen: Was macht man mit den Daten? Wie wertet man sie aus? Diese Fragen haben eine große Bedeutung für uns und prägen unsere gesamte Produktstrategie. Sowohl in der Cloud wie auch On-Premise.

Der hochintegrierte Architekturansatz ist also Oracles Antwort auf die Big-Data-Herausforderungen unserer Zeit?

Obermeier: Wir glauben, dass eine starke Vertikalisierung und Verzahnung dieser Systeme nicht nur gut ist, sondern letztlich auch die Performance liefert, die man heute braucht. Die Herausforderung heute ist, schnell zu sein und den exponentiell wachsenden Datenmengen Herr zu werden. Was wir feststellen: Wir sind noch performanter, wenn wir das integriert tun.

Unsere Antwort sind die Engineered Systems. Aus Architekturperspektive gibt es zwei Wege: Entweder Sie arbeiten mit riesigen Compute-Farmen, wo Sie aber immer das Problem haben, dass die Software optimiert darauf laufen muss. Oder Sie haben die Möglichkeit, Engineered Systems zu nutzen. Hier ist die Hardware auf den Bedarf der Software optimiert. Das ist unsere Strategie seit der Übernahme von Sun.

Sehen das die Anwender denn genauso?

Obermeier: Viele Unternehmen stecken immer noch in der Architektur-Diskussion. Je größer das Unternehmen, desto größer sind auch die Altlasten, die dort mitgeschleppt werden - ob das Software oder bestehende Infrastruktur sind. Das können sie auch nicht von heute auf morgen einfach ausschalten.

Was ist die Lösung?

Obermeier: Die Architekturfrage zu lösen, heißt nicht, dass ich nicht auch individuelle Anpassungen vornehmen muss, um meine Anforderungen abdecken zu können. Die IT-Verantwortlichen müssen sich entscheiden, auf welche Tools sie setzen wollen. Interessant wird es, wenn es um die Frage geht, wie schnell sie das umsetzen können und wie gut die Werkzeuge sind, die Daten zu manipulieren und auszuwerten. Hinsichtlich der Perfomance-Frage haben sie einen riesigen Vorteil, wenn sie den gesamten Stack unter sich haben.

Entscheidet das künftig weiter die IT-Abteilung oder spielen die Fachbereiche aus Ihrer Sicht eine immer größere Rolle, wenn es um IT-Fragen geht?

Obermeier: IT wird immer mehr zu einem Thema für die Business-Entscheider. Nehmen sie die Automobilbranche: Wenn Sie früher ein Auto gebaut haben, dann hat IT nur eine nachgeordnete Rolle gespielt. Heute wird es für Konzerne wie Daimler, BMW und Volkswagen immer relevanter zu wissen, was kann ich mit IT-Hilfe in meinem Auto tun, um neue Services für meine Kunden anzubieten. Ob das in der Cloud passiert, oder das Ganze anders heißt, spielt für das Business keine Rolle.

Nur eines ist klar: Wenn ich heute ein gutes Auto bauen will, dann brauche ich IT als integralen Bestandteil. Das verschiebt die Diskussion zu den Business-Entscheidern, die den IT-Leuten klar vorgeben, in welche Richtung sie das Thema treiben möchten. Das ist eine sehr interessante Dynamik in der ganzen Transformation, weil sie viel stärker Business-getrieben ist. Und als Anbieter muss man klar verstehen: was will mein Kunde für seine Kunden erreichen und wie passen wir unsere Services entsprechend an.

