Das Thema "Mindestlohn" - der aktuelle Stand

02.08.2007
Kaum ein Thema hat die politische Diskussion im Jahre 2007 so angeheizt, wie die Frage, ob in Deutschland ein einheitlicher Mindestlohn eingeführt werden soll. Rechtsanwalt Dr. Christian Salzbrunn über den aktuellen Stand der Dinge.

Kaum ein Thema hat die politische Diskussion im Jahre 2007 so angeheizt, wie die Frage, ob in Deutschland für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ein einheitlicher Mindestlohn eingeführt werden soll oder nicht. Grund genug also, den derzeitigen Stand der Entwicklungen einmal kurz zusammenzufassen.

Nach langem Hin und Her haben sich am 18.06.2007 die Koalitionspartner aus CDU, CSU und SPD darauf geeinigt, dass es zunächst erst einmal keinen gesetzlichen, für alle Branchen einheitlichen Mindestlohn geben soll. Stattdessen hat sich der Koalitionsausschuss auf eine Modifizierung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (kurz: AEntG) sowie auf eine Aktualisierung des Mindestarbeitsbe-dingungengesetz (kurz: MindArbBedG) geeinigt. Die Einigung der Koalition sieht im Wesentlichen folgendes vor:

1. Einbeziehung weiterer Branchen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz

Mit dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz soll eine Unterwanderung von tariflichen Mindestlöhnen und Mindestarbeitsbedingungen durch ausländische Arbeitskräfte verhindert werden. Daher gelten nach diesem Gesetz die Mindestentgeltsätze einschließlich der Überstundensätze sowie Regelungen zur Dauer des Erholungsurlaubs, dem Urlaubsentgelt aus allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen auch für solche Arbeitgeber, die ihren Sitz eigentlich im Ausland haben, deren Arbeitnehmer aber in Deutschland, d. h. konkret im räumlichen Geltungsbereich des jeweiligen Tarifvertrages beschäftigt sind. Allerdings gilt das Arbeitnehmer-Entsendegesetz bislang nur für Tarifverträge des Baugewerbes, der Seeschifffahrtsassistenz und seit dem 01.07.2007 auch für das Gebäudereinigerhandwerk.

Nach dem Beschluss der Koalitionspartner vom 18.06.2007 soll das Arbeitnehmer-Entsendegesetz nun auf weitere Branchen ausgeweitet werden. Branchen mit einer Tarifbindung von mindestens 50 % sollen nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales das Angebot erhalten, in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen zu werden und dadurch tarifliche Mindestlöhne zu vereinbaren. Als Voraussetzung hierfür nennt das Ministerium einen gemeinsamen Antrag der jeweiligen Tarifvertragsparteien bis zum Stichtag des 31.03.2008. Nach Ablauf dieses Stichtages soll die Aufnahme dieser Branchen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz unverzüglich eingeleitet werden. Das Ministerium stellt jedoch klar, dass eine spätere Aufnahme weiterer Branchen hierdurch nicht ausgeschlossen werden soll.

2. Aktualisierung des Mindestarbeitsbedingungengesetz

Des Weiteren soll das Mindestarbeitsbedingungengesetz aus dem Jahre 1952 zu einem Gesetz für Mindestlöhne in bestimmten Branchen aktualisiert und entbürokratisiert werden. Dieses Gesetz erlaubte zwar bislang schon eine staatliche Entgeltfestsetzung für Wirtschaftszweige, in den keine tarifvertraglichen Regelungen bestehen. Es wurde in der Praxis jedoch nicht angewendet.

Nach dem Beschluss der Großen Koalition vom 18.06.2007 soll dieses Gesetz jetzt wieder "aktiviert" werden und in Bereichen, in denen keine oder eine Tarifbindung von weniger als 50 Prozent der Beschäftigten besteht, eine Festsetzung von Mindestlöhnen erlauben. Im Rahmen dessen soll künftig folgendes, dreistufiges Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen angewandt werden:

- Ein dauerhaft eingerichteter Hauptausschuss wacht ständig darüber, in welchen Branchen und welchen Gebieten tariflose Zustände herrschen und entscheidet, ob hierfür Mindestlöhne als Mindestarbeitsbedingungen eingeführt werden müssen.

- Anschließend wird für die jeweils betroffene Branche ein Fachausschuss gebildet. Dieser Fachausschuss soll festlegen, wie hoch der Mindestlohn in der jeweiligen Branche sein soll.

- Der von einem Fachausschuss insoweit festgelegte Mindestlohn kann dann auf Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch eine entsprechende Verordnung der Bundesregierung verbindlich festgesetzt werden.

Hier bleibt natürlich im Einzelnen noch abzuwarten, für welche Branchen der Hauptausschuss die Notwenigkeit von Mindestlöhnen erkennen wird und in welcher Höhe die jeweiligen Fachausschüsse Mindestlöhne letztendlich festsetzen werden.

3. Fazit

Da mit einem einheitlichen, branchenübergreifenden Mindestlohn in der nächsten Zeit wohl nicht zu rechnen ist, kann man Arbeitgebern und Arbeitnehmern also nur empfehlen, die weitere Entwicklung in Bezug auf das Thema "Mindestlohn" künftig für die jeweils eigene Branche im Auge zu behalten.

Der Autor: Dr. Christian Salzbrunn arbeitet als Rechtsanwalt in Düsseldorf. Zu seinen Tätigkeits-schwerpunkten zählen das Arbeitsrecht, Wirtschaftsrecht sowie die Themen Insolvenz und Inkasso.

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