Das Geschäft mit Home-Automation- und Smart-Home-Lösungen steckt noch in den Kinderschuhen, doch immer mehr Hersteller bringen kostengünstige Produkte im Einsteigersegment auf den Markt. "Insbesondere Produkte aus dem Basis- und Volumenmarkt sorgen momentan für eine steigende Nachfrage nach Smart Home Lösungen beim Verbraucher", weiß Peter Klinkenberg, Projektleiter Smart Home / Home Automation bei Also. Dies spüre man bei Also / NT plus deutlich.
So kann das Einsteigersegment den Boden für weiteres Geschäft im höherwertigen Segment bereiten. "Selbstverständlich spielen Einsteigerprodukte auch innerhalb des weiten Feldes der Hausautomatisierung eine ausgesprochen wichtige Rolle. Viele interessierte Endkunden werden mit diesen Produkten die ersten Erfahrungen in diesem Bereich sammeln", meint Ansgar Wecks, Produktmanagement Smart-Home bei Michael Telecom. Dabei spielen sowohl Insellösungen, als auch erweiterbare Konfigurationen eine Rolle. "Eine günstige Insellösung kann eine 'Einstiegsdroge' sein. Einfach zu integrieren, führt Sie den Kunden in die Welt der Home-Automation und macht Lust auf mehr", erklärt Manuel Wlochowitz, Smart Home Experte bei Herweck. Daher messe man speziell der Einsteigerproduktgruppe eine sehr große Bedeutung bei der Vermarktung bei.
Sortimentserweiterung für den Fachhandel
Die sich abzeichnende Boom weckt in vielen Absatzkanälen Begehrlichkeiten. "Es gibt die Einsteigerlösungen, die vor allem günstig sind und sich auf einfache Anwendungsszenarien fokussieren. Diese Geräte haben somit nur einen sehr geringen Installationsaufwand und werden sicherlich häufig bei Onlinern zu finden, wo dann ein aggressiverer Preiskampf nicht auszuschließen sein wird", prognostiziert Ansgar Wecks von Michael Telecom. Es werde aber auch im Einsteigerbereich vornehmlich funkbasierende Komplettlösungen geben, die sich durch einen komplexeren Beratungs- sowie Installationsaufwand kennzeichnen lassen. "Diese Produkte werden sehr erfolgreich vom Fachhandel in Deutschland vertrieben werden können, die sowohl einen gewissen Installationsaufwand beim Kunden leisten können, als auch die Konfigurationsarbeit des Systems übernehmen können", glaubt Wecks.
Raimund Veit, Leiter Produktmanagement Zubehör bei Brodos, sieht die TK-Spezialisten unter den Resellern mit Vorteilen: "Viele Händler in dieser Branche sind bereits aktiv in der Installation von IT- und Telefonanlagen und können nun mit Home Automation ihr Sortiment erweitern", erläutert er. "Der TK-Fachhandel hat hier Vorteile im Vertrieb und in der Vermarktung", ergänzt Herweck-Manager Wlochowitz. Allerdings müsse der Handel die Geräte und Applikationen auch mit all ihren Vorteilen zeigen. "Die Produkte, müssen gesehen. Verstanden und angefasst werden können", fordert Wlochowitz. Man biete daher Unterstützung, unter anderem auch mit entsprechenden Verkaufsdisplays.
Insbesondere durch den Zugang zum TK-Handel sieht sehen sich die TK-Distributoren in der Pole-Position bei der Home Automation. "Derzeit buhlen extrem viele Akteure aus den verschiedensten Branchen um den Markt der Hausautomatisierung", berichtet Ansgar Wecks. Es werde noch länger unklar sein, welche Branche zu der ersten Anlaufstelle avancieren wird. "Die TK-Distribution mit ihrer extrem breiten und vielfältigen Kundenlandschaft hat allerding die besten Voraussetzungen", hofft der Michael-Telecom-Mitarbeiter.
Heizung, Sicherheit und Komfort
Das Lösungsangebot ist vielfältig. "Besonders boomen werden alle Segmente, welche auch über Smartphone oder Tablet zu steuern sind", denkt Brodos-Produktchef Raimund Veit. "Schon heute gibt es viele günstige proprietäre Systeme zur Heizungssteuerung, die bereits sehr erfolgreich sind. Dieses Segment wird natürlich auch in Zukunft eine äußerst bedeutende Rolle innerhalb der Hausautomatisierung einnehmen", ergänzt Herweck-Spezialist Wlochowitz. Daneben gewinne auch der Bereich der Sicherheit sowie die komfortable Steuerung von Licht, Jalousie und Multimedia über das Smartphone einen immer größer werdenden Stellenwert. "Kurz und knapp kann man das in drei Schlagworte zusammenfassen: Heizungssteuerung, Sicherheit und Komfort", betont er.
