MWC 2014

Das sind die Trends auf dem Mobile World Congress

24.02.2014 von Manfred Bremmer
Auf dem diesjährigen Stelldichein der Mobilfunkbranche in Barcelona geht es neben den neuesten Smartphones, Tablets und Wearables auch um Zukunftsthemen wie 5G, Connected Life oder die Positionierung der Carrier im gesamten mobilen Ökosystem.

Ab dem heutigen Montag versammelt sich in Barcelona wieder alles, was in der Mobilfunkbranche Rang und Namen hat – einmal abgesehen vom iPhone- und iPad-Hersteller Apple, der zumindest offiziell dem Mobile World Congress den Rücken kehrt. Der Andrang ist groß, 75.000 Fachbesucher werden auf der Messe erwartet, davon die Hälfte auf Vorstandsebene.

Die MWC 2014 wird auch dieses Jahr spannend - die Computerwoche berichtet vor Ort!
Foto: GSMA

Im Vordergrund und im Fokus des Interesses der breiten Öffentlichkeit stehen dabei die neuen bunten Devices, Smartphones, Tablets und als neueste Trend Wearables. Gleichzeitig geht es aber auch um das Große und Ganze, wird in Treffen und Konferenzen eifrig an der Zukunft der Mobilfunkbranche und des gesamten mobilen Ökosystems gearbeitet. Insgesamt lassen sich daher gleich eine ganze Reihe an Topthemen der diesjährigen Mobilfunkhauptversammlung feststellen. Hier unser Überblick, was auf dem MWC 2014 wichtig sein wird.


Neue Smartphones, Tablets und Smartwatches

Auch wenn einige Hersteller mittlerweile in Apple-Manier zumindest den neuen Flaggschiffmodellen eigene Launch-Events gönnen, ist der MWC nach wie vor eine Neuheitenmesse wie die CES in Las Vegas Anfang Januar. So präsentiert Samsung dieses Jahr im Rahmen der Messe in Barcelona, wenn auch auf der Eigen-Veranstaltung Samsung Unpacked, aller Wahrscheinlichkeit nach das neue Topmodell Galaxy S5 sowie die GalaxyTab-4-Reihe. Damit haben die Koreaner aber noch längst nicht ihr Pulver verschossen. Schon davon, quasi als Auftakt, hatten sie bereits am gestrigen Sonntag die beiden Smartwatches Gear 2 und Gear 2 Neo mit Tizen-Betriebssystem vorgestellt.

Der Wettbewerber LG hat wiederum zwar bereits kurz vor der Messe sein neues Highend-Smartphone LG G2 Pro präsentiert, Barcelona ist jedoch für viele die erste Gelegenheit, sich detaillierter mit dem Gerät zu befassen. Ähnliches gilt für den taiwanischen Hersteller Acer, der schon im Vorfeld des MWC die beiden Einsteiger-Smartphones Liquid E3 und Z4 ankündigte.

Insgesamt scheint der Fokus der Neuvorstellungen in Barcelona bei den Smartphones nun stärker in Richtung Lowend-Geräte zu gehen, was durchaus Sinn macht: Im Highend-Bereich stoßen die Player bei ihrem Wettrüsten mit ultrahoher Displayauflösung, Super-Prozessoren und 64-Bit-Computing allmählich an die Grenzen des Möglichen und vor allem Sinnvollen. Gleichzeitig kündigt sich in der westlichen Welt allmählich eine Marktsättigung an. Im Gegensatz dazu gibt es in Schwellenländern noch einen stark wachsenden Bedarf an Einsteiger-Smartphones und auch die Positionen der einzelnen Anbieter sind noch nicht so klar bezogen wie bei den Top-Geräten.

