Das gekaufte Siegerimage

18.03.2004
Ob Fußball-WM, Formel 1 oder Tour de France: Die ITK-Branche hat das Sport-Sponsering für sich entdeckt. Doch es müssen nicht immer die großen Events sein: Auch mit kleineren Beträgen und regionalem Engagement lässt sich ein großer Imagegewinn erzielen. Von ComputerPartner-Redakteurin Marzena Fiok

Jung, dynamisch und erfolgreich: Unternehmen, die sich selbst am liebsten in der Siegerpose sehen, haben das Sport-Sponsoring als neues Kommunikationsmittel entdeckt. Die Deutsche Telekom leistet sich einen eigenen Radrennstall, der Online-Dienst AOL eine gleichnamige Arena, Samsung engagiert sich bei den Olympischen Spielen, Canon bei der UEFA-Champions-League, und OKI will demnächst sogar eine eigene Segelregatta veranstalten.

Tatsächlich wären die meisten sportlichen Veranstaltungen ohne das Engagement und der finanziellen Unterstützung von Sponsoren heute gar nicht mehr möglich. Das bestätigt auch Erwin Staudt, Ex-Chef von IBM Deutschland. Der ehemalige Linksaußen des TSV-Eltingen engagierte sich jahrelang ehrenamtlich im Amateurfußball und ist seit September 2003 der erste hauptamtliche Präsident des VfB Stuttgart. "Der Unterschied zwischen Wirtschaft und Sport ist, dass Sport ein Riesen-Medieninteresse hat", resümiert Staudt. Sein Verein generiert pro Saison nachweislich 2,5 Milliarden Blickkontakte über das Fernsehen. "Diesen Medienrummel hatte ich bei IBM nicht", so der Manager. Die Beteiligung an der Medienpräsenz ist Sponsoren wie zum Beispiel Debitel und Puma bis zu 50 Millionen Euro im Jahr wert.

Pro Jahr werden 3,4 Milliarden Euro für Sponsoring ausgegeben

Ingesamt werden deutsche Unternehmen in diesem Jahr etwa 3,4 Milliarden Euro für Sponsoring ausgeben - Prognosen für das Fußball-WM-Jahr 2006 gehen sogar von 4,4 Milliarden Euro aus. Wie die aktuelle Studie "Sponsor Visions 2004" der Hamburger Agentur Pilot zeigt, fließt jeder fünfte Werbe-Euro mittlerweile ins Sponsoring, wobei sich drei Viertel der Unternehmen im Sport engagieren. Im Fokus stehen dabei Fußball (52 Prozent), Eishockey (19 Prozent), Golf und Radsport (je 17 Prozent) sowie die Top-Events Fußball-WM (38 Prozent) und -EM (28 Prozent), die Olympischen Spiele in Athen (16 Prozent) und jährlich natürlich auch die Tour de France (8 Prozent).

Bei der Wahl der richtigen Sportart wird nichts dem Zufall überlassen: Berücksichtigt wird nicht nur der eigene Etat, auch Image und Potenzial der verschiedenen Sportarten sowie psychologische Faktoren spielen eine Rolle. So gilt die - beim Publikum zweifelsohne sehr beliebte - Formel 1 marketingtechnisch als nahezu erschöpft. Tennis ist auch irgendwie aus der Mode gekommen, seit es keinen Boris mehr gibt, der das Publikum emotional mitreißen kann.

Tennis ist out, Formel 1 ausgereizt - Radsport hat noch Zukunft

Großes Potenzial soll hingegen noch der Radsport bergen: Wie eine Erhebung des Kölner Marktforschungsinstituts "Sport + Markt" im April 2003 ergab, gibt es in Deutschland etwa 41,5 Millionen Radsportinteressierte. 18 Pro-zent der deutschen Sport-Fans verfolgen Jan Ullrich und Co. regelmäßig im TV und haben dabei unbewusst auch ständig den Namen des jeweiligen Sponsors vor Augen. "Der Team-Sponsor im Radsport nutzt mit nur einem Engagement die beiden effizientesten Werbeformen: Trikot-Sponsoring und Naming Right. Die werden von Fußballclubs einzeln für enorme Summen verkauft", so Projektmanager Axel Bruchhausen.

Mit dieser Studie wurde auch bewiesen, was Kritiker gerne anzweifeln: dass Sport-Sponsoring nachweislich den Bekanntheitsgrad der Unternehmen steigert. So ist die Deutsche Telekom als ältester deutscher Radsportförderer 89 Prozent der Zweiradfans ein Begriff, die Marke Gerolsteiner bringt es auf 64 Prozent. Das junge Bianchi-Team erreichte dank der Schlagzeilen um seinen damaligen Fahrer Jan Ullrich innerhalb weniger Wochen einen Bekanntheitsgrad von 27 Prozent - das sind 11,2 Millionen Menschen.