Für Also-Manager Klinkenberg erfreuen sich insbesondere Smart Home Lösungen für die Sicherheit einer steigenden Nachfrage: "Ein Alarmsystem mit Kamera, Bewegungsmelder, Gegensprechanlage für einen Endverbraucherpreis von 200 Euro begeistert die Kunden, da eine klassische Alarmanlage eher im vierstelligen Bereich beginnt." Natürlich sei der Vergleich dieser Systeme nicht ganz fair, aber so werde Sicherheitstechnik nicht nur für die oberen Zehntausend verfügbar, sondern für jedermann.
Die Stromleitung ist die Grenze
Die Grenzen vom Do-It-Yourself und Plug'n Play zu erklärungsbedürftigem Dienstleistungs- und Installationsangebot verlaufen dabei fließend. "Umso mehr Einrichtungsgegenstände der Kunde miteinander vernetzten will und diese in intelligenten Szenarien zusammenspielen sollen, umso technischer wird die Lösung und beratungsintensiver das Geschäft", erklärt Peter Klinkenberg. "Sobald allerdings ein Kunde mehrere Anwendungsszenarien in seinem Haus vereinen möchte, ist meist die Grenze zu einem erklärungsbedürftigen Produkt überschritten und genau hier kann der Fachhandel seine Beratungskompetenz ins Spiel bringen", weiß auch Ansgar Wecks von Michael Telecom.
Kritisch wird es, wenn der Endkunde in sicherheitsrelevante Systeme eingreift. Hier sollte er auf jeden Fall die Hilfe des Fachmanns in Anspruch nehmen. "Die Grenze ist klar die 220 Volt Stromleitung, beispielsweise bei der Installation von Unterputzeinsätzen. Hier besteht eine ernsthafte Gefahr bei falscher Installation und eine Haftung bei Schäden wird nicht übernommen, wenn fehlerhaft installiert wird", warnt Manuel Wlochowitz von Herweck.
Einheitliche Standards eröffnen neue Chancen
Noch ist der Markt gekennzeichnet durch unterschiedliche Standards und Insellösungen. "Einheitliche Standards wären natürlich von enormem Vorteil. Wenn die Kompatibilität gewährleistet ist, werden viele Entwickler interessante neue Applikationen entwickeln", hofft Wlochowitz. Laut seiner Prognose werden sich der Markt und die Standards in den nächsten Jahren konsolidieren. "Wie im Computermarkt der 90er Jahre werden sich bestimmte Standards durchsetzen. Eine weitere Lösung sind Gateways, wie Qivicon, die verschiedene Standards in sich vereinen", denkt der Herweck-Manager. "Es kommt darauf an, wer nur sein Licht mit seinem Smartphone zu Hause steuern möchte. Den interessiert es wohl weniger, ob er auch seine Heizungsanlage mit seinem gekauften Produkt theoretisch steuern könnte. Er wird auch nicht bereit sein, dafür mehr Geld auszugeben", wirft Also-Spezialist Klinkenberg ein. Wer aber sich bereits zu Beginn dazu entschließe, sich nach und nach ein Smart Home einzurichten, der sei auf einheitliche Standards angewiesen.
"Aktuell erkennen viele Hersteller den Markt der Hausautomatisierung als riesigen Zukunftsmarkt, von dem sie partizipieren möchten und bringen deswegen eigene proprietäre Insellösungen auf den Markt", schildert Herweck-Mitarbeiter Wlochowitz die Situation. Diese Entwicklung werde sich wohl noch in den nächsten ein oder zwei Jahren weiter fortsetzen. Dann werde vor allem in dem Einsteigersegment, das sich nur auf ganz konkrete Anwendungsmöglichkeiten beschränkt, eine Marktbereinigung stattfinden. "In diesem angesprochenen Segment, wo der Preis und eine sehr einfache Bedienbarkeit eine wichtige Rolle spielt, werden einheitliche Standards auf absehbarer Zeit wohl keine große Rolle spielen. Im Bereich der funkbasierten Komplettlösungen, werden sich allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei oder drei Standards durchsetzen", prognostiziert er. Diese müssen allerdings nicht neu erfunden werden. Mit Z-Wave, Enocean und Zigbee gebe es hier bereits diverse Standards, die wohlmöglich in Zukunft im Markt weit geläufiger sein werden als heute.