9 Wege zur erfolgreichen Digitalisierung eines Unternehmens
9 Wege zur Digitalisierung
Eine neue Studie zum Thema Digitalisierung identifiziert neun Handlungsfelder in denen Unternehmen tätig werden müssen, um die Digitalisierung erfolgreich voranzutreiben und Digitale Exzellenz zu erlangen.
Digital Leadership
Die digitale Transformation muss von der Unternehmensspitze priorisiert und vorangetrieben werden.
Digital Empowerment
Die Qualifizierung von Mitarbeitern für die digitale Transformation sollte unternehmensweit von statten gehen.
Customer & Partner Engagement
Kunden und Partner sind die treibenden Kräfte der digitalen Transformation. Das Ziel für Unternehmen ist es folglich, deren Erwartungen und Anforderungen zu verstehen und diesen möglichst schnell gerecht zu werden.
Business Model Innovation
Digitale Exzellenz erfordert die fortlaufende Überprüfung bestehender Geschäftsmodelle auf Digitalisierungspotenziale und -notwendigkeiten. Unternehmen sollten neue digitale Geschäftsmodelle aktiv entwickeln.
Digital Platform Management
Im digitalen Raum haben verschiedene Plattformen eine zentrale Rolle übernommen. Unternehmen müssen auf diesen Plattformen präsent sein, Einfluss auf sie nehmen oder sogar selbst eine Plattform entwickeln und betreiben.
IT Architecture Transformation
Veraltete IT-Architekturen müssen komplett überarbeitet und erneuert werden. Die auf Stabilität und Sicherheit ausgelegten Backend-Systeme sollten so optimiert werden, dass sie die Frontend-Systeme in ihrer schnellen Weiterentwicklung unterstützen können.
Process Digitisation & Automation
In der klassischen IT-Disziplin der Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung erfordert Digitale Exzellenz ein permanentes IT-Engagement.
Data-driven Agility
Digitale Exzellenz erfordert die stetige Auswertung von entstehenden Daten. Diese sollten anschließend in die steuernden Prozesse zurückgeführt werden, wo sie unmittelbar für die Weiterentwicklung und Gestaltung des digitalen Angebotes zur Verfügung stehen.
Digital Security & Compliance
Digitale Exzellenz ist nur zu erreichen und aufrechtzuerhalten wenn Systeme und Prozesse kontinuierlich in Bezug auf Sicherheit und Compliance überprüft und weiterentwickelt werden.

Das ist eine neue Rolle für die alten Hasen im IT-Geschäft. Mit einem Mal spielen ganz neue Player eine wichtige Rolle. Wie sehen Sie Ihr Standing in der Zukunft?

Obermeier: Die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung hat in kürzester Zeit sämtliche Branchen und Industrien erfasst. Das sehen wir auch bei unseren Kunden. Was erwarten die von ihrem IT-Lieferanten? Schnelligkeit und Flexibilität. Wenn Sie sehen, wie schnell Cloud-Companies wachsen, dann ist es schon so, dass die Arrivierten des Marktes wie IBM, SAP, HP oder Oracle sich darauf einstellen müssen und in der Lage sein müssen, dort ebenfalls flexible Pakete anzubieten. Da schließt sich für mich wieder Kreis zu unserem Cloud-Angebot.

Wir sind dort sicher noch nicht so präsent wie wir es sein wollen. Ich glaube aber auch: Das ist ein Marathon, wo verschiedene Industrien verschieden weit sind. Der eine ist zur Halbzeit eine Bombenzeit gelaufen und muss jetzt mal eine Pause machen, um zu sehen, wie er seine unterschiedlichen Dinge wieder zusammenbringt. Der andere geht es langsamer an, Stück für Stück.

Wird man als IT-Anbieter nicht austauschbar, wenn man nur die Technik liefert?

Obermeier: Wenn man nur taktische Tools liefert, dann ist man nicht besonders relevant für seine Kunden. Erst wenn Sie aber mit dem Business im Gespräch sind, und die Architektur der Zukunft mit den Kunden diskutieren, dann sind Sie relevant und dann haben Sie auch eine strategische Partnerschaft mit den Kunden. Das ist unser Ziel.

Oracle als Berater für die Cloud

Die Oracle-Geschäftsführer sind hierzulande meist einige Jahre am Ruder. Welchen Stempel wollen Sie dem Konzern in Deutschland in Ihrer Zeit aufdrücken?

Obermeier: Ich will mich auf keinen Zeitrahmen festlegen. Ich glaube, dass wir ein echter Berater in Sachen Cloud für unsere Kunden sein werden. Das ist unser übergeordnetes Ziel. Ich würde mich freuen, wenn uns die Kunden in drei, vier Jahren genau in dieser Rolle sehen. Dass Oracle bei unseren Kunden sofort präsent ist, wenn es um Cloud Infrastruktur geht. Das zweite große Thema für mich ist, dass Oracle ein Platz sein soll, wo gute, talentierte Menschen gerne arbeiten.

Das sind die beiden Dinge, die mir sehr wichtig sind. Wenn uns das gelingt, dann werden Zahlen und Erfolg automatisch folgen. Klassischerweise sind die Themen, die man nicht von heute auf morgen umsetzen kann. Das muss man sich in der Kooperation mit den Kunden erarbeiten, damit Vertrauen wächst und sich unser Profil nach außen schärft.