Regionales Engagement ist Politur für das eigene Image

Aber es muss nicht immer gleich die Tour de France sein, auch regionales Engagement zahlt sich aus. Denn das Publikum - und damit die potenzielle Kundschaft Ihrer Firma - interessiert sich offenbar für die örtlichen Sport-Events genauso wie für die nationalen oder internationalen.

Das Marktforschungsinstitut Ipsos befragte zusammen mit der Europäischen Sponsoring-Börse 1.000 Deutsche ab 14 Jahren zu ihrem Interesse am regionalen Sport, aber auch zu Meinungen über Sponsoren in diesem Bereich. Ergebnis: 44 Prozent der Bevölkerung interessieren sich auch für regionalen Fußball - das sind sieben Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. An zweiter Stelle folgt mit 27 Prozent der regionale Radsport,

danach mit 19 bis 20 Prozent Handball, Reitsport und Eishockey sowie Triathlon mit 16 Prozent.

Gute Chancen auch für mittelständische Firmen

Gute Chancen auch für kleinere und mittelständische Sponsoren: Wer "seinem" Fußballclub ein paar neue Trikots für die Jugendmannschaft spendet - das eigene Firmenlogo sollte natürlich nicht vergessen werden -, dem ist die Aufmerksamkeit der regionalen Medien so sicher wie die Sympathie der Eltern. Möchte man sein Image auf Hochglanz polieren, sollte man sich allerdings nicht nur auf einmalige Aktionen beschränken, sondern lieber über ein kleineres, dafür aber langfristiges Engagement nachdenken.

Wem Größeres vorschwebt, der kann sich auch noch beim Olympischen Komitee melden: Gesucht werden noch "Nationale Förderer" - mit rund 13 Millionen Euro ist man dabei. Doch selbst solche Beträge können sich als totale Fehlinvestition erweisen, wenn man das falsche Bild von der eigenen Außenwirkung im Kopf hat, warnt Gudrun Witt, Projektleiterin bei Ipsos. "Die Verbraucher differenzieren sehr genau, welche Branche zu welcher Sportart passt."

Reitturnier oder Eishockey-Halle

So sind traditionsreiche Uhrengeschäfte beim Reitturnier sicher besser aufgehoben als bei einem Auftritt in der Eishockey-Halle, und dem angeblich so modernen und leistungsfähigen IT-Unternehmen steht das Verteilen von Give-Aways beim lokalen Triathlon besser zu Gesicht als ein Werbebanner im örtlichen Kegelverein.

Rent-A-Kai: Wie man Sponsor von Triathlet Hundertmarck wird

Im vergangenen Jahr hat Kai Hundertmarck (www.kai-hundertmarck.de) als Radprofi seine neunte Saison im Team Telekom erlebt. Er war ein Mal bei der Tour de France dabei, vier Mal bei der Giro D'Italia und sechs Mal bei der Vuelta a Espana. In diesem Jahr startet Hundertmarck erstmals als Triathlet durch - und sucht noch Sponsoren.

Nach Ansicht von Jens Dreger, Geschäftsführer der J&J Dreger Consulting GmbH, wird er sie auch finden, denn Triathlon habe im Gegensatz zu anderen Sportarten ein absolut sauberes Image: "Triathlon gilt zurecht als 'weiße Sportart'. Denn bei diesen Distanzen würde Doping gar keinen Sinn machen."

Wer als Sponsor auftreten will, hat zahlreiche Möglichkeiten sich zu präsentieren. Die bekanntesten Formen sind das Ausstattungs- und das Werbe-Sponsoring. Bei Ersterem stellt der Förderer die Bekleidung beziehungsweise das Equipment kostenlos zur Verfügung und erreicht so die Präsentation seiner Marke. Beim Werbe-Sponsoring können Interessenten ihr Logo auf der Kleidung des Sportlers platzieren. Am teuersten ist der große Schriftzug auf der Brust; wer sich mit dem Arm zufrieden gibt, kommt billiger davon.

Der Sportler zeigt aber nicht nur bei sportlichen Events Flagge: Er steht für Werbeaufnahmen ebenso zur Verfügung, wie für die Events seines Sponsors. Wer seine Kunden so richtig beeindrucken will, kann sie beispielsweise zu einem Trainingslager mit

Kai Hundertmarck einladen. Bei weniger Bewegungsdrang kann es aber auch mal ein Vortrag sein. Diese Möglichkeit haben auch Unternehmen, die sich nicht dauerhaft als Haupt- oder Co-Sponsor engagieren wollen: Genau wie Kai Hundermarck können die meisten Sportler auch für einzelne Veranstaltungen gebucht werden. Der Preis muss dann allerdings auch individuell ausgehandelt werden. MF