Neue Mobile-Betriebssysteme auf dem Vormarsch

Eine ähnliche Situation wie bei den Geräten gibt es bei den mobile Betriebssystemen: Hier ist Android weltweit mit Abstand führend vor iOS, Windows Phone und Blackberry - gleichzeitig wittern aber die Anbieter von Konkurrenzsystemen wie Tizen, Jolla-OS, Ubuntu oder Firefox-OS in diversen Nischen ihre Chance. Am erfolgreichsten in dieser zweiten Riege ist dabei aktuell Firefox OS, wenngleich laut IDC im vergangenen Jahr weltweit nur rund 390.000 Smartphones mit dem Mozilla-Betriebssystem verkauft wurden.

Die Marktforscher rechnen jedoch damit, dass diese Zahl 2014 auf bis zu 2,5 Millionen Stück ansteigt – was insgesamt jedoch nur 0,2 Prozent Marktanteil entspricht. Um ernsthaft als Wettbewerber wahrgenommen zu werden, so IDC, muss die Plattform mehr als Marke wahrgenommen werden und eine stärkere Unterstützung von den Mobilfunkbetreibern erfahren. Des Weiteren sind Produkte mit verbesserter Hard- und Software erforderlich. Immerhin – im Vergleich zu Firefox OS stehen die anderen Alternativsysteme noch ganz am Anfang – umso spannender wird es zu beobachten sein, welche Ankündigungen in Sachen Tizen (neben Samsung Gear 2), Jolla-OS oder Ubuntu auf der Messe gemacht werden.

Koopetition: OTT vs. Telcos

Mit großem Interesse werden auch die Keynotes der neuen Kollegen Facebook-CEO Mark Zuckerberg und WhatsApp-Chef Jan Koum auf dem Mobile World Congress erwartet – das Verhältnis der beiden Firmen zu den Telcos ist ja nicht gerade spannungsfrei. Analyst Jack Gold von J.G. Associates regt sogar an, die beiden Entrepreneure sollten sie ihre Rede mit Dankesworten an die Carrier für ihre Investitionen in Mobilfunkinfrastruktur beginnen. Ohne diese wären ihre Dienste immerhin nicht möglich.

Aus Sicht der Telcos ist Mark Zuckerberg ihnen ein dickes Dankeschön (oder mehr) schuldig.
Foto: CIO.com


Die Frage ist indes, ob sich die Telcos mit einem Dankeschön zufrieden geben, insbesondere in Hinblick auf den jüngst geschlossenen 19-Milliarden-Dollar-Deal. So werden Over-the-Top-(OTT-)Dienste , wie sie Facebook und WhatsApp anbieten, immer stärker zu einer Bedrohung für die Mobilfunkindustrie und dezimieren zunehmend die mit SMS und MMS oder Sprache generierten Umsatzströme. So ist kaum bekannt, dass Facebook gemessen an der Nutzerzahl bereits der größte Kommunikationsanbieter ist.

Mit 175 Milliarden Dollar liegt Facebook zudem in punkto Marktkapitalisierung bereits vor AT&T 171 Milliarden Dollar) oder Verizon (135 Milliarden Dollar). Nur China Mobile ist mit 192 Milliarden Dollar Börsenwert noch etwas wertvoller – wahrscheinlich nur, weil die chinesische Regierung Facebook derzeit noch aussperrt.

Die Geister, die ich rief…

Dieses Missverhältnis führt zwangsläufig zu einer Diskussion über Netzneutralität, die auf der Messe aber vermutlich etwas einseitig geführt wird – kein Wunder bei der großen Anzahl an Vertretern der TK-Industrie. In Vergessenheit gerät dabei jedoch, dass es eben diese Carrier waren, die bereits beim Start von UMTS nach Anwendungen gerufen hatten, um Kunden die Technik und entsprechende teure Datentarife schmackhaft zu machen. Außerdem waren OTT-Dienste erst die Antwort auf die von Kunden als Wucher empfundenen Gebühren für Kurznachrichten.

In den nächsten vier Tagen ist es mit der Ruhe vor dem Messeeingang erstmal vorbei.

Nachdem Joyn als Alternative versagte, scheinen die Carrier vorerst mit ihrer Weisheit am Ende zu sein. So erwartet auch Forrester-Analyst Dan Bieler Forrester auf der Messe keine weltbewegenden Angebote, mit deren Hilfe die Telcos ihre Position in der mobilen Wertschöpfungskette stärken könnten. Vielmehr befürchtet er, dass die Carrier mit wenigen Ausnahmen noch stärker in die Ecke gedrängt werden - und lediglich als Lieferanten für die Konnektivität und Reseller von Hard- und Software dienen.

Die Netze drohen zu platzen

Nicht genug damit, dass die Telcos ihre Probleme damit haben, ihre bisherigen Investitionen in LTE und anderen Technologien zu Geld zu machen – die Netze drohen schon bald wieder aus allen Nähten zu platzen. Schuld daran sind die mit 4G veränderten Nutzungsgewohnheiten der Anwender. So prognostiziert Gartner, dass Videos in den nächsten fünf Jahren rund die Hälfte des mobilen Traffics ausmachen, aktuell sind es bereits mehr als 40 Prozent.

Die Folge ist, dass die 4G-Netze zunehmend verstopfen und zu einem schlechten Benutzererlebnis auf den Tablets und Smartphones führen. Auf dem Mobile World Congress werden sicher alle Lösungsmöglichkeiten dafür diskutiert und vorgestellt werden, von Video-Caching und Optimierung über Traffic-Analyse und -Management bis hin zu Plänen, Verursacher wie Youtube oder Netflix zur Kasse zu bitten.

5G in der Planungsphase

Gleichzeitig werden in Barcelona auch die Grundlagen für das Netz der nächsten Generation, kurz 5G, diskutiert. Dieses soll ab 2020 bereitstehen und durch Kanalbündelung Datenraten von bis zu 10 oder 20 Gbit/s (Shared Medium) sowie eine Verzögerung im 100-Nanosekunden-Bereich ermöglichen. Dies ist allerdings nur ein Teilaspekt, zumindest in der aktuellen Planungsphase spielen auch Themen wie Hochverfügbarkeit, die Sicherung von Privacy sowie Security by design eine Rolle.

Connected Cars, City, Life

Letztendlich soll 5G auch die Grundlage für eine mobile Zukunft bieten, in der neben konventionellen Endgeräten auch Fahrzeuge (Connected Cars) und jede Art von Gegenständen miteinander kommunizieren. Diese Zukunftsvision nimmt in Barcelona bereits erste Züge an. Bekanntestes Showcase auf dem MWC ist die „Connected City“ vom Veranstalter GSMA, daneben haben sich zu den Scharen an Netzausrüstern, Smartphone-Herstellern oder App-Entwicklern längst Anbieter aus dem Automobilsektor wie Ford gesellt.

Mobile First - auch im Business

Und auch Business-Vertreter haben neben den vorgestellten Smartphones, Tablets und anderen mobilen Endgeräten zunehmend Grund, sich für den Mobile World Congress und dessen News zu interessieren. So hält der unlängst von VMware übernommene MDM-Anbieter Airwatch bereits das zweite Mal seine weltweite Anwendermesse „Connect“ auf dem MWC ab und auch für Wettbewerber wie Good Technology oder MobileIron ist die Veranstaltung ein Pflichttermin – von Blackberry oder Samsung ganz zu schweigen – die Koreaner präsentierten ihre Dual-Persona-Lösung KNOX auf dem MWC 2013 erstmals der Öffentlichkeit.

Neben den vorgestellten Verwaltungs- und Sicherheitslösungen sollten die Unternehmen aber auch Impulse für die Mobilisierung ihrer Prozesse suchen. "Mobility ist mittlerweile in den Unternehmen allgegenwärtig. Smart Devices, einschließlich Wearables nehmen in allen Bereichen zu - sowohl in der Industrie- als auch in den Schwellenländern. Unternehmen, die es versäumen, sich auf das mobile Umdenken vorzubereiten, riskieren ihren Wettbewerbsvorteil" meint Forrester-Analyst Dan Bieler. Er erhofft sich auf dem diesjährigen MWC "dass die Interaktion zwischen Geschäftsprozessen und Mobilität - in Ergänzung zu den traditionellen Gadgets - mehr betont